Die Technik entscheidet |
Schwimmen ist die ideale Sportart bei Rückenproblemen. / Foto: Getty Images/Torwaistudio
Die meisten Rückenschmerzpatienten haben eine zu schwache Rumpfmuskulatur. Die Haltemuskeln im Bauch und Rücken sind verkürzt und belasten Gelenke und Sehnen. Die oberflächlichen Rückenmuskeln sind deutlich zurückgebildet. Die schwache Muskulatur begünstigt Verspannungen, Verhärtungen und Fehlhaltungen, die chronische Schmerzen auslösen können. Meist kommen weitere Faktoren wie Bewegungsmangel oder Überlastung durch falsches Training, ungewohnte Bewegungen oder Übergewicht hinzu. Um schmerzfrei zu werden, empfehlen Ärzte, die Ursache zu beseitigen. Das bedeutet vor allem, die Bauch- und- Rückenmuskulatur gezielt zu stärken.
Schwimmen gilt als ideale Sportart, wenn es um Rückenprobleme geht. Es eignet sich zur Prävention ebenso wie für therapeutische Zwecke. Durch den Auftrieb und die horizontale Lage im Wasser wird der Körper nahezu schwerelos. Bandscheiben und Gelenke werden ohne Druckbelastung bewegt, gleichzeitig sorgt der Wasserwiderstand für ein moderates Muskeltraining.
Neben den bewegungsausführenden Muskeln, die nur temporär aktiv sind, werden beim Schwimmen unbewusst zahlreiche weitere Muskeln trainiert. Anders als bei Landsportarten fehlt im Wasser der Untergrund, der Halt und Stabilität bietet. Schwimmer müssen also ihre eigene Stützbasis schaffen. Dabei helfen ihnen die sogenannten Stabilisatoren, zu denen zum Beispiel die Bauchmuskeln gehören. Die stabilisierenden Muskeln werden beim Schwimmen nicht aktiv bewegt, sondern sorgen durch permanente Anspannung dafür, dass der Körper horizontal im Wasser liegt und die Bewegungen der oberen und unteren Extremitäten kontrolliert ablaufen. Unter der Voraussetzung, dass zügig geschwommen wird, trainiert der Schwimmer zudem seine Ausdauer und verbessert so seine allgemeine Fitness.
Der beliebteste Schwimmstil ist das Brustschwimmen. Das liegt zum einen daran, dass es besonders leicht zu erlernen und obendrein praktikabel ist. Man schaut nach vorne, kann Zusammenstöße auf der Bahn verhindern, die Orientierung fällt leicht, die Haare bleiben trocken, man braucht keine Schwimmbrille und kann sich sogar noch unterhalten. Mit der richtigen Schwimmtechnik wird beim Brustschwimmen die obere Rückenmuskulatur intensiv trainiert, Arm- und Beinmuskeln werden gekräftigt. Für die notwendige Stabilität im Wasser sorgen Bauch- und Gesäßmuskeln, welche die Körpermitte langfristig stärken und eine gesunde Haltung fördern.
Brustschwimmen hat viele positive Aspekte, ist aber aus orthopädischer Sicht durchaus risikobehaftet. Denn viele Hobbyschwimmer nutzen eine falsche Schwimmtechnik. Sie sinken mit dem Gesäß zu tief ins Wasser, gehen ins Hohlkreuz und überstrecken den Nacken. Rücken und Nacken werden durch diese Haltung belastet, was dazu führen kann, dass Nacken- und Kreuzschmerzen nach dem Schwimmen schlimmer als zuvor sind oder erstmals auftreten. Schwimmtrainer raten deshalb, auf die Technik der Profis zurückzugreifen: Dabei gleitet der Kopf bei jedem Schwimmzug unter Wasser, sodass der Nacken gerade und entspannt gehalten wird.
Menschen mit Kniebeschwerden sollten Brustschwimmen meiden und eine gelenkschonende Alternative wie Kraul- oder Rückenschwimmen wählen. Bei beiden Schwimmstilen bleiben die Beine gestreckt, wodurch die Belastung der Gelenkkapseln und Menisken, die durch die Froschbeinbewegung beim Brustschwimmen auftritt, wegfällt.
Beim Kraulschwimmen werden Rumpf-, Arm- und Beinmuskeln aktiv trainiert, ein besonderer Fokus liegt auf der Schultermuskulatur. Als Stabilisatoren arbeiten Bauch- und Gesäßmuskeln. Durch die gestreckte Körperhaltung werden Rücken, Nacken und Knie nicht belastet. Vielmehr hilft regelmäßiges Kraulen sogar, Verspannungen und Schmerzen im Bereich der Schulterblätter zu reduzieren. Bei Schulterverletzungen raten Mediziner allerdings vom Kraulschwimmen ab, da die Belastung der Schultergelenke weitere Schmerzen verursachen kann.
Im Durchschnitt erreichen Kraulschwimmer ein höheres Tempo als Brustschwimmer und können dieses über einen längeren Zeitraum halten. Der Trainingseffekt im Bereich der Ausdauer ist damit wesentlich höher. Obwohl das Kraulen viele positive Aspekte aufweist, nutzen es nur wenige Freizeitschwimmer. Die Technik erscheint kompliziert, und den Kopf unter Wasser zu tauchen, empfinden viele Menschen als unangenehm.
Eine recht angenehme Variante ist das Rückenschwimmen, bei dem vor allem die unteren Rückenmuskeln trainiert werden. Hier kann während des Schwimmens frei geatmet werden, und das Tragen einer Schwimmbrille ist nicht notwendig. Zudem kann bei Bedarf auf die sogenannte Entlastungshaltung zurückgegriffen werden: Dabei wird der Rücken gebeugt, Auftrieb und Vorwärtsbewegung entstehen durch einen Wechselschlag der Beine, die Arme befinden sich seitlich und führen lediglich Paddelbewegungen aus. Anders als beim Brustschwimmen hat der gebeugte Rücken beim Rückenschwimmen keine negativen Auswirkungen auf Nacken und Kreuz. Da die Armbewegungen wegfallen, eignet es sich besonders gut für Menschen mit Schulterbeschwerden. Und auch noch unsichere Schwimmer profitieren von der Entlastungshaltung, da durch das Anlegen eines Schwimmgürtels oder von Schwimmärmeln für mehr Stabilität im Wasser gesorgt werden kann.
Abzuraten ist bei Rückenschmerzen von der Königsdisziplin unter den Schwimmstilen, dem Delphinschwimmen. Hier kommt es bei jedem Schwimmzug zu einer Verstärkung der Lendenwirbelsäule nach vorne, was besonders die Wirbelbögen stark beansprucht.
Wird die Schwimmtechnik an die individuellen Bedürfnisse angepasst, ist Schwimmen eine der gesundheitsförderndsten Sportarten überhaupt. Es gibt nur wenige Krankheiten, bei denen Experten zur Vorsicht raten. Dazu gehören in erster Linie kardiale Erkrankungen.
Beim Eintauchen in das Wasser wirken physikalische Kräfte, die bei bestehendem Bluthochdruck oder einer koronaren Herzkrankheit das Herz belasten können. Zum gewohnten Luftdruck kommt der hydrostatische Druck, der im Wasser von allen Seiten wirkt und mit der Wassertiefe zunimmt. Er sorgt zusammen mit den meist kühlen Wassertemperaturen dafür, dass das Blut aus den tiefer im Wasser liegenden Körperteilen in höher gelegene gedrückt wird. Dies geschieht bereits beim Einstieg in das Becken.
Schwimmen kann vielen chronisch Kranken empfohlen werden. Vorsicht ist aber bei Herzkrankheiten und Epilepsie geboten. / Foto: Shutterstock/wavebreakmedia
Umgekehrt sorgt der Wegfall des hydrostatischen Druckes beim Ausstieg dafür, dass das umverteilte Blut zurück in den Beckenbereich und die Beine fließt. Die Folge ist ein starker Blutdruckabfall im Kopf und Oberkörper, der Schwindelgefühle hervorrufen kann. Um dem vorzubeugen, raten die Experten der Deutschen Herzstiftung allen Patienten zu vorsorglichen Gegenmaßnahmen. Dazu gehört zum Beispiel, das Wasser möglichst langsam zu verlassen, nach dem Ausstieg ein paar Schritte zu laufen und die horizontale Schwimmlage möglichst exakt einzuhalten. Auch der Körper versucht, den Blutdruckabfall abzufedern, indem er die Herzfrequenz steigert. In den meisten Fällen wird der Anstieg von Herzpatienten gut toleriert, es wird dennoch dazu geraten, sich vor dem Einstieg in den Schwimmsport die Zustimmung eines Kardiologen einzuholen.
Zu besonderer Aufmerksamkeit raten Mediziner auch bei Epileptikern, die nicht anfallsfrei sind. Sie sollten nur mit einer Begleitperson schwimmen gehen, die im Ernstfall richtig reagieren kann. In der Regel wird empfohlen, das Ende eines epileptischen Anfalls im Wasser abzuwarten, weshalb es in manchen Fällen sinnvoll sein kann, einen Schwimmkragen oder ähnliche Schwimmhilfen zu tragen.