Drei neue Wirkstoffe im Handel |
Sven Siebenand |
23.12.2021 12:00 Uhr |
Mit Sacituzumab-Govitecan, Pralsetinib und Zanubrutinib kamen zum Jahresende drei neue Onkologika auf den Markt. / Foto: Shutterstock/Umkehrer
Das triple-negative Mammakarzinom (TNBC) macht etwa 15 Prozent aller Brustkrebsfälle aus. Es ist durch fehlende Expression des Estrogen- und Progesteronrezeptors sowie des humanen epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptors 2 (HER2) charakterisiert. Ein hohes Metastasierungs- und Rezidivrisiko sprechen für die besondere Aggressivität sowie die schlechte Prognose im Vergleich zu anderen Brustkrebsarten.
Das neue Präparat Trodelvy® von Gilead ist als Monotherapie zur Behandlung des nicht resezierbaren oder metastasierten TNBC indiziert, wenn zuvor zwei oder mehr systemische Therapien zum Einsatz gekommen sind, darunter mindestens eine gegen die fortgeschrittene Erkrankung. Mit Sacituzumab-Govitecan ist in dem Mittel ein neues Antikörper-Wirkstoff-Konjugat enthalten. Es besteht aus dem Anti-Trop-2-Antikörper Sacituzumab, der über einen Linker an ein Zellgift gekoppelt ist. Trop-2 steht für Trophoblast-Oberflächen-Antigen-2, das bei vielen Tumoren auf der Oberfläche vorhanden ist. Nach Bindung an Trop-2 wird das Konjugat in die Zelle aufgenommen und der Linker durch Enzyme abgespalten. Dadurch wird das Zellgift, ein Topoisomerase-Inhibitor, freigesetzt. Dieses verhindert die Reparatur von DNA-Schäden und führt so zum Tod der Krebszelle.
Die empfohlene Dosis von Sacituzumab Govitecan beträgt 10 mg/kg Körpergewicht, verabreicht als intravenöse Infusion einmal wöchentlich. Vor jeder Gabe wird eine Behandlung zur Vermeidung von infusionsbedingten Reaktionen und zur Vermeidung von Chemotherapie-induzierter/m Übelkeit und Erbrechen empfohlen. Die am häufigsten berichteten Nebenwirkungen sind Durchfall, Übelkeit, Fatigue, Alopezie, Anämie, Neutropenie, Erbrechen, Obstipation, verminderter Appetit, Husten und Abdominalschmerz.
Die beiden anderen neuen Substanzen zählen zu den Kinasehemmern: Pralsetinib (Gavreto®, Roche) wird angewendet als Monotherapie zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit Rearranged-during-Transfection-(RET)-Fusions-positivem, fortgeschrittenem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC), die zuvor nicht mit einem RET-Inhibitor behandelt wurden. Bereits im März 2021 kam mit Selpercatinib (Retsevmo®) ein erster selektiver RET-Hemmer auf den Markt, der auch unter anderem beim RET-Fusions-positiven NSCLC zum Einsatz kommt.
Die empfohlene Dosis beträgt 400 mg Pralsetinib einmal täglich auf leeren Magen. PTA und Apotheker können dazu raten, mindestens zwei Stunden vor und mindestens eine Stunde nach der Einnahme der Hartkapseln nichts zu essen. Die gleichzeitige Anwendung mit starken CYP3A4-Inhibitoren und -Induktoren ist zu vermeiden. Zu den häufigsten beobachteten Nebenwirkungen zählen Anämie, Obstipation, Schmerzen des Muskel- und Skelettsystems, Fatigue und Hypertonie.
Der dritte Neuling ist Zanubrutinib (Brukinsa®, BeiGene Ireland). Der Wirkstoff ist zur Behandlung erwachsener Patienten mit Morbus Waldenström zugelassen, wenn sie mindestens eine vorherige Therapie erhalten haben. Möglich ist auch der Einsatz von Zanubrutinib zur Erstlinientherapie, jedoch nur bei Patienten, die für eine Chemo-Immuntherapie nicht geeignet sind.
Morbus Waldenström ist eine bösartige Erkrankung der B-Lymphozyten. Zanubrutinib ist ein Hemmstoff der Brutonkinase. Das Enzym ist Teil einer Signalkaskade, die nach Aktivierung des B-Zell-Rezeptors abläuft. Wird es blockiert, behindert dies die unkontrollierte Vermehrung von B-Lymphozyten.
Die empfohlene Gesamttagesdosis von Zanubrutinib beträgt 320 mg. Diese kann entweder einmal täglich (vier Kapseln à 80 mg) oder aufgeteilt in zwei Dosen von 160 mg zweimal täglich (zwei Kapseln à 80 mg) eingenommen werden. Zu den häufigsten beobachteten Nebenwirkungen zählen Infektionen der oberen Atemwege, Blutungen/Hämatome, Hautausschlag, Blutergüsse, Anämie, Schmerzen des Muskel- und Skelettsystems, Durchfall und Husten.