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Im fortgeschrittenen Stadium

Eine Pumpe als Therapieoption bei Parkinson

Im fortgeschrittenen Stadium von Morbus Parkinson sind die Therapieoptionen oft limitiert, die orale Einnahme gestaltet sich mitunter schwierig. Auf der Expopharm stellte Apotheker Erik Dresselt eine alternative Applikationsform vor.
Juliane Brüggen
21.09.2022  16:00 Uhr

»Ein Problem der Therapie ist die geringe Halbwertszeit von Levodopa«, erläuterte Dresselt, Apotheker bei den Medipolis Apotheken in Jena. Im fortgeschrittenen Stadium von Parkinson müssten Patienten die Tabletten mehrmals täglich einnehmen. Dies werde erschwert durch Begleiterscheinungen der Krankheit wie Schluckstörungen oder eine verzögerte Magenentleerung, aber auch durch Interaktionen von Levodopa mit Nahrungsmitteln. So beeinträchtigen Proteine die Resorption des Arzneistoffs. Bei mehrmals täglicher Gabe gestalte es sich schwierig, die Tabletten immer auf nüchternen Magen zu nehmen. Daher komme es immer wieder zu schwankenden Plasmaspiegeln, die in motorischen Fluktuationen wie plötzlichen, unregelmäßigen Bewegungen, Tremor oder einer verminderten Beweglichkeit resultieren können. »Ziel muss eine gleichbleibende Plasmakonzentration von Levodopa sein«, betonte Dresselt, der seit vielen Jahren verantwortlicher Apotheker für die interdisziplinäre Versorgung von Patienten mit seltenen, komplexen und schweren Erkrankungen ist.

Ein Weg, um dies zu erreichen, ist dem Apotheker zufolge die kontinuierliche Gabe des Medikaments direkt in den Dünndarm, dem Hauptresorptionsort von Levodopa. Dazu steht unter anderem seit Anfang 2021 das Arzneimittel Lecigon® zur Verfügung. Die wässrige Gelformulierung wird über eine Pumpe (Crono Lecig) in den Dünndarm gegeben. Um die Sonde zu platzieren, ist zunächst ein chirurgischer Eingriff erforderlich. Die Pumpe sei kleiner, leichter und leiser sowie diskreter zu tragen als bisher übliche Infusionspumpen, erläuterte Dresselt. Sie könne zudem zwischendurch, zum Beispiel beim Duschen, abgenommen werden, was Patienten mehr Freiheit verschaffe.

Das Präparat enthält drei Wirkstoffe: Levodopa, Carbidopa-Monohydrat und Entacapon. Zuvor war nur die Kombination aus Levodopa und Carbidopa für die Gabe in den Dünndarm verfügbar. Durch den »Entacapon-Effekt«, wie Dresselt erläuterte, könne die Levodopa-Dosis zusätzlich reduziert werden. Denn Entacapon hemmt ein Stoffwechselenzym, das Levodopa abbaut, bevor es in das zentrale Nervensystem gelangen kann.

Dresselt wies auf die Besonderheiten bei Bestellung und Lagerung hin: Aufgrund der kurzen Haltbarkeit von 16 Wochen und der Kühlkettenpflicht können Apotheken das Präparat nur direkt vom Hersteller beziehen. Einmal aus dem Kühlschrank entnommen, kann die Gel-Patrone 24 Stunden lang verwendet werden. Nach dem Einsetzen der Patrone sollten Patienten die Pumpe nicht länger als 16 Stunden am Körper tragen, über Nacht kann sie auf dem Nachttisch abgelegt werden.

Die Versorgung mit Hilfsmitteln entspreche der bei einer enteralen Ernährung, erläuterte der Apotheker. Den Umgang mit der Pumpe erlernten die Patienten bereits in der Klinik. »Man darf sich nicht fürchten vor einem komplexen System«, kommentierte Professor Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz von der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Er bezeichnete die Pumpe als Schrittinnovation für Patienten im fortgeschrittenen Stadium.

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