Ernährung für einen gesunden Darm |
Jeder Mensch beherbergt ein individuelles Muster verschiedener Bakterienarten im Darm. / Foto: Getty Images/SolStock Graham Oliver
Im Darm befindet sich ein wichtiger Teil des Immunsystems. Diese Funktion ist von besonderer Bedeutung, da der Darm mit seiner großen inneren Oberfläche den größten Kontaktbereich zur Außenwelt darstellt. Diese Fläche ist mit drei Schutzebenen ausgestattet, die gemeinsam als Darmbarriere bezeichnet werden: der intestinalen Mikrobiota, der Darmschleimhaut und dem darmassoziierten Immunsystem, welches etwa 70 Prozent der Immunzellen des Körpers beherbergt. Während Nährstoffe und Wasser aus dem Inneren des Darms in den Körper gelangen sollen, muss die Darmwand für unverdaute Nahrungsbestandteile, Darmbakterien oder Bakterienbruchstücke und Toxine eine wirksame Barriere bilden.
Der Darm verfügt zudem über ein eigenes Nervensystem, das sogenannte enterische Nervensystem. Mehr als 200 Millionen Nervenzellen durchziehen den gesamten Magen-Darm-Trakt. Sie regulieren in erster Linie die Durchblutung und die Bewegung des Verdauungstraktes. Über die Darm-Hirn-Achse steht das sogenannte Darmhirn aber auch mit dem Kopfhirn in ständigem Austausch. Dass psychische Faktoren wie Stress zu Verdauungsbeschwerden führen können, haben vermutlich die meisten schon einmal erlebt. Kopf- und Bauchhirn kommunizieren über Botenstoffe (Neurotransmitter), Hormone oder kurzkettige Fettsäuren. Daher kann der Zustand des Darms auch das seelische Wohlbefinden beeinflussen.
Die Zusammensetzung der intestinalen Mikrobiota ist äußerst komplex. Insgesamt wiesen Forscher 1000 bis 1500 verschiedene Bakterienarten im Darm nach. Jeder Mensch beherbergt jedoch ein individuelles Muster verschiedener Arten. Die Erforschung der Mikrobiota steht noch am Anfang. Was Forscher jedoch sagen können ist, dass sich eine gesunde Mikrobiota durch eine bakterielle Artenvielfalt auszeichnet. Darin überwiegen schützende Bakterienarten, die krankhafte Erreger und ungute Darmbakterien wie Fäulniskeime abwehren und die Darmbarriere stabilisieren. Sie unterstützen den Darm bei der Nährstoffaufnahme, wirken auf Stoffwechselprozesse und sogar auf die Aktivitäten des Gehirns. Über die Bildung von Stoffwechselprodukten oder Nervenbotenstoffen können Darmbakterien Studien zufolge zum Beispiel den Appetit regulieren oder die Stimmung und den Schlaf beeinflussen.
Stillen unterstützt die Entwicklung einer gesunden Darmflora beim Säugling. / Foto: Fotolia/evgenyatamanenko
Faktoren wie eine natürliche Geburt und Stillen helfen, dass sich gesunde Darmbakterien im Darm des Neugeborenen ansiedeln. Bereits bei der Geburt bekommt das Kind vaginale Bakterien der Mutter mit auf den Weg. Verfügt die Mutter über eine ausgewogene Darmmikrobiota, ist das die ideale Voraussetzung, dass auch das Neugeborene eine gesunde Mikrobiota und ein schlagkräftiges Immunsystem entwickelt. Im späteren Leben lässt sich der Darm und die Zusammensetzung der Mikrobiota mit einer pflanzen- und damit ballaststoffreichen Kost gezielt positiv beeinflussen.
Eine typisch westliche fett- und eiweißreiche Ernährung mit viel Fleisch und wenigen Ballaststoffen stimuliert vermutlich das Wachstum von Bakterien, die gesundheitsschädliche Stoffwechselprodukte und Toxine produzieren. Auch Schadstoffe, Pestizide, Lebensmittelzusatzstoffe, Alkohol, Medikamente, Dauerstress und mangelnde Bewegung stören die physiologische Besiedlung des Darms. Entsteht ein Ungleichgewicht – eine sogenannte Dysbiose –, kann das die Darmschleimhaut schwächen und Beschwerden wie Krämpfe, Blähungen oder Durchfall verursachen. Experten sprechen vom sogenannten Leaky-Gut-Syndrom, einer erhöhten Durchlässigkeit der Darmwand. Dringen unerwünschte Stoffe als Folge in die Blutbahn ein, können Entzündungen entstehen, die zahlreiche Erkrankungen begünstigen. Reizdarmsyndrom, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Allergien, Adipositas, Diabetes, Depressionen und Multiple Sklerose – bei immer mehr Krankheiten zeigen sich Zusammenhänge zu einer gestörten Mikrobiota.