Erste Erfolge mit Malariaimpfstoff |
Verena Schmidt |
16.08.2022 09:00 Uhr |
Mehr als eine Million Kinder in Afrika wurden schon gegen Malaria geimpft. / Foto: WHO/ Fanjan Combrink
Schon lange ist man auf der Suche nach einer wirksamen Impfung gegen die Tropenkrankheit – die Erfolge der Forschenden waren über Jahrzehnte allerdings mäßig, ein Durchbruch nicht in Sicht. Bis es dann 2021 mit RTS,S (Mosquirix®) endlich der erste Malaria-Impfstoff zur breiten Anwendung schaffte. Nach einem erfolgreichen Pilotprojekt empfahl die WHO den Einsatz bei Kindern in Afrika südlich der Sahara und in anderen Regionen mit mäßiger bis hoher Übertragung des Malariaerregers Plasmodium falciparum. Die Kinder sollen in den ersten zwei Lebensjahren insgesamt vier Impfdosen erhalten. Der Schutz soll mehrere Jahre bestehen bleiben.
Anlässlich des Welt-Malaria-Tags im April dieses Jahres verkündete die Organisation dann erste erfolgversprechende Daten: Über eine Million Kinder in Afrika wurden bislang gegen Malaria geimpft. In Ghana, Kenia und Malawi, wo die Vakzine Kindern im Pilotprojekt schon seit 2019 verabreicht wurde, seien innerhalb von zwei Jahren 30 Prozent weniger Kinder mit schwerer Malaria in Krankenhäuser gekommen. Die WHO schätzt, dass zukünftig pro Jahr 40.000 bis 80.000 Leben gerettet werden können, wenn der Impfstoff in möglichst vielen Ländern mit Malaria-Risiko eingesetzt wird.
RTS,S von GlaxoSmithKline hatte bereits 2015 ein positives Votum von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) für den Einsatz außerhalb der EU erhalten. Die Vakzine enthält ein Protein des Malaria-Erregers Plasmodium falciparum, das Circumsporozoit-Protein. Dieses ist an ein Hepatitis-B-Oberflächen-Antigen gekoppelt. Zusätzlich enthält der Impfstoff noch ein freies Hepatitis-B-Oberflächen-Antigen. RTS,S schützt also auch vor Hepatitis B, allerdings nicht vor anderen Plasmodien wie etwa Plasmodium vivax, dem Erreger der Malaria tertiana. Dieser kommt vor allem in Südamerika und im westlichen Pazifik vor und ist für relativ viele Erkrankungs- und Todesfälle verantwortlich.
RTS,S wird ähnlich wie der Hepatitis-B-Impfstoff gentechnisch in Bäckerhefe (Saccharomyces cerevisiae) als rekombinantes Protein produziert. Die dabei entstandenen virusähnlichen Partikel werden mit einem liposomalen Adjuvans (AS01) kombiniert.
In einer der zulassungsrelevanten Studien hatte die Impfung die Zahl der Infektionen nach ersten Ergebnissen um 39 Prozent gesenkt – eine Wirksamkeit, die im Vergleich zu anderen Impfstoffen gering ausfällt. Allerdings: In Kombination mit altbewährten präventiven Maßnahmen wie dem Gebrauch von Insektiziden und Moskitonetzen könnte die Effektivität der Impfung im wahren Leben auf etwa 90 Prozent steigen, so schätzt die WHO.
Weitere Impfstoffkandidaten, die zum Teil auf neuen Technologien basieren, befinden sich in der fortgeschrittenen Entwicklung. Die Hoffnung: Eine bessere Wirksamkeit und damit mehr Todesfälle zu verhindern. Da wäre zum Beispiel der Impfstoffkandidat R21/Matrix-M, eine Weiterentwicklung von RTS,S. Dieser enthält ebenfalls das Circumsporozoit-Protein aus Plasmodium falciparum, fusioniert mit einem rekombinant hergestellten Oberflächenprotein des Hepatitis-B-Virus. Zusätzlich ist Matrix-M enthalten, ein Adjuvans auf Saponinbasis. Erste Daten sind vielversprechend: In einer Phase-II-Studie zeigte R21/Matrix-M eine Wirksamkeit von bis zu 77 Prozent.
Ein weiterer Ansatz ist die Verwendung eines Lebendimpfstoffs: PfSPZ-CVac enthält Sporozoiten von Plasmodium falciparum. Diese werden direkt in die Vene injiziert. Um eine Infektion zu verhindern, erhielten die Probanden in einer Untersuchung zusätzlich eine Chemoprophylaxe mit Pyrimethamin oder Chloroquin. In einer Phase-I-Studie konnte so eine Schutzwirkung von bis zu 100 Prozent erzielt werden. Die Ergebnisse müssen allerdings noch in weiteren größeren klinischen Studien überprüft werden.
Auch das Mainzer Unternehmen Biontech hat sich zum Ziel gesetzt, einen Impfstoff gegen Malaria zu entwickeln. Dieser soll auf der mRNA-Technologie beruhen. Eine erste klinische Studie ist dem Unternehmen zufolge für Ende 2022 geplant. Auch das Unternehmen CureVac forscht bereits mit Unterstützung der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung an einem mRNA-basierten Malariaimpfstoff.
Malaria wird durch Plasmodium-Parasiten ausgelöst, welche durch infizierte Mücken auf den Menschen übertragen werden. Typische Symptome einer Infektion sind Fieber, Schüttelfrost, Übelkeit, Muskel- und Gelenkschmerzen und Müdigkeit. Bei schweren Verläufen sind Anämie, Atemnot, Krämpfe und Blutungen möglich, die ohne Behandlung lebensbedrohlich sein können.
2020 gab es nach Schätzungen der WHO 241 Millionen Malaria-Fälle in 85 Ländern. 95 Prozent davon betreffen Afrika. 2019 waren es „nur“ 227 Millionen Fälle. Die Zahl der Malaria-Todesfälle ist während der Coronapandemie um 12 Prozent auf schätzungsweise 627.000 angestiegen. Das könnte damit erklärt werden, dass Patienten während der Pandemie nicht in Kliniken behandelt wurden, wie es im Welt-Malaria-Bericht 2021 der WHO heißt.