Es ist nicht alles Bärlauch, was danach riecht |
Wer sich nicht gut auskennt, sollte besser keine Pflanzen zum Essen in der Natur sammeln. Im Zweifel müsse jedes Blatt einzeln sicher als Bärlauch erkannt werden. / Foto: Getty Images/Kathrin Ziegler
Der Giftnotruf München, der auch überregional berät, registrierte eigenen Aussagen zufolge in den Jahren 2018 und 2019 noch 71 beziehungsweise 75 Anrufe in Bezug auf Bärlauch. 2020 habe er bereits einen deutlichen Anstieg mit 93 telefonischen Beratungen verzeichnet und in diesem Jahr seien es allein in den Monaten Februar bis April 72 Anrufe gewesen – darunter auch schwer verlaufende Vergiftungsfälle.
Weitere Giftpflanzen finden Sie in unserer Serie »Giftpflanzen«. Sie soll neben Verhaltensregeln bei Vergiftungen auch helfen, eine giftige Pflanze zu (er)kennen und von harmlosen Gewächsen zu unterscheiden
Für Florian Eyer, Leiter des Giftnotrufs und der Klinischen Toxikologie der TU München, hängt das mit dem Drang der Menschen ins Freie in Zeiten der Corona-Pandemie zusammen. Viele gingen etwa mit ihren Kindern in der Natur auf die Suche nach Pflanzen. Doch einige hätten nicht das nötige Wissen über giftige Pflanzen, so Eyer.
Als weiteren Faktor für die Zunahme der Vergiftungsfälle mit Pflanzen sieht der Toxikologe auch Posts und Rezepte in den sozialen Medien. Zugleich werde während der Pandemie öfter zu Hause gekocht und dabei inzwischen vermehrt auf Zutaten aus der freien Natur zurückgegriffen. Auch der Trend zu grünen Smoothies könnte aus seiner Sicht eine Rolle spielen.
Sowohl die Blätter der Herbstzeitlosen … / Foto: Getty Images/Elena Iavorskaia
Der Verzehr von Blättern der Herbstzeitlosen kann laut Giftnotruf München gravierende Folgen haben. Colchicin, wie es in den Blättern, Zwiebeln, Blüten und Samen der Herbstzeitlosen enthalten sei, könne bereits in geringen Mengen tödlich sein. Typische Symptome seien Magenkrämpfe, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall, die bereits früh nach dem Verzehr auftreten, so Eyer. »Im weiteren Verlauf können Störungen der Leber- und Nierenfunktion, der Blutgerinnung und des Knochenmarks sowie Herz-Kreislauf-Störungen hinzukommen.« Die Folgen könnten bis hin zu einem Multiorganversagen reichen, meist innerhalb von 24 bis 36 Stunden nach der Mahlzeit.
… als auch die der Maiglöckchen sehen denen des Bärlauchs zum Verwechseln ähnlich. / Foto: Getty Images/Alexey Oblov
Die Blätter von Bärlauch und Herbstzeitlosen, aber auch von Maiglöckchen, ähneln sich sehr und wachsen oft unmittelbar nebeneinander und zur gleichen Jahreszeit. Deshalb komme es oft zu Verwechslungen, sagte Eyer. Experten warnen daher dringend davor, Bärlauch für den Verzehr zu sammeln, wenn man dessen Blätter nicht sicher von anderen giftigen Pflanzen unterscheiden könne.
Auf den knoblauchartigen Geruch der Bärlauchblätter könne man sich dabei nicht verlassen, da beim Sammeln schnell die eigenen Finger nach Knoblauch riechen. Die Empfehlung deshalb: Wer sich nicht gut auskennt, sollte besser keine Pflanzen zum Essen in der Natur sammeln.
Für einen 48-Jährigen aus dem Landkreis Freising hatte das Ende April tödliche Folgen. Der Mann hatte eine Soße aus selbst gesammeltem, vermeintlichem Bärlauch zubereitet. Mit Übelkeit wurde er in eine Klinik gebracht, wo er dann starb. Ein Gutachten bestätigte, dass er eine hochgiftige Herbstzeitlose verspeist hatte. Laut Polizei hatte er nur ein paar Löffel von der Soße gegessen, weil sie ihm bitter vorgekommen sei.
Schmeckt die selbst gesammelte Bärlauch-Mahlzeit anders als gewohnt (bei Herbstzeitlosen beispielsweise bitter), dann gilt: Niemals weiteressen! Treten Beschwerden auf (meist innerhalb der ersten Stunden nach dem Essen) sollte man sich umgehen an einen Giftnotruf wenden und Kontakt zum Hausarzt aufnehmen.
Es empfiehlt sich zudem, Reste der Mahlzeit für eine spätere Untersuchung im Labor aufzuheben.
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