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Nicht nur Calcium wichtig

Essen gegen Osteoporose

Wer Osteoporose hat oder ihr vorbeugen möchte, kann seinen Knochen mit der passenden Ernährung viel Gutes tun. Hier ist nicht nur die Calciumzufuhr relevant.
Judith Schmitz
25.07.2022  16:00 Uhr

»Es ist schade, dass das knochenschützende Potenzial, das in der richtigen Ernährung steckt, zu wenig bekannt ist und deshalb nicht genutzt wird«, sagte Diätassistentin Barbara Haidenberger anlässlich einer Online-Pressekonferenz des Trias-Verlags. Um das zu ändern, hat die Diätassistentin das Buch »Stark gegen Osteoporose« über knochengesunde Ernährung bei Knochenschwund geschrieben. Zudem stellt die Mitautorin und Physiotherapeutin Martina Gewecke im Aktivprogrammteil des Ratgebers leicht auszuführende Gymnastik-Übungen vor, die den Knochenaufbau anregen sollen.

»Osteoporose ist kein unabwendbares Schicksal«, sagte Haidenberger. Im Gegenteil: Die Krankheit lasse sich mit einer ganzheitlichen Therapie behandeln, die neben wirksamen Medikamenten einen knochengesunden Lebensstil mit einbeziehe. Hier könne jeder selbst aktiv werden.

Wichtig sei, schon früh einem Knochenschwund vorzubeugen: Gerade in jungen Jahren komme es darauf an, eine hohe Knochendichte aufzubauen. Von ihr könne man dann lange in den mittleren Jahren zehren. Besonders für Frauen sei dies wichtig, da sie durch Hormonveränderungen in den Wechseljahren dazu neigten, Knochensubstanz abzubauen. Aber selbst wenn die Knochendichte im höheren Alter schon vermindert ist, könne man dem Abbauprozess entgegenwirken und so möglichen Folgen der Osteoporose wie Knochenbrüchen vorbeugen.

Laut Dachverband Osteologie (DVO) sind rund 5,2 Millionen Frauen und 1,1 Millionen Männer über 50 Jahren in Deutschland von Knochenschwund betroffen. Bei den Über-50-Jährigen hat jede vierte Frau Probleme mit der Knochenstabilität, bei den Frauen über 70 sogar jede zweite.

Haidenberger zufolge haben viele Menschen ein erhöhtes Risiko, eine Osteoporose zu entwickeln – meist, ohne dies zu wissen. Zu den Risikofaktoren für Knochenbrüche und Osteoporose zählen laut DVO eine genetische Prädisposition, Rauchen (vor allem mehr als 20 Zigaretten pro Tag), Untergewicht (BMI < 20 kg/m²), eine schlechte Versorgung mit Calcium und Vitamin D, Bewegungsmangel und ein erhöhter Homocysteinspiegel. Auch Vorerkrankungen wie Rheuma, Diabetes, chronische Darmentzündungen, Zöliakie und Anorexie sowie manche Medikamente, etwa Cortisol-Präparate, Aromatasehemmer bei Brustkrebs, Psychopharmaka oder Protonenpumpeninhibitoren bei langfristiger Einnahme, erhöhen die Anfälligkeit für Osteoporose.

Calcium und Vitamin D unverzichtbar

Was kann der Einzelne nun konkret präventiv oder unterstützend zur medikamentösen Osteoporose-Therapie tun? »Eine knochengesunde Ernährung, knochenstärkende Bewegungsübungen und eine adäquate Vitamin-D-Versorgung gehören neben dem Verzicht auf Zigarettenrauchen zu den wirksamsten Maßnahmen der Prävention und Basistherapie«, lautet die Antwort von Haidenberger. In einer knochengesunden Ernährung sind Calcium und Vitamin D unverzichtbar. Für Letzteres empfiehlt sich eine Substitution, mindestens im Winter oder bei einem Serum-Vitamin-D-Wert unter 30 ng/ml. Zudem sind viele weitere Nährstoffe am Knochenstoffwechsel beteiligt. Proteine etwa sind wichtig, weil Knochen zu 25 bis 30 Prozent aus organischer Substanz wie Kollagenfasern und Knochenzellen bestehen. Knochenrelevant sind zudem Phosphor, Magnesium, Kalium, Folsäure und die Vitamine C, K und B12. Alle Nährstoffe können über eine vollwertige Ernährung aufgenommen werden.

Ein wichtiger Aspekt sei auch, für ein ausgewogenes Säure-Basen-Gleichgewicht im Körper zu sorgen, so Haidenberger. Der Säure-Basen-Haushalt ist ein physiologischer Regelkreis, der den pH-Wert des Blutes zwischen 7,35 und 7,45 konstant hält. Unstrittig ist, dass sich der Stoffwechsel und das Säure-Basen-Gleichgewicht im Körper gegenseitig beeinflussen – in welchem Ausmaß das geschieht, darüber sind sich Wissenschaftler bisher aber nicht einig.

Experten zufolge sind auch Effekte einer säurelastigen Ernährung auf die Knochengesundheit möglich: Wenn alle anderen Regulationsmechanismen wie Atmung oder Nierenausscheidung im Körper ausgeschöpft sind und noch zu viel Säure vorhanden ist, trägt der Mineralstoffspeicher Knochen zum Säure-Basen-Ausgleich bei. Bei einem Säureüberschuss, der etwa durch häufigen Verzehr proteinreicher, säurebildender Lebensmittel entstehen kann, werden basische Verbindungen aus den Knochen freigesetzt, um überschüssige Säure zu neutralisieren. Langfristig könne durch eine säurelastige Ernährung also die Knochendichte abnehmen, so Haidenberger.

Gegensteuern kann man mit basischen Lebensmitteln, vielen Obst-, Gemüse- und Salatsorten, da sie reichlich Mineralstoffe wie Calcium, Kalium oder Magnesium in organischen Verbindungen enthalten, etwa Calciumlactat oder Kaliumcitrat. Sie können im Körper die Neutralisation überschüssiger Säure unterstützen. »Es geht nicht um den Verzicht auf säureproduzierende Lebensmittel und nicht darum, jede Mahlzeit säure-basen-technisch sofort auszugleichen. Es geht um ein langfristiges Gleichgewicht, um die Säurelast im Stoffwechsel zu mindern. Diese muss auch nicht hundertprozentig ausgeglichen werden, solange die Nieren gesund sind. Durch das Gleichgewicht spart der Körper sein Calcium. Es bleibt in den Knochen«, erläutert Haidenberger.

Pflanzenbetont und nährstoffreich

Die Diätassistentin führt aus: »Eine pflanzenbetonte, mikronährstoffreiche Lebensmittelwahl mit viel Gemüse, Salaten und Obst, Hülsenfrüchten, Nüssen und Saaten, ergänzt durch verschiedene Milchprodukte erleichtert eine bedarfsgerechte Nährstoffversorgung. Fleisch, Wurst und Fisch sollten nicht täglich auf den Teller, ein kompletter Verzicht auf diese Lebensmittel ist aber nicht nötig.«

Vorgaben für eine knochengesunde Ernährung finden sich in den Präventions- und Behandlungsleitlinien Osteoporose des DVO. Darin wird empfohlen, knochengesunde Nährstoffe wie Calcium am besten über die Nahrung aufzunehmen. Nur wenn das nicht geht, etwa aufgrund von Unverträglichkeiten oder geschmacklicher Abneigung, kann ein Calcium-Präparat eingenommen werden. Die Mengenempfehlungen für die einzelnen Nährstoffe in den Leitlinien entsprechen den D-A-CH-Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE).

Erwachsene sollten täglich 1000 mg und Kinder ab sieben Jahren 900 mg Calcium aufnehmen. Zehn- bis 19-Jährige bauchen aufgrund des Wachstums 1100 bis 1200 mg Calcium pro Tag. Eine Gesamtmenge von mehr als 2000 mg Calcium am Tag (aus Nahrung plus Supplementen) sollte nicht überschritten werden.

Milch und viele ihrer Produkte enthalten viel Calcium und Eiweiß. Haidenberger empfiehlt vor allem fermentierte Milchprodukte, da sich diese in Studien günstiger als Milch erwiesen, etwa in Bezug auf Entzündungsmarker und oxidativen Stress. Zudem seien diese für manche Menschen auch besser verträglich als Milch.

Aber auch ohne Milchprodukte kann man sich knochengesund ernähren, wenn die aufgenommene Calciummenge pro Tag stimmt, der Säure-Basen-Ausgleich gewährleistet ist und auch alle anderen knochenrelevanten Nährstoffe in ausreichender Menge zugeführt werden. Das kann gelingen etwa durch den bewussten Einsatz von grünem Gemüse (zum Beispiel Grünkohl, Rucola, Lauch, Fenchel, Brokkoli und anderes Kohlgemüse), Haselnüssen, Mandeln, Sesam, Mohnsamen, Sojabohnen, Tofu, Quinoa, Amarant und calciumreichem Mineralwasser. Auch pflanzliche Milchalternativen wie Mandel-, Reis-, Dinkel- Soja- oder Kokosdrinks können zur Versorgung beitragen. Diese müssen aber für den Zweck mit Calcium angereichert sein, da sie von Natur aus calciumarm sind.

Haidenberger weiß: Auch wenn die Ernährungsempfehlungen bei Osteoporose präventiv und therapeutisch den Vorgaben für die normale gesunde Ernährung entsprechen, ist die praktische Umsetzung im Alltag nicht banal. Ein großer Anteil der Erwachsenen könne die Zufuhrempfehlungen für knochenrelevante Nährstoffe nicht in die Praxis umsetzen.

Ihr Tipp: Ernährungsberater können Betroffenen und Menschen mit erhöhtem Risiko helfen, das Potenzial der Ernährung ausschöpfend zu nutzen. Unter bestimmten Voraussetzungen bezuschusst die Krankenkasse solche Ernährungsberatungen oder zertifizierte Präventionskurse.

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