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Wenn Gleichbehandlung schadet

Frauenherzen schlagen anders

Ob Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz oder Herzinfarkt: Frauen entwickeln bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen andere Symptome als Männer und reagieren zudem grundverschieden auf Medikamente. Mediziner fordern daher, Patientinnen und Patienten zukünftig differenziert zu diagnostizieren und zu therapieren.
Christiane Berg
08.03.2022  16:00 Uhr

Während weltweit und insbesondere am heutigen Internationalen Frauentag um die rechtliche und gesellschaftliche Gleichstellung des weiblichen Geschlechts gerungen wird, müsse in der Diagnose und Therapie spezifischer Erkrankungen genau das Gegenteil angestrebt werden. Denn: Frauen nehmen Erkrankungen »anders« wahr und reagieren »anders« auch auf Medikamente.

Nach wie vor würden die gesundheitlichen und pharmakologischen Charakteristika des weiblichen Körpers in Studien nur unzureichend berücksichtigt. Viele Untersuchungen seien noch immer vorrangig auf den männlichen Körper ausgerichtet – was für Frauen fatale Folgen haben könne. Das machen die Autoren mehrerer Beiträge in der jüngsten Ausgabe der Fachzeitschrift »Aktuelle Kardiologie« deutlich und fordern die stärkere Beachtung geschlechterspezifischer Aspekte in der Risikobewertung, Diagnose und Therapie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere der koronaren Herzerkrankung (KHK) als Vorläufer von Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz und Herzinfarkt.

Zwar ist die koronare Herzerkrankung den Autoren zufolge sowohl bei Männern wie bei Frauen weltweit führende Todesursache – die Gesamtletalitäts- und die Hospitalisierungsrate kardiovaskulärer Erkrankungen sei jedoch insbesondere bei jüngeren Frauen höher als bei Männern. Das macht Professor Ilka Ott, Pforzheim, federführende Verfasserin der Abhandlung »Geschlechtsspezifische Unterschiede bei koronarer Herzerkrankung« deutlich.

Der Grund: Männer, so die Kardiologin, präsentierten sich im Notfall häufiger mit Engegefühl in der Brust und Todesangst sowie in den linken Arm ausstrahlenden Schmerzen als für Mediziner typische Zeichen von Anina pectoris. Frauen dagegen litten im akuten Koronarsyndrom in Abweichung von der »klassischen«, männlichen Leitsymptomatik eher unter atypischen Beschwerden wie Luftnot, Schwäche, Übelkeit, Kiefer-, Schulter- und Armschmerzen. Das werde häufig selbst von Notärzten falsch interpretiert und die Frauen somit keiner adäquaten (Notfall)Therapie zugeführt.

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