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FSME: Kleiner Stich mit großer Wirkung

Ob Waldspaziergang oder Picknick im Grünen – die warmen Temperaturen locken Naturliebhaber nach draußen. Doch mit dem vermehrten Aufenthalt im Freien steigt auch die Wahrscheinlichkeit, von einer Zecke gestochen zu werden. Insbesondere in FSME-Risikogebieten sollten Menschen, die oft draußen sind, an eine Schutzimpfung gegen das FSME-Virus denken.
Caroline Wendt
18.06.2019  13:00 Uhr

Zecken sind geduldige Jäger, sie sitzen im hohen Gras oder Gebüsch und warten. Kommt ein potentieller Wirt vorbei, der sie mit Kleidung oder Haut abstreift, suchen sie sich eine gut durchblutete, nicht allzu dicke Hautstelle, um zuzustechen. Der Stich einer Zecke an sich ist nicht weiter gefährlich, jedoch können die Spinnentiere Krankheitserreger wie das Frühsommer-Meningo-Enzephalitis-Virus (FSME-Virus) übertragen.

Der Erreger ist ein behülltes Einzelstrang-RNA-Virus aus der Familie der Flaviridae, einer Familie, zu der beispielsweise auch das Gelbfiber-, das West-Nil- oder Duenge-Virus gehören. In Deutschland kommt hauptsächlich der zentraleuropäische Subtyp des FSME-Virus vor, der meist durch den gemeinen Holzbock (Ixodes ricinus) übertragen wird. Einzelne Fälle von einer Übertragung durch Rohmilch von Ziegen oder Schafen, in Ausnahmefällen auch von Kühen, sind ebenfalls bekannt. Eine direkte Ansteckung von Mensch zu Mensch findet nicht statt.

Doch bei weitem nicht jede Zecke ist infektiös: In den durch das Robert-Koch-Institut (RKI) definierten Risikogebieten tragen 0,1 bis 5 Prozent der Zecken den Erreger in sich. Diese Regionen liegen vornehmlich in Bayern und Baden Württemberg, dem südlichen Hessen und Thüringen. Außerdem sind derzeit einzelne Landkreise in Rheinland-Pfalz, im Saarland und in Sachsen betroffen. Doch auch in Nicht-Risikogebieten ist eine Infektion mit dem Virus möglich. Das RKI veröffentlicht jedes Jahr eine Karte, die die Regionen mit erhöhtem Infektionsrisiko abbildet.

Das FSME-Virus befindet sich im Speichel der Zecken und gelangt bei einem Zeckenstich bereits beim ersten Kontakt in die Blutbahn des Menschen. Nach einer Inkubationszeit von sieben bis 14 Tagen treten häufig erste Symptome auf. Eine Frühsommer-Meningo-Enzephalitis verläuft in zwei Krankheitsphasen: Die Erkrankung beginnt mit grippeähnlichen Symptomen wie Fieber, Kopfschmerzen oder Erbrechen, danach folgt ein einwöchiges, beschwerdefreies Intervall. Die neurologischen Beschwerden zeigen sich erst in der darauf folgenden zweiten Krankheitsphase. Hohes Fieber, starke Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit und Erbrechen sind charakteristisch für eine Hirnhautentzündung (Meningitis).

In seltenen, schweren Fällen kann auch das Gehirn selbst (Enzephalitis) oder das Rückenmark (Myelitis) entzündet sein. Das kann sich in Bewusstseins-, Sprach- und Schluckstörungen, psychischen Veränderungen oder Lähmungserscheinungen äußern. Doch meistens heilen selbst schwere Formen der FSME folgenlos aus. Nur in sehr seltenen Fällen können Lähmungen, Anfallsleiden oder andauernde Kopfschmerzen Monate bis Jahre persistieren. Nur 1 Prozent der FSME-Fälle mit ZNS-Beteiligung verlaufen tödlich.

Bei 70 bis 95 Prozent der Erkrankten treten jedoch gemäß den Angaben des RKIs überhaupt keine Symptome auf oder die Betroffenen durchleiden nur die erste Krankheitsphase ohne ZNS-Beteiligung. Bei Kindern verläuft die Krankheit zudem meist milder als bei Jugendlichen oder Erwachsenen.

Prävention ist der beste Schutz

Da es keine ursächlich Behandlung der FSME gibt, bleibt nur die symptomatische Therapie, beispielsweise mit fiebersenkenden Mitteln. Umso wichtiger ist die Prävention: Bei Aufenthalt im Grünen können langärmliche Kleidung und geeignete Repellents die Wahrscheinlichkeit eines Zeckenstichs vermindern. Auf heller Kleidung lassen sich Zecken zudem leicht erkennen und können bestenfalls bereits vor dem Stich abgelesen werden. Der sicherste Schutz vor einer FSME bleibt eine Impfung. Diese wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) des RKIs allen Personen, die sich in einem Risikogebiet aufhalten und viel in der Natur sind, empfohlen.

Dazu gehören beispielsweise Sportler, Spaziergänger und Wanderurlauber oder Kinder, die viel im Freien spielen. Aber auch einige Berufsgruppen wie Forstarbeiter oder Landwirte haben in FSME-Risikogebieten ein erhöhtes Expositionsrisiko. Reisenden empfiehlt das RKI, sich bei der Planung der Ferien über die FSME-Situation im Urlaubsort zu informieren – denn nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern wie Österreich, Kroatien oder Polen zählen einige Regionen zu den FSME-Endemiegebieten.

Standard- oder Schnellimpfschema

Für die Impfung gegen das FSME-Virus stehen verschieden Totimpfstoffe zur Verfügung, zum Beispiel Encepur® Erwachsenen/Kinder oder FSME-Immun® Erwachsene/Kinder. Sie enthalten das inaktivierte, ganze Virus und weisen eine Schutzrate von 99 Prozent auf.

Impfstoff Grundimmunisierung Schnellimpfschema Auffrischung
Encepur® Erwachsenen/Kinder 2. Impfdosis 1 - 3 Monate nach der 1. Impfung, 3. Impfdosis 9 - 12 Monate nach der 2. Impfung 2. Impfdosis 7 Tage nach der 1. Impfung, 3. Impfdosis 21 Tage nach der 1. Impfung alle 3 Jahre bei über 50-Jährigen, alle 5 Jahre bei unter 50-Jährigen
FSME-Immun® Erwachsene/Kinder 2. Impfdosis 1 - 3 Monate nach der 1. Impfung, 3. Impfdosis 5 - 12 Monate nach der 2. Impfung 2. Impfdosis 14 Tage nach der 1. Impfung, 3. Impfdosis 5 bis 12 Monate nach der 1. Impfung alle 3 Jahre bei über 60-Jährigen, alle 5 Jahre bei unter 60-Jährigen
Auf einen Blick: Impfstoffe im Vergleich

Für den kompletten Impfschutz sind drei Immunisierungen nötig. Die ersten zwei Impfdosen sollten im Abstand von ein bis drei Monaten verabreicht werden, die dritte fünf bis zwölf Monaten später. Bereits nach den ersten beiden Impfungen ist ein 98-prozentiger Impfschutz für die aktuelle Saison erreicht, die dritte Impfung verlängert den Schutz für mindestens drei Jahre. Eine Auffrischungsimpfung wird bei weiterhin bestehendem Expositionsrisiko drei bis fünf Jahre nach der dritten Immunisierung empfohlen. Ist ein schneller Impfschutz zum Beispiel vor Reisebeginn nötig, ist zudem eine Schnellimmunisierung möglich: Hiernach erhält der Patient bereits nach 7 bis 14 Tagen die zweite Impfdosis.

Eine Impfung schützt nicht nur vor dem zentraleuropäischen FSME-Subtyp, sondern Geimpfte sind auch bei Reisen beispielsweise nach Russland oder in den asiatischen Raum vor dem sibirischen und dem fernöstlichen Subtyp sicher.

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