Gelenken Ruhe gönnen |
Eine Verstauchung, wenn der normale Bewegungsspielraum eines Gelenks ruckartig überschritten wird, beispielsweise beim Umknicken des Sprunggelenks. / Foto: Getty Images/FatCamera
Mediziner bezeichnen eine Verletzung ohne offene Wunde als stumpfes Trauma. Je nach Ursache unterscheiden sie zwischen Prellung, Quetschung, Muskelzerrung und Verstauchung. Alltagsverletzungen ohne Gelenkbeteiligung sind in der Regel harmlos. Bei Gelenkverletzungen kann die Heilung länger dauern, vor allem falls Bänder betroffen sind. Wenn ein Gelenk ausgekugelt ist, sprechen Mediziner von einer Luxation. Laien sollten nie versuchen, ein Gelenk selbst wieder einzurenken, sondern zügig einen Arzt aufsuchen. Bis der Arzt das Gelenk fachmännisch wieder in die richtige Position bringt, hilft Kälte sowie Ruhe. Prellungen (Kontusionen) zählen zu den häufigsten Sportverletzungen.
Doch auch in Haus und Garten sind sie keine Seltenheit: sei es der Stoß am Türrahmen oder ein zurückschnellender Zweig, der den Hobbygärtner schmerzhaft an der Schulter trifft. Bei Prellungen und auch bei Quetschungen zerreißen Bindegewebsstrukturen und feine Blutgefäße werden zerstört. Blut tritt in das umgebene Gewebe aus, es entsteht ein Bluterguss (Hämatom) und das betroffene Areal schwillt an.
Der einsetzende Entzündungsprozess macht die Gefäße durchlässiger und verstärkt die Schwellung. Entzündung und Schwellung wiederum verstärken die Schmerzen. Das kann, abhängig von der betroffenen Stelle, die Bewegung einschränken. Besonders schmerzen Verletzungen und Einblutungen an der Knochenhaut, zum Beispiel nach einem derben Tritt gegen das Schienbein oder bei einer Rippenprellung.
Nicht nur Knochen, Gelenke und Muskeln, sondern auch Organe können geprellt werden, zum Beispiel die Leber oder der Augapfel. Bei einer Organbeteiligung sollte der Betroffene immer zügig einen Arzt oder ein Krankenhaus aufsuchen. Muskelzerrungen sind typische Sportverletzungen. Sie entstehen bei schnellen, ruckartigen Bewegungen - vor allem, wenn kein oder nur ein ungenügendes Aufwärmtraining stattgefunden hat. Charakteristisch ist ein plötzlich einsetzender, stechender Schmerz, der die Beweglichkeit des betroffenen Körperteils einschränkt. Bei Ruhigstellung verschwinden die Schmerzen dagegen meist.
Eine Verstauchung (Distorsion) entsteht, wenn der normale Bewegungsspielraum eines Gelenks ruckartig überschritten wird, beispielsweise beim Umknicken des Sprunggelenks. Auch an Fingergelenken sind Verstauchungen relativ häufig, zum Beispiel bei Volleyballspielern. Im Moment der Verstauchung werden Bänder, Sehnen und Muskeln kurzzeitig überdehnt, danach geht das Gelenk meist von selbst wieder in seine ursprüngliche Position zurück. Durch die Überdehnung der Gelenkkapsel kann das Gelenk vorübergehend anschwellen. In schweren Fällen führt eine Verstauchung zu einem Bänderriss – gekennzeichnet durch eine starke Gelenkschwellung und Schmerzen. Ein Bänderriss gehört unbedingt in ärztliche Behandlung. In ungünstigen Fällen ist auch der Knorpel oder Knochen verletzt. Das lässt sich nur durch eine Röntgenaufnahme feststellen.
An erster Stelle bei der Behandlung stumpfer Traumen steht die örtliche Kälteanwendung. Die Kälte dämmt die Schwellung ein und reduziert Entzündung und Schmerz. Allerdings dürfen Kühlelemente nicht direkt auf der Haut liegen, weil die Kälte das Gewebe schädigen kann. Die zweite hilfreiche Empfehlung gegen Schmerz und Schwellung ist die Behandlung mit einem antiphlogistisch wirksamen Gel oder einer Creme. Diese werden mehrmals täglich großzügig messerrückendick aufgetragen. Zur topischen Anwendung eignen sich NSAR wie Ibuprofen, Ketoprofen, Flufenaminsäure und Diclofenac. Wer es bequemer möchte, kann ein Diclofenac-Schmerzpflaster verwenden, sofern sich die betroffene Stelle für die Applikation eines Pflasters eignet. Das Pflaster braucht nur morgens und abends gewechselt zu werden.
Während bei kleineren Verletzungen eine lokale Behandlung ausreicht, kann bei großflächigen Prellungen zusätzlich die orale Gabe eines Antiphlogistikums notwendig sein. / Foto: Getty Images/Tetra Images
Lange Zeit gab es in der pharmazeutischen Fachwelt eine Diskussion darüber, ob NSAR bei topischer Applikation überhaupt wirken. Mittlerweile haben zahlreiche Studien die Wirksamkeit von NSAR bei äußerer Anwendung nachgewiesen. Die Experten des renommierten Cochrane-Netzwerks stellten 2015 fest: »Wir haben insbesondere die Rezeptur der einzelnen Medikamente betrachtet. Gel-Präparate von Diclofenac und Ketoprofen gehörten zu den wirksamsten, zusammen mit Ibuprofen Gel und Diclofenac Pflaster.« Während bei kleineren Verletzungen eine lokale Behandlung ausreicht, kann bei großflächigen Prellungen zusätzlich die orale Gabe eines Antiphlogistikums notwendig sein, um den Schmerz ausreichend zu bekämpfen. Bei stumpfen Traumen hat sich auch die lokale Behandlung mit standardisierten Beinwell-Zubereitungen bewährt. Ihre abschwellende, antiinflammatorische und analgetische Wirksamkeit ist nachgewiesen. Die meisten Präparate zur Behandlung stumpfer Traumen dürfen nicht auf offene Wunden aufgetragen werden. Das Präparat Traumaplant ist eine Ausnahme, weil es auch auf Stellen aufgetragen werden darf, bei denen zusätzlich die Haut aufgeschürft ist.
Ein Klassiker zur Behandlung von stumpfen Traumen ist Arnika-Extrakt. Aufgrund der enthaltenen Terpenoide und Thymol hemmen Zubereitungen der Heilpflanze Ödeme und Entzündungen. Beliebt sind Umschläge mit verdünnter Arnikatinktur (Verdünnung meist mit Isopropanol) oder Gel- beziehungsweise Salbenzubereitungen. Diese sollten mindestens 20 Prozent Arnikatinktur enthalten. Auch Heparin-haltige Externa kommen traditionell aufgrund ihrer antiphlogistischen und antiödematösen Wirkung zur Behandlung stumpfer Traumen zum Einsatz. Um eine Wirkung entfalten zu können, müssen Heparine ausreichend hoch dosiert werden – Heparin mit circa 30.000 bis 60.000, Heparinoide mit 25.000 bis 40.000 Internationalen Einheiten pro 100 Gramm.
Bei der Bewertung oraler Enzympräparate zur Behandlung von Prellungen und anderen Sportverletzungen gehen die Meinungen weit auseinander. Aus naturwissenschaftlicher Sicht ist es zweifelhaft, ob nach oraler Gabe überhaupt ausreichende Wirkstoff-Konzentrationen in dem betroffenen Gewebe erreicht werden. Dennoch gibt es viele Freizeitsportler, die auf Präparate mit Bromelain, Trypsin und Chymotrypsin oder Papain »schwören«. Die Enzyme sollen die Viskosität der Exsudatflüssigkeit herabsetzen, sodass Schwellungen und Hämatome schneller abklingen.
Sofern die Position der betroffenen Körperpartie es zulässt, ist das bekannte P.E.C.H.-Schema ein gutes Behandlungskonzept bei stumpfen Traumen: P wie Pause, E wie Eis (kühlen), C wie Compression (elastischer Druckverband) und H wie Hochlagern. Die Pause verhindert weitere Schäden und Schmerzen. Die Kühlung mindert die Durchblutung und dämpft die Entzündung. Kompressions-Stützverbände geben dem Gelenk Halt und dämmen die Schwellung ein. Das Hochlagern verringert die Durchblutung, fördert den Abfluss und drängt so die Schwellung zurück.
In den meisten Fällen heilen kleine Alltagsunfälle folgenlos ab. Dennoch sollten PTA und Apotheker aufmerksam hinhören, um die Grenzen der Selbstmedikation zu erkennen. Gerade ältere Menschen erleiden bei Stürzen leicht Knochenbrüche. Dies können Laien nicht unbedingt erkennen. Deswegen sollten sich betroffene Senioren in Zweifelsfällen röntgen lassen. Menschen, die regelmäßig Antikoagulantien einnehmen, sollten nach Stürzen und Prellungen sicherheitshalber einen Arzt aufsuchen, damit mögliche innere Blutungen nicht übersehen werden. Auch bei starken oder über Tage anhaltenden Schmerzen, Sensibilitätsstörungen, starken Funktionseinschränkungen und einem Gefühl der Gelenkinstabilität sollte ein Arzt die Verletzung genauer untersuchen.
Text auf englisch lesen: Injuries: First and foremost cooling