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Gut beraten

Gesund altern mit der Apotheke

Welche therapeutischen Interventionen können PTA und Apotheker guten Gewissens empfehlen, wenn ihre Kunden in die Jahre kommen und sich erste Einbußen bemerkbar machen? Dr. Christian Ude, Apotheker aus Darmstadt, gab in der Pharmaworld bei der Expopharm eine ganze Reihe an Beratungstipps.
Elke Wolf
15.09.2022  21:58 Uhr

Die regelmäßige Einnahme von Ginkgo-biloba-haltigen Extrakten kann sich bei leichten kognitiven Beeinträchtigungen positiv auswirken und die Lebensqualität bei leichter Demenz verbessern. Ein präventiver Effekt von Ginkgo ist dagegen nicht belegt. Laut Ude sind von mehr als 20 Ginkgo-haltigen Präparaten in der Roten Liste nur ein Teil Spezialextrakte. »Nur Trockenextrakte mit einem DEV von 35-67:1 und 60 %igem Aceton als Auszugsmittel haben von der EMA den Status eines Well-established-Use bekommen, und zwar für die primäre degenerative Demenz, die vaskuläre Demenz oder Mischformen aus beiden.« Der Ginkgo-Spezialextrakt EGb 761® (Tebonin®) wird aufgrund seiner guten Studienlage und Evidenz namentlich sogar in der S3-Leitlinie Demenz aufgeführt.

Da der Großteil der klinischen Studien mit EGb 761 durchgeführt wurde, gelten Aussagen zur Wirksamkeit und Verträglichkeit nur für den Spezialextrakt. Bei der Beratung in der Apotheke sollten PTA und Apotheker deshalb darauf achten, welchen Extrakt sie abgeben. Die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft (DPhG) betont hierzu in ihrer Leitlinie zur guten Substitutionspraxis, dass Extrakte nur gegeneinander austauschbar sind, wenn sie in einem identischen Verfahren hergestellt wurden. Erkennen kann man dies am jeweiligen Entwicklungs- oder Codenamen.

Wichtig ist für Ude die frühzeitige Intervention. »Wenn Ihre Patienten rechtzeitig zweimal täglich einen Spezialextrakt von jeweils 120 mg einnehmen, sind sie gut versorgt.« Bei gleichzeitiger Therapie mit einem Gerinnungshemmer kann die Blutungsneigung zunehmen - dies ist laut Ude offen zu kommunizieren.

Hilfe für Herzpatienten

Eine Abwertung des klinischen Stellenwertes erfuhren dagegen in den vergangenen Jahren standardisierte Präparate aus Weißdornblättern mit Blüten. Sie sollen nicht mehr bei Herzinsuffizienz Stadium II der New York Heart Association (NYHA) angewendet werden. »Eine Beeinflussung der Herzleistung ist nur beschränkt vorhanden«, sagte der Referent. Ein relevanter und gesicherter Wirksamkeitsnachweis konnte demnach nicht identifiziert werden und stellt keinen Ersatz für die verordnete, schulmedizinische Therapie dar. Das gilt vor allem für die Monotherapie, eine Add-on-Therapie zur etablierten Arzneimitteltherapie ist laut Ude möglich. Allerdings sei dazu eine ausreichende Dosierung von 2 x 450 mg des Spezialextrakts WS 1442 (Crataegutt®) nötig. Die ärztliche Begleitung versehe sich von selbst.

»Für ein besseres Outcome von Herzinsuffizienz-Patienten sorgt dagegen eine ordentliche Eisenversorgung«, machte der Apotheker deutlich. Das Wissen über einen Eisenmangel als Risikofaktor für Herzschwäche habe ebenfalls Einzug in die Leitlinie gehalten. »Eine Anämie ist bei Herzinsuffizienz-Patienten mit einem erhöhten Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko assoziiert.«

Ude skizzierte die Grundlagen der Eisensubstitution. Dabei sei eine orale Gabe der intravenösen grundsätzlich vorzuziehen. Zweiwertiges Eisen wie in Eisen-II-Sulfat und -Fumarat seien besser zu verwerten als dreiwertiges. Begonnen werden sollte mit einer Dosis von 50 bis 100 mg pro Tag, und das auch nur alle zwei Tage. »Der Körper reagiert auf die Eisenaufnahme sehr empfindlich, und zwar mit einer Erhöhung des Hepcidin-Levels über etwa 24 Stunden. Mit der Ausschüttung dieses Leberenzyms drosselt er die Aufnahme des Spurenelements«, sagte Ude. Daher werde in der Leitlinie eine intermittierende Gabe alle zwei Tage vorgeschlagen, die auch besser verträglich sei. Eine Gabe von zwei Dosen am Tag sei nicht sinnvoll. Die Dosierung sollte zudem nicht beliebig hoch sein. »Weniger ist mehr und mit Abstand«, sagte Ude. Bei der Behebung des Eisenmangels sei Geduld gefragt.

Für die orale Supplementation stehen spezielle Präparate wie magensaftresistente Arzneiformen, die die Magenschleimhaut vor Reizungen durch die Eisenionen schützen, oder Kombinationen mit Vitamin C zur Verfügung, die die Eisenresorption erhöhen sollen. Nahrungsergänzungsmittel sind laut Ude zur Substitution ungeeignet.

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