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Alternsforschung

Gesund in die Jahre kommen

Zellen »schmecken« weniger

Mit dem Altern verändert sich auch die Sensibilität, mit der Körperzellen Nährstoffe wahrnehmen. Die Zellen stumpfen ab.  Hier suchen Wissenschaftler nach Möglichkeiten, die Wahrnehmung von Nährstoffen durch die Körperzellen wieder zu schärfen. Ein einfacher Weg: die Nahrungsaufnahme reduzieren. Ein anderer besteht darin, dem Körper vorzutäuschen, er bekäme weniger Nahrung, zum Beispiel durch spezielle Medikamente. Dabei widmet sich die Wissenschaft vor allem zwei Stoffwechselwegen im Körper: dem Insulin/Insulin-Wachstumsfaktor (IGF) und dem Target of Rapamycin (TOR-)-Stoffwechselweg. Ist das IGF- oder TOR-Netzwerk genetisch oder medikamentös gehemmt, so verlängert sich das Leben bei vielen Tieren. Wissenschaftler erhoffen sich daraus die Entwicklung effektiver Anti-Aging-Medikamente.

Von besonderem Belang in Bezug auf das Altern sind die Kraftwerke der Zelle, die Mitochondrien, in denen den Zellen Energie durch die Verwertung von Sauerstoff zur Verfügung gestellt wird. Bei diesem Prozess fallen immer physiologisch reaktive freie Radikale an (ROS). Sie standen lange im Ruf, das Altern voranzutreiben, weshalb man versuchte, ihre Konzentration zu senken. Mittlerweile wissen die Forscher jedoch, dass eine gewisse Menge von freien Radikalen gebraucht werden. Stimmt die Balance in den Zellen nicht mehr, leistet die daraus resultierende mitochondriale Fehlfunktion Muskel- und Nervenerkrankungen Vorschub.

Zu viel Abfall

»Im Moment stark beforscht wird die sogenannte Autophagie. Das ist der Prozess, in dem Zellen zelleigene Abfallstoffe recyceln«, so Englert. Hier gibt es im Alter Störungen, die zum Beispiel bei der Entstehung von Alzheimer eine erhebliche Rolle spielen könnten. Ein weiterer wichtiger Prozess ist die zelluläre Seneszenz, also die altersbedingte Unfähigkeit von Zellen, sich weiterhin teilen zu können. Mehr noch: Manche dieser Zellen geben schädliche Moleküle an ihre Umgebung ab, die andere Zellen negativ beeinflussen können, schreibt das Max-Planck-Institut. Deshalb entwickeln Forscher sogenannte Senolytika, Medikamente, die seneszente Zellen abtöten oder zum Stillstand bringen sollen. Sie erhoffen sich davon, Alterungsprozesse und womöglich die Entstehung von Krebs aufhalten zu können.

Die Stammzellen, aus denen jeder Zelltyp hervorgehen kann und die der Erneuerung von Gewebe und Organen dienen, stehen ebenfalls im Fokus der Alternsforscher. Leider machen sie das im Laufe des Alterns immer unkontrollierter, was Krankheiten wie Krebs wahrscheinlicher macht.

Mit einer maximalen Lebensspanne von 120 Jahren gehören wir zu den langlebigsten Organismen auf der Erde.«
Professor Dr. Christoph Englert

Die Fähigkeit der Zellen, sich miteinander auf nahe und größere Distanz zu verständigen, lässt ebenfalls mit dem Altern nach. Sowohl das von einer Zelle »Gesagte« als auch das von der Empfängerzelle »Verstandene« verändern sich so, dass die Kommunikationsprobleme in chronischen Gewebeentzündungen und einem Versagen des Immunsystems münden können. Das Altern des Immunsystems bezeichnet man als Immunoseneszenz. Es macht schwere Infektionskrankheiten wahrscheinlicher und auch Autoimmunerkrankungen treten vermehrt auf.  Die Immunoseneszenz ist eng mit der Thymusdrüse verbunden. Diese schrumpft im Laufe des Lebens und verkümmert um das 63. Lebensjahr herum vollständig. Deshalb erschöpfen sich dann bestimmte Immunzellen. Bei den wenigen Menschen, die sehr alt werden, scheint dieser Prozess weniger dramatisch abzulaufen. Ihr Immunsystem arbeitet auch in hohem Alter noch ordentlich.

Altern ist derzeit noch nicht umkehrbar. Ob der Mensch hier jemals maßgeblich und nebenwirkungsfrei eingreifen kann, ist fraglich. Was jeder Einzelne aber schon jetzt ein Stück weit in der Hand hat, ist die Art, wie er altert. Schädliches weglassen, gut für sich selbst sorgen, sozial in Verbindung bleiben – das sind Verhaltensweisen, die die Chancen steigern, bei guter Gesundheit in die Jahre zu kommen.

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