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Zunahme Erkrankungen

Gesundheit in der Klimakrise

Die Erderwärmung macht nicht nur der Natur zu schaffen. Hitzewellen, vermehrter Pollenflug und die Verbreitung vektorbedingter Infektionskrankheiten gefährden auch unsere Gesundheit. Mehr und bessere Frühwarnsysteme wären wünschenswert.
Nicole Schuster
19.03.2021  16:00 Uhr

Das Klima der Erde verändert sich. Das war zwar schon immer so, doch verändert es sich derzeit in einem nie dagewesenen Tempo und das nehmen wir deutlich wahr. Das hat nicht nur Konsequenzen für die Natur. Auch uns Menschen bekommen die Veränderungen nicht, und so erklärte die Weltgesundheitsorganisation WHO den Klimawandel zu einer der größten Gesundheitsgefahren. Experten schätzen, dass weltweit zwischen 2030 und 2050 mit über 250.000 zusätzlichen Todesfällen pro Jahr zu rechnen ist.

Die verheerenden Auswirkungen des Klimawandels spüren wir im Wohlstandsland Deutschland bislang noch recht wenig. So haben wir weder eine ernste Knappheit an Trinkwasser zu befürchten noch eine Hungersnot oder dass in naher Zukunft besiedeltes Land unbewohnbar wird. Doch es ist nur eine scheinbare Ruhe, meint Dr. Reinhard Koppenleitner, Kinderarzt und stellvertretender Vorsitzender der KLUG – Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit, im Gespräch mit PTA-Forum. »Schon heute leiden viele Menschen auch bei uns gesundheitlich unter den klimatischen Veränderungen. Hitzewellen, verstärkter Pollenflug und Luftverschmutzung verschlimmern Krankheiten und verursachen sogar Todesfälle.«

Heiß, heißer, zu heiß

Hitzewellen gefährden vor allem das Leben und die Gesundheit von chronisch Kranken, zum Beispiel Patienten, die an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Übergewicht oder Nierenerkrankungen leiden. Ebenso gehören Menschen, die bestimmte Medikamente wie Diuretika oder Antihypertonika einnehmen, die häufig Alkohol oder Drogen konsumieren oder im Freien arbeiten oder Sport treiben, zur Risikogruppe. Gefährdet sind auch Säuglinge und Kleinkinder, ältere Menschen ab 65 Jahre, besonders wenn sie allein leben, Pflegebedürftige sowie körperlich eingeschränkte Menschen.

Eine einheitliche Definition dafür, wann eine Hitzewelle vorliegt, gibt es nicht. Von einer starken Wärmebelastung sprechen Meteorologen, wenn die Temperatur drei Tage hintereinander tagsüber auf über 30 °C ansteigt. Die Zahl und Schwere solcher Perioden hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Für Menschen aus vulnerablen Gruppen resultiert daraus eine erhöhte Sterblichkeit: »Allein in Berlin gab es 2018 im Sommer 490 zusätzliche Tote durch die Hitze«, berichtet Koppenleitner.

Einige Todesfälle wären vermutlich vermeidbar gewesen, wenn es effektivere Frühwarnsysteme geben würde. Beispiel Frankreich: Hier lösen Kommunen in einem mehrstufigen Aktionsplan bereits bei Temperaturen ab 32 °C die erste Alarmstufe im Gesundheitswesen aus, ab 38 °C wird der Zivilschutz aktiv. Es gibt einen nationalen Hitzeschutzplan, Städte und Regionen sind zudem verbindlich an den nationalen Wetterdienst angeschlossen. In Deutschland gibt es zwar seit 2005 ein bundesweites Hitzewarnsystem des Deutschen Wetterdienstes (DWD) mit Kanälen zu Alten- und Pflegeeinrichtungen, Landesministerien oder zuständigen Gesundheits- und Aufsichtsbehörden. Auch gibt es Handlungsempfehlungen zur Erstellung von Hitzeaktionsplänen. Die Umsetzung funktioniert jedoch nur eingeschränkt und auch nicht flächendeckend gleich gut.

Nicht zu vernachlässigen ist auch die erhöhte UV-Strahlung. Sie ist eine Folge davon, dass Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) das schützende Ozon in der Stratosphäre zerstören. Auch klimatische Faktoren beeinflussen die Belastung mit UV-Strahlen: Je weniger Wolken am Himmel, desto stärker ist die Strahlung, die zu uns vordringt. Die Folgen von erhöhten Dosen UV-Strahlung sind bekannt: Hautschäden, schnellere Hautalterung bis hin zu Hautkrebs.

Auch Kälteeinbrüche gehen mit einer erhöhten Mortalität einher. Gefährdet sind vor allem Menschen mit Vorerkrankungen im kardio-vaskulären Bereich. Winterliche Witterungsbedingungen erhöhen unter anderem das Infarktrisiko. Belastend sind auch Ereignisse wie Tornados, Überschwemmungen, Lawinenabgänge oder Erdrutsche. Wer eine Umweltkatastrophe miterlebt hat, leidet oft auch psychisch. Experten befürchten, dass traumatische Belastungsstörungen und Angsterkrankungen zunehmen könnten.

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