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Goji-Beeren – kleine Früchte, große Wirkung?

Beere des Glücks, Mittel für Wohlbefinden und ein langes Leben, Allzweckwaffe zum Schutz gegen diverse Krankheiten und sogar Aphrodisiakum: der Hype um die Goji-Beere kennt keine Grenzen. Ist der Verzehr tatsächlich so empfehlenswert?
Kerstin Pohl
03.11.2022  15:00 Uhr
Der Goji-Strauch trägt ab dem dritten Jahr die orangen bis korallenroten Früchte, die eine längliche bis eiförmige Form haben. / Foto: Getty Images/lzf
Oft werden die Goji-Beeren in getrockneter Form verzehrt, zum Beispiel im Müsli. Sie schmecken süßlich, leicht herb und etwas bitter im Nachgang. / Foto: Getty Images/Aniko Hobel
Der Goji-Strauch ist ein pflegeleichter Laubstrauch mit langen Trieben, die ähnlich einer Trauerweide herabhängen. / Foto: Getty Images/lzf

Goji-Beeren, die Früchte des Gemeinen Bockdorns (Lycium barbarum) und des Chinesischen Bocksdorns (Lycium chinense), sind auch als Wolfsbeeren oder Bocksdornbeeren bekannt. Ihr Name ist abgeleitet vom Chinesischen »gouqi«. Die Früchte sind einen halben bis zwei Zentimeter groß und haben eine längliche bis eiförmige Form. Der Laubstrauch, der ebenfalls Teufels- oder Hexenzwirn genannt wird, wächst 2 bis 4 Meter hoch und stammt ursprünglich aus dem asiatischen Raum. Dort finden die orangen oder korallenroten Beeren seit über 2000 Jahren sowohl in der Küche als auch in der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) Verwendung. In der EU sind ausschließlich Goji-Beeren als Lebensmittel oder als Supplement zugelassen und keine anderen Pflanzenteile. Außerdem dürfen die Beeren und Produkte daraus nicht mit therapeutischen Werbeaussagen beworben werden.

Die Früchte der Wildpflanze sind nicht zum Verzehr geeignet. Die in Europa angebauten Goji-Pflanzen hingegen sind Kulturformen, deren Früchte entweder frisch, getrocknet oder konzentriert in Kapselform im Handel sind.

Gesundheitlicher Mehrwert

Goji-Beeren sind scheinbar echte Allrounder: sie sollen das Immunsystem stärken, hohen Blutdruck und Cholesterinspiegel senken sowie gar Schwindel und Diabetes mellitus positiv beeinflussen. Außerdem sollen sie bei klimakterischen Beschwerden helfen und die Leber- und Nierenfunktion unterstützen. Zu guter Letzt wirken Goji-Beeren angeblich aphrodisierend. Aber sind diese Wirkungen wirklich nachweisbar?

Tatsächlich gibt es bisher keine verlässlichen, klinischen Humanstudien, die bestätigen, dass die Inhaltsstoffe der Goji-Beere positive Effekte auf Krankheiten wie beispielsweise Krebs haben. Die oft zitierten Studien sind lediglich Versuche mit Tieren oder Zellen. Trotzdem können Personen, die Goji-Beeren konsumieren von positiven Effekten auf ihre Gesundheit berichten. Diese sind allerdings laut einer Untersuchung an der Universität Granada im Jahre 2020 subjektiv und auf einen Placeboeffekt zurückzuführen.

Ein positiver Aspekt hingegen scheint nachweisbar zu sein: Das in der Goji-Beere enthaltenen Carotinoid Zeaxanthin soll zusammen mit einem anderen Carotinoid, dem Lutein, die Netzhaut schützen und so das Risiko einer der altersbedingten Makuladegeneration (AMD) herabsetzen. Zeaxanthin ist in der Makula des Auges zu finden und bildet dort das Makulapigment. Ein Mangel führt zu einem irreversiblen Verlust des Sehvermögens, der AMD.

Trotzdem sollten Betroffene, wenn sie Zeaxanthin-haltige Nahrungsergänzungsmittel bei einer AMD einnehmen, mit ihrem Arzt Rücksprache halten. Es ist bisher wissenschaftlich nicht nachgewiesen, dass die Sehkraft durch Zeaxanthin-haltige Nahrungsergänzungsmittel tatsächlich erhalten bleibt. Deshalb dürfen die Hersteller solcher Präparate nicht mit therapeutischen Aussagen werben.

Inhaltsstoffe und Nährwert

Goji-Beeren enthalten mit 48 Milligramm Vitamin C größere Mengen dieses wasserlöslichen Vitamins. Die tägliche Empfehlung für Vitamin C liegt laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) bei 95 Milligramm am Tag für Frauen und 110 Milligramm am Tag für Männer. Aber auch weniger exotische, einheimische Früchte und Gemüse enthalten größere Mengen Ascorbinsäure und überbieten den Gehalt der Goji-Beeren sogar. So liefern Erdbeeren (62 mg je 100 g), schwarze Johannisbeeren (177 mg je 100 g) und auch Grünkohl (212 mg je 100 g) oder Paprika (120mg je 100 g) reichlich Vitamin C

Nennenswert ist auch der Calciumgehalt der Goji-Beeren von 190 mg je 100 g.

Enthalten sind außerdem Polysaccharide, auch als LBP (Lycium barbarum polysaccharides) bezeichnet. Sie machen in getrockneten Goji-Beeren bis zu 23 Prozent aus. Ihnen wird ein hohes antioxidatives Potenzial zugeschrieben.

Ein weiterer bedeutender Inhaltsstoff sind Carotinoide mit 0,03 bis 0,5 Prozent. Besonders reich sind die kleinen Beeren am Carotinoid Zeaxanthin. Diesem sekundären Pflanzenstoff werden positive Wirkungen als Radikalfänger und Anitioxidans verbunden mit einem Schutz vor Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zugeschrieben. Darüber hinaus scheint Zeaxanthin zusammen Lutein, ebenfalls ein Carotinoid, das AMD-Risiko durch den Schutz der Netzhaut zu mindern.

Aber die exotischen Goji-Beeren sind nicht die einzigen Lieferanten dieser wertvollen sekundären Pflanzenstoffe. Dazu stehen auch einheimische Früchte wie Johannis-, Heidelbeeren und Äpfel oder Gemüse wie Paprika, Möhren, Brokkoli, Spinat, Erbsen oder Feldsalat zur Verfügung.

Vorsicht Wechselwirkungen

Vorsicht ist bei der Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten angezeigt. Patienten, die Blutverdünner wie Phenprocoumon und Warfarin einnehmen, sollten auf Goji-Beeren verzichten. Bei Patienten, die diese Präparate einnahmen und Goji-Beeren verzehrten, traten Blutungen und erhöhte INR-Werte auf (INR = International Normalized Ratio). Dieser Wert gibt an, wie lange es dauert, bis das But gerinnt.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) warnte deshalb 2013 vor möglichen Wechselwirkungen zwischen Vitamin-K-Antagonisten und dem Verzehr von Goji-Beeren. Neben dem Konsum von Goji-Beeren ist außerdem der Konsum dieser Früchte in »versteckter« Form wie beispielsweise getrocknet im Müsli oder Müsliriegeln, als Teemischung oder in Marmeladen zu berücksichtigen. Der genaue Wirkmechanismus der Wechselwirkung ist noch nicht bekannt.

Allergiker sollten beim Verzehr von Goji-Beeren ebenfalls vorsichtig sein. Je nach Allergieauslöser können Kreuzreaktionen bei bestehenden Allergien gegen Tomaten, Nüsse, Pfirsiche, Kiwis, Ambrosia und Latex auftreten.

Verwendung in der Küche

Der Geschmack der Goji-Berren gleicht einer Mischung aus Cranberries und Kirschen: süßlich, leicht herb und etwas bitter im Nachgang. Die orangen-korallenroten Früchte sind frisch eher selten zu bekommen, meist sind sie in getrockneter Form auf dem Markt. Ihre Größe und Textur ähneln dann Rosinen. Das Trend-Lebensmittel ist darüber hinaus in Form von Tabletten, Kapseln, Tees oder als dickflüssiger Goji-Saft im Handel.

Wer mag, kann die Beeren selbst trocknen. Dazu sollten sie nach der Ernte gewaschen und abgetrocknet werden. Dann werden die Beeren auf Papiertücher oder Zeitungspapier ausgebreitet und einige Wochen an einem dunklen Ort getrocknet. Beschleunigen lässt sich die Trocknung durch 3 bis 5 Stunden im Backofen bei circa 50 Grad oder einen Dörrautomaten. Auch ein Einfrieren der frischen Goji-Beeren ist möglich, genau wie bei anderem Beerenobst.

Goji-Beeren können frisch oder getrocknet in süßen, aber auch deftigen Gerichten verarbeitet werden, beispielsweise in Smoothies, Müsli, Soßen, Suppen, Salaten, Frikadellen oder in Kuchen oder Brot. Auch für Marmeladen eignen sich die Früchte zusammen mit Beerenobst oder auch Kirschen.

Besonderheiten

Der Strauch wird er häufig als Straßengrün eingesetzt und findet sich vor allem auf Mittelstreifen von Autobahnen oder als Erosionsschutz bei Dammbepflanzungen.

Durch den starken Wuchs verdrängt der Goji-Strauch mittlerweile in Südeuropa schon einheimische Pflanzen und wird deshalb als invasiv betrachtet.

In Tibet wird der Goji-Strauch mit einem Feiertag geehrt, verspricht der Verzehr der kleinen Beere doch Gesundheit, Schönheit und außerdem noch ein langes Leben.

In Asien wird auch die Wurzelrinde genutzt, da sie antibakteriell und hustenlindernd sein soll. Zudem wird sie auch bei Fieber und hohem Blutdruck eingesetzt.

Importierte Goji-Beeren, vor allem aus China, weisen eine hohe Pestizidbelastung auf. So wurde das Insektizid Acetamiprid in viel zu hohen Mengen nachgewiesen. Aus diesem Grund sollten einheimisch produzierte Goji-Beeren bevorzugt werden. Hierbei sind Produkte aus Bioanbau zu bevorzugen, da auch bei konventionellem Anbau Pestizidrückstände gefunden wurden.

Wer möchte, kann aber auch zum Selbstversorger werden: eine Kultivierung des Goji-Strauches im Garten oder im Kübel auf Terrasse oder Balkon ist ab Mitte Mai ohne weiteres möglich. Bei einer Pflanzung im Garten sollte man allerdings eine Wurzelsperre, wie beispielsweise eine dicke Teichfolie einsetzen, wegen der starken Wurzelausläufer des Strauches.

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