Heilen mit Darmbakterien |
Mittels Mikrobiomtransfer siedeln sich die eingebrachten Bakterien in aller Regel nur vorübergehend an. / Foto: Getty Images/Science Photo Library
Die Biodiversität der gastrointestinalen Mikrobiota kann durch zahlreiche Medikamente gestört werden. Dazu zählen Antibiotika, Glukokortikoide, hormonell wirksame Steroide, Protonenpumpeninhibitoren oder nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Acetylsalicylsäure, Diclofenac oder Ibuprofen. Die Ernährung und Stress wirken sich ebenfalls auf die Darmflora aus. Eine Dysbiose könnte Erkrankungen wie Darmentzündungen, Darmkrebs oder Adipositas begünstigen. Störungen außerhalb des Darms etwa neurologische Erkrankungen wie Morbus Parkinson oder Morbus Alzheimer werden ebenfalls mit einer veränderten Mikrobiota in Zusammenhang gebracht. Wird die Eubiose im Darm wieder hergestellt, könnte das den Verlauf einiger Krankheiten günstig beeinflussen, manche sogar heilen. Eine Hoffnung dabei sind Präbiotika und Probiotika.
Ein anderer Ansatz ist der fäkale Mikrobiota-Transfer (FMT). Dabei wird die intestinale Mikrobiota eines gesunden Spenders auf einen Menschen übertragen, dessen Darmflora pathologisch gestört ist. Besonders gut ist die Wirksamkeit der FMT bei rekurrenten Clostridioides-difficile-Infektionen (rCDI) belegt. Das Bakterium C. difficile kann sich bei einer Antibiotikatherapie im Darm stark vermehren. Die Folge sind schwere Durchfälle und Darmentzündungen, die sogar tödlich verlaufen können. Menschen, die einmal eine CDI hatten, haben ein hohes Risiko für Rezidive. Die Autoren eines Reviews bezeichneten 2020 »die FMT als bestes Mittel zur Behandlung der antibiotikarefraktären CDI«. Bereits 2014 hatten Wissenschaftler im Rahmen eines systematischen Reviews 20 Fallserien, 15 Fallberichte und eine randomisierte kontrollierte Studie ausgewertet. Sie schlussfolgerten, dass die FMT bei der Behandlung von rezidivierender CDI wirksam und sicher zu sein scheint.
Es gibt auch Hinweise, dass die FMT bei der Behandlung von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) wirksam sein könnte. Eine systematische Übersichtsarbeit und Metaanalyse aus 2022 zeigte den Nutzen der FMT bei der Kurzzeitbehandlung der aktiven Colitis ulcerosa. Das Sicherheitsprofil war ähnlich wie unter Placebo. In die Untersuchung schlossen die Wissenschaftler sechs doppelblinde, randomisierte, kontrollierte Studien (RCTs) mit erwachsenen Patienten mit aktiver Colitis ulcerosa ein. Es erreichten mehr Patienten mit FMT als mit Placebo eine kombinierte klinische und endoskopische Remission. Die Autoren halten weitere RCTs für erforderlich, um die Studienprotokolle zu standardisieren und Informationen für eine Erhaltungstherapie zu sammeln.
In einer Netzwerk-Metanalyse aus 2021 wurde die Wirksamkeit und Sicherheit von gezielten Pharmakotherapien wie Infliximab oder Adalimumab und der FMT zur Behandlung der Colitis ulcerosa verglichen. Die Analyse der 19 eingeschlossenen Studien ergab, dass die FMT ebenso wirksam und sicher wie die anderen untersuchten Therapien war. Ein weiteres Einsatzgebiet könnte Adipositas sein. Allerdings fehlen bislang Nachweise, dass die Transplantation nachhaltig hilft, da die Mikrobiota teilweise genetisch bedingt ist. Laufende Forschungsstudien untersuchen die Wirksamkeit der FMT bei anderen gastrointestinalen und nicht-gastrointestinalen Erkrankungen.