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Hepatitis C – die häufigsten Irrtümer

Hepatitis dürfte den meisten Menschen ein Begriff sein. »Irgendetwas mit der Leber«, heißt es auf Nachfrage häufig. So weit, so gut, schließlich handelt es sich tatsächlich um eine Leberentzündung. Doch vieles, was danach kommt, gehört ins Reich der Mythen – vor allem, wenn es um Hepatitis C geht. Die Deutsche Leberhilfe hat den heutigen Welt-Hepatitis-Tag daher zum Anlass genommen, mit den gängigsten Irrtümern aufzuräumen.
Katja Egermeier
28.07.2022  11:30 Uhr

»Hepatitis ist immer ansteckend«

Hepatitis bedeutet übersetzt einfach »Leberentzündung«. Eine solche kann verschiedene Ursachen haben. Nicht alle sind ansteckend.

Wir kennen beispielsweise fünf Hepatitis-Viren: Hepatitis A, B, C, D und E.  Diese sind tatsächlich alle potenziell ansteckend, wobei sich die Ansteckungswege je nach Virus sehr unterscheiden. Hepatitis A und E werden hauptsächlich über Fäkalien, verunreinigte Nahrung oder Trinkwasser übertragen. Hepatitis B und D werden eher über Blut und andere Körperflüssigkeiten übertragen, Hepatitis C praktisch nur über Blut.

Es gibt auch Ursachen für Leberentzündungen, die nichts mit Infektionserregern zu tun haben. Diese sind niemals ansteckend. Dazu gehören zum Beispiel Erkrankungen des Immunsystems (autoimmune Hepatitis), angeborene Stoffwechselerkrankungen oder Leberentzündungen durch Medikamente oder Alkohol.

»Aus einer Hepatitis A kann eine Hepatitis B und dann eine Hepatitis C werden.«

Hepatitis-Viren sind völlig unterschiedlich und können sich nicht ineinander umwandeln. Sie haben nur gemeinsam, dass sie zu einer Leberentzündung führen können. Aus einem VW kann auch kein Mercedes und anschließend ein BMW werden.

»Hepatitis C ist unheilbar.«

Hepatitis C ist heute praktisch immer heilbar. Darin sind sich alle kompetenten Fachverbände und auch die Weltgesundheitsorganisation WHO einig.

Betroffene erhalten über acht bis zwölf Wochen Tabletten, welche in der Regel gut vertragen werden. Die meisten Menschen sind ihr Virus schon nach dem ersten Therapieversuch dauerhaft los – natürlich nur, wenn sie ihre Medikamente auch regelmäßig einnehmen. Nur selten wird noch ein zweiter oder gar dritter Therapieanlauf benötigt, doch heute bleibt fast niemand mehr übrig, der danach noch Hepatitis-C-positiv ist. Anders als bei HIV wird das Virus bei einer Hepatitis-C-Therapie nicht nur unterdrückt, man wird von dem Virus befreit.

Dass Hepatitis C heilbar ist, ist kein neues Phänomen. Erste lebenslange Heilungen gab es schon in den frühen 1990er-Jahren. Die damaligen Interferon-Therapien hatten jedoch mehr Nebenwirkungen und erreichten das Heilungsziel viel seltener als die heutigen Therapien.

»Hepatitis C ist das schlimmste Virus.«

Eine chronische Hepatitis B ist nicht milder und – im Gegensatz zur heilbaren Hepatitis C – nur kontrollierbar und noch nicht heilbar. Das schlimmste Hepatitisvirus, welches wir heute kennen, ist das Hepatitis-D-Virus. Dieses kann zwar nur zusammen mit einer Hepatitis B auftreten, weil es dessen Hülle zur Vermehrung braucht. Hepatitis D führt dann aber viel schneller zu Zirrhose oder Leberkrebs als andere Hepatitisinfektionen. Seit zwei Jahren ist auch Hepatitis D besser behandelbar geworden, wobei wir noch nicht genau wissen, ob die Therapien dort heilend oder nur unterdrückend wirken.

Dass Hepatitis C einen so schlechten Ruf hat, liegt an der Anfangszeit, als das Virus 1989 neu entdeckt wurde: Zunächst wurden nur schwer kranke Menschen überhaupt auf das neu entdeckte Hepatitisvirus untersucht, die oft schon jahrelang an einer Leberentzündung gelitten hatten. Entsprechend düster erschien das Bild des Virus. Dass eine Infektion in der Regel erst nach Jahren gefährlich wird und der Verlauf je nach Mensch unterschiedlich ist, wusste man damals noch nicht.

»Hepatitis C ist unglaublich ansteckend, jeder kann es bekommen.«

Hepatitis C wird nicht über Tröpfchen oder Aerosole übertragen wie zum Beispiel Covid-19 oder Influenza. Im Alltag kommt es deswegen fast nie zu Infektionen. Für eine Ansteckung muss in der Regel infektiöses Blut in Wunden oder Schleimhäute geraten. Man bekommt Hepatitis C daher nicht über die Toilette, nicht über Essen, nicht durch Trinken aus dem gleichen Glas, nicht über die Luft, nicht über Umarmen, Türklinken oder Küssen.

Blutprodukte waren vor 1991 eine häufige Ansteckungsquelle, werden aber seitdem rigoros getestet. In der Drogenszene gibt es nach wie vor viele Ansteckungen durch gemeinsam benutzte Drogenutensilien wie Spritzbesteck oder Röhrchen zum Sniefen. Eine Übertragung ist beim heterosexuellen »Blümchensex« deutlich seltener als bei Hepatitis B, oft sieht man selbst in jahrelangen festen Beziehungen mit einem positiven Partner keine Ansteckung. Bei verletzungsträchtigen Praktiken (z.B. ungeschützter Analverkehr, BDSM) und häufig wechselnden Partnern steigt das Ansteckungsrisiko aber deutlich an. Auch Hygienemängel bei Tätowierungen, Piercings oder medizinischen Eingriffen können zur Infektion führen.

»Ich bin gegen Hepatitis C geimpft und kann das nicht bekommen.«

Schutzimpfungen gibt es gegen Hepatitis A und B. Gegen Hepatitis C konnte bislang keine Schutzimpfung entwickelt werden, obwohl man dies wiederholt versucht hat. Bei Hepatitis C gibt es (im Gegensatz zu Hepatitis A und B) keine natürliche Immunität, wenn man eine Infektion durchgemacht hat. Hepatitis C ist zwar heute leicht heilbar, man kann sich aber durch Blutkontakte immer wieder neu anstecken.

»Hepatitis C ist nur für die Leber ein Problem.«

Die Leber ist zwar die Hauptzielscheibe, allerdings erhöht Hepatitis C auch das Risiko anderer Komplikationen und Beschwerden wie Herz-Kreislauferkrankungen, Nierenkrankheiten oder Krebserkrankungen außerhalb der Leber. Gelenkbeschwerden, Müdigkeit, Depressionen oder vermehrte neurologische Erscheinungen werden bei Hepatitis C häufiger gesehen als in der Allgemeinbevölkerung. Nicht immer ist es dabei klar erkennbar, ob diese Beschwerden alle von der Hepatitis C kommen oder ob ein Mensch gegebenenfalls zwei Gesundheitsprobleme gleichzeitig hat. Eine Ausheilung der Infektion hat aber bei vielen dieser Erscheinungen zumindest das Potenzial, auch diese zu lindern. Bestimmte Komplikationen wie eine Kryoglobulinämie oder Vaskulitis können mit der Ausheilung des Virus vollständig verschwinden.

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