Hochgiftige Herbstschönheit |
Katja Egermeier |
01.11.2021 08:30 Uhr |
Im Frühjahr und Sommer zeigt sich die Herbstzeitlose als blütenlose grüne, bis zu 20 cm hohe krautige Pflanze mit etwa 40 cm langen, breit-lanzettlichen Laubblättern. Gleichzeitig wächst der Fruchtknoten zu einer länglich-eiförmigen, circa 6 cm langen Kapsel heran, in der zahlreiche dunkelbraue Samen reifen. Erst im Herbst, zwischen August und Oktober, bringt die Herbstzeitlose bis zu drei grundständige Blüten mit weißlicher Röhre und sechs großen, zartrosa bis lilafarbenen, trichterförmig gestellten Blütenhüllblättern hervor. Die Pflanze selbst trägt zu dieser Zeit keine Laubblätter mehr, diese entwickeln sich erst wieder im folgenden Frühjahr.
Colchicum autumnale, Familie der Zeitlosengewächse (Colchicaceae)
Die Herbstzeitlose findet sich in Süd-, Mittel- und Westeuropa auf Wiesen und in feuchten, lichten Waldungen. Sie wächst bis hoch ins Gebirge und ist im Norden eher selten.
Die ganze Pflanze enthält giftiges Colchicin, besonders jedoch die Samen. Vergiftungen können schwer verlaufen und mit dem Tod enden. Als tödliche Dosis gelten für Erwachsene 20 bis 40 mg, was etwa fünf bis zehn Samen entspricht. Bei Kindern, die besonders empfindlich auf das Pflanzengift reagieren, kann schon eine Dosis von 5 mg tödlich sein.
Es besteht zudem eine Verwechslungsgefahr der Blätter mit Bärlauch, die oft an denselben Standorten wachsen. Schon eine durchschnittliche Salatportion für einen Erwachsenen kann eine tödliche Menge an Colchicin liefern. Das Spindelgift hält zudem selbst hohen Temperaturen stand, sodass auch eine Suppenmahlzeit mitunter tödlich enden kann.
Eine Vergiftung zeigt sich aufgrund der langsamen Giftresorption erst zwei bis sechs Stunden nach der Einnahme der Pflanzenteile. Symptome sind ein Brennen und Kratzen im Mund, Schluckbeschwerden, Übelkeit, häufiges Erbrechen mit Durchfällen, Darmkrämpfe und blutiger Urin. Eine aufsteigende zentrale Lähmung kann zu Atemnot bis hin zu Atemstillstand, Kreislauf- und Nierenversagen führen – und tödlich enden. Im Falle eines Überlebens kann nach einer Woche Haarausfall auftreten.
bei kleinen Mengen gering bis mittel, bei Missbrauch lebensgefährlich
Bei einer Vergiftung mit Herbstzeitlosen ist stets eine Behandlung im Krankenhaus erforderlich. Diese umfasst die primäre Giftentfernung, die wiederholte Gabe von Kohle und Abführmittel sowie die intensivmedizinische Überwachung mit Wasser- und Elektrolytausgleich und weitere symptomatische Maßnahmen.
Dem Herbstzeitlosen-Alkaloid Colchicin wird eine antientzündliche Wirkung zugeschrieben. Zugelassen ist Colchicin derzeit zur Behandlung beim familiären Mittelmeerfieber und bei Gicht.
Zu Beginn der Corona-Pandemie wollten sich Forscher die antientzündliche Wirkung von Colchicin auch bei der Behandlung von Covid-19 zunutze machen. Ein Jahr später, im Frühjahr 2021, konnte dem Wirkstoff in einer Zwischenauswertung der großen RECOVERY-Studie jedoch keine Wirksamkeit bei Covid-19-Patienten bescheinigt werden
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