Husten – und dann? |
Bei Husten gilt es, frühzeitig zu therapieren – schon um die Ansteckungsgefahr für andere Familienmitglieder zu reduzieren. / Foto: Your Photo Today
Laut den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (DEGAM) und den Veröffentlichungen des Robert-Koch-Instituts sollen Patienten mit Covid-19-Symptomen in die häusliche Selbstisolation entlassen werden. Eine Therapieanleitung wird nicht gegeben. »Es mangelt an leitliniengerechten und evidenzbasierten Therapieempfehlungen zur Minderung von Erkältungssymptomen. Selbst wenn es eine Covid-19-Infektion sein sollte, haben wir in der Frühphase keine speziell dafür zugelassene Behandlung. Auch diese Patienten sind zunächst rein symptomatisch mit bewährten Therapieoptionen zu behandeln«, sagte Dr. Kai-Michael Beeh, Internist und Pneumologe des Instituts für Atemwegsforschung, Wiesbaden, bei einer Online-Pressekonferenz des Unternehmens Pohl Boskamp.
Die Erfahrung der vergangenen Monate zeigt, dass viele Patienten mit Husten, Schnupfen und Heiserkeit vom Arzt erstmal in die häusliche Isolation geschickt werden, bevor ein Test durchgeführt wird. Es reiche aber nicht, sie dort sich selbst zu überlassen, meint Beeh. Die Patienten sollten immer auch symptomatisch behandelt und beraten werden. Vor allem Hustenattacken seien ernst zu nehmen und frühzeitig zu therapieren, da die Linderung des Hustenreizes die Verbreitung von Viren durch infektiöse Tröpfchenwolken und Aerosole reduziert. Das reduziert die Ansteckungsgefahr für Familienmitglieder. Eine frühzeitige Therapie mit evidenzbasierten Präparaten verkürze die Erkrankungsdauer. »Die derzeit oft praktizierte »Wait-and-See-Strategie« (Warten auf Tag 7) ist fehl am Platze und belastet die Betroffenen nur zusätzlich«, sagte der Experte. Die Patienten fühlten sich zu Recht im Stich gelassen, weshalb Beeh eine »Nachschärfung der Empathie« in der ambulanten medizinischen und pharmazeutischen Betreuung forderte.
»Die derzeitige Pandemie hat die Beratungsfunktion von PTA und Apotheker deutlich gestärkt, nicht zuletzt auch deshalb, weil viele Patienten aus Angst vor einer Ansteckung den Gang zum Arzt scheuen und gleich Rat in der Apotheke suchen«, schätzt Steffen Kuhnert, Apothekenleiter aus Köln, die derzeitige Situation ein. In der Beratung gehe es auch darum, überzogene Ängste zu nehmen und unaufgeregt über die Fakten zur aktuellen Pandemie-Lage zu informieren. »Jede Art von Husten wird derzeit stigmatisiert. Aber nicht jeder Husten bedeutet gleich Covid-19«, versucht Kuhnert seine Apothekenkunden zu beruhigen.
Social Distancing, Mobilitätsbeschränkungen sowie Hygieneregeln wirken nicht nur gegen Covid-19, sondern auch gegen andere Atemwegserkrankungen. So hat etwa eine nennenswerte Grippewelle bislang nicht stattgefunden. Und auch andere Atemwegserkrankungen befinden sich laut Beeh etwa auf einem Drittel des Niveaus wie in den Jahren zuvor. Einen Gegentrend verursachen die Rhinoviren, hat eine kürzlich publizierte Studie ergeben. Warum diese sich halten können, ist noch unklar, heißt es in dem Artikel in »Nature News«. Sie könnten davon profitieren, dass sie als unbehüllte Viren resistenter gegen Desinfektionsmittel und Seife sind. Zudem können sie sich offenbar besser auf Oberflächen halten und werden somit leichter über kontaminierte Oberflächen wie Türgriffe weitergegeben.
Bislang gehen Experten davon aus, dass rund ein Viertel der Covid-19-Infektionen asymptomatisch verlaufen. Von den verbleibenden 80 Prozent zeigen wiederum 80 Prozent einen milden Verlauf mit Husten als Leitsymptom. Diese Patienten können nachweislich von einer zielgerichteten medikamentösen Therapie profitieren. Dr. Petra Sandow, Allgemeinmedizinerin aus Berlin, orientiert sich dabei an den Empfehlungen, die etwa die aktuelle S2k-Husten-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie macht. Diese hält die systemische Therapie mit Phytopharmaka bei Erkältungshusten und akuter Bronchitis für angezeigt. Danach schneiden evidenzbasierte Phytopharmaka im Vergleich zu chemisch synthetischen Expektoranzien wie Ambroxol positiv ab. Sandow: »Ich verordne Phytopharmaka wie Gelomyrtol® forte auf dem grünen Rezept, denn die Patienten merken, dass sich die Atemwege vermehrt öffnen und dass sie wieder Luft bekommen. Je deutlicher die Patienten die Wirkung selbst wahrnehmen, umso besser ist ihre Adhärenz.«
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.