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Inkompatibilitäten

Hydrochinon-Creme – der Weg zur stabilen Rezeptur

Der Gesichtsausdruck der Kundin verkündet gleich beim Betreten der Apotheke, dass sie eine Reklamation hat. Sie hat vor zwei Wochen eine Creme bekommen, die jetzt bereits gebrochen ist, obwohl die Aufbrauchfrist auf vier Wochen festgelegt worden war. Gabi Galenik entnimmt dem Etikett, dass die Creme Tretinoin und Hydrochinon enthält. Die Hydrochinon-Konzentration erscheint ihr hoch, aber ohne die Bücher zu Rate zu ziehen, will sie keine Schlüsse ziehen.
Andreas Melhorn
15.06.2021  12:00 Uhr

Tretinoin findet bei Akne und Verhornungsstörungen auf der Haut Anwendung. In Kombination mit Hydrochinon und eventuell noch einem Glucocorticoid wird es gegen Hyperpigmentierung, zum Beispiel Melasmen, eingesetzt. Der Wirkstoff ist teratogen, was vor allem bei der Herstellung beachtet werden muss. Tretinoin ist stark lichtempfindlich, besonders wenn es gelöst vorliegt. Das DAC/NRF schreibt den Zusatz von Antioxidanzien vor. Die Abfüllung in eine Aluminiumtube ist ebenfalls angeraten, weil die Stabilität in einer weniger dicht abschließenden und lichtdurchlässigen Kruke niedriger ausfallen dürfte. Der rezeptierbare pH-Bereich liegt bei drei oder höher.

Verzögerte Wirkung

Hydrochinon wird bei Hyperpigmentierungen eingesetzt. Aufgrund seines Wirkmechanismus setzt die Wirkung erst mit mehreren Monaten Verzögerung ein. Gabi notiert sich das für die Beratung der Kundin. Die Anwendung in der Kosmetik ist aus toxikologischen Gründen verboten. Der Rezepturhinweis »Hydrochinon« des DAC/NRF verrät Gabi, dass lediglich in Oxidations-Haarfärbemitteln eine geringe Konzentration von 0,3 Prozent erlaubt ist. Dort erfährt Gabi auch, dass die Anwendungskonzentration in Rezepturarzneimitteln auf 3 Prozent beschränkt ist. Sie schlägt in den »Tabellen für die Rezeptur« des DAC/NRF nach und findet die Angaben 1,5 bis 3 Prozent für die therapeutische Konzentration. Die obere Richtkonzentration von 3 Prozent wird dort bestätigt.

Es gibt allerdings ein Fertigarzneimittel mit 5 Prozent des Wirkstoffs und eine in den Niederlanden standardisierte Rezepturvorschrift mit der gleichen Konzentration. Der Rezepturhinweis erklärt, dass eine Anwendung in dieser Konzentration auf kleine Flächen und eine kurze Dauer beschränkt werden soll. Die Überschreitung der oberen Richtkonzentration macht einen besonderen Vermerk des Arztes notwendig. Gabi sucht die Labordokumentation heraus und findet auf der Rezeptkopie einen entsprechenden Vermerk. 

Kenndaten für Hydrochinon

Da sie die »Tabellen« gerade aufgerufen hat, schlägt sie die restlichen Kenndaten für Hydrochinon nach. Der rezeptierbare pH-Bereich liegt bei < 4. Es bietet ab einer Konzentration von 2 Prozent einen mikrobiellen Schutz. Es hat phenolischen Charakter, was verschiedene Wechselwirkungen zum Beispiel mit bestimmten Emulgatoren erwarten lässt. Vielleicht hat sie damit den Grund für die gebrochene Creme gefunden. Laut Rezepturhinweis sind Rezepturformeln mit sowohl nichtionischen als auch anionischen Grundlagen bekannt, er nennt aber phenolische Wechselwirkung als möglichen Grund, warum anionische unter Umständen geeigneter sein könnten:

  • Hydrochinon ist in Wasser zu circa 6,5 Prozent löslich. Der Wassergehalt in der Creme reicht also vermutlich nicht aus, um den Wirkstoff vollständig zu lösen.
  • In Hydrochinon-haltigen Rezepturarzneimitteln treten rasch Verfärbungen auf. Als Schutz wird zum Beispiel das Antioxidans Ascorbinsäure zugesetzt.

Auf der Haut findet Vitamin C normalerweise als antioxidativer Hilfsstoff oder Säuerungsmittel Anwendung. Bei Hydrochinon wird es explizit als Stabilisator genannt. Gabi sucht nach einer passenden Konzentration und findet Rezepturformeln mit 0,5 bis 1 Prozent Ascorbinsäure. In der vorliegenden Verschreibung ist die Konzentration höher. Da der rezeptierbare Bereich von Tretinoin-haltigen Zubereitungen mit > 3 angegeben ist, ist die Konzentration unter Umständen zu hoch. Gabi nimmt sich vor, gegebenenfalls einen Versuch zu prüfen, wie niedrig der pH-Wert bei einer entsprechenden Ascorbinsäure-Lösung ausfallen würde.

Mischungen stabilisieren

Im Rezepturhinweis »Hydrochinon« gibt es Beispielcremes mit Nichtionischer hydrophiler Creme SR DAC und sogar eine standardisierte Creme ganz ähnlich der verschriebenen. Allerdings enthalten sie maximal 2 Prozent Hydrochinon. Der Rezepturhinweis nennt explizit Unverträglichkeiten zwischen dem phenolischen Wirkstoff und der macrogolischen Teilstruktur des Emulgators der Creme-Grundlage. Es könnte also sein, dass die höhere Wirkstoff-Konzentration die Inkompatibilität verursacht.

Der Rezepturhinweis nennt Cremes mit beiden benötigten Wirkstoffen, die teilweise mit einem Corticoid kombiniert werden. In Anlehnung an die erwähnte standardisierte Rezepturvorschrift des niederländischen Arzneibuchs werden verschiedene Mischungen vorgeschlagen. Zwei davon enthalten beide Wirkstoffe in der benötigten Konzentration. In allen wird Ethanol oder Glycerol zugesetzt, damit das Hydrochinon komplett in Lösung gebracht wird. Um eine starke Austrocknung der Haut zu vermeiden, wird Glycerol bevorzugt. Eine der beiden Vorschriften verwendet Glycerol, Gabi notiert sie. Die Aufbrauchfrist beträgt vier Monate.

Die Creme enthält anionische hydrophile Creme als Grundlage und ist mit anderen Hilfsstoffen statt Ascorbinsäure stabilisiert. Wegen der phenolischen Wechselwirkung, dem möglicherweise zu niedrigen pH-Milieu und der Löslichkeit des Hydrochinons würde Gabi gern sichergehen und die herausgesuchte Rezepturvorschrift verwenden. Um sicherzugehen, dass die Hautärztin keine Einwände gegen einen Austausch der Grundlage hat, schlägt Gabi in der abschließenden Besprechung mit dem diensthabenden Apotheker vor, diese zu kontaktieren und ihr die geänderte Rezepturformel vorzuschlagen. Da sich die genaue Zusammensetzung nur schwer am Telefon besprechen lässt, schreibt sie eine E-Mail. Die Ärztin ist einverstanden, bittet aber darum, die Patientin darauf hinzuweisen, dass sie die Creme nicht länger anwenden soll, als besprochen wurde.

Gabi übernimmt die Gebrauchsanweisung vom alten Rezept. Die Abfüllung erfolgt in eine Aluminiumtube. Als Aufbrauchfrist gibt Gabi vier Monate an, wie bei der Rezepturformel im Rezepturhinweis angegeben.

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