Identitätsprüfung ohne Pikrinsäure |
Zur Prüfung von Ausgangsstoffen muss die Apotheke viele Chemikalien bevorraten. Pikrinsäure kann dabei zum Problem werden. doch es gibt Alternativen zur explosiven Chemikalie. / Foto: Getty Images/Hemme
Vergangenen Freitag und Samstag gab es in Apotheken in Hamburg und Heidelberg mal wieder Pikrinsäure-Alarm, nachdem es eine zeitlang still geworden war um die Substanz, die für Identitätsprüfungen mancher Arzneistoffe benötigt wird. Richtig gelagert, also ausreichend durchfeuchtet und mit einer Schicht Wasser überdeckt, ist Pikrinsäure ungefährlich. Nur im trockenen Zustand ist sie äußerst reaktiv. Gleiches gilt für 2,4-Dinitrophenylhydrazin.
Für 14 Wirk- und Hilfsstoffe schreibt das Europäische Arzneibuch noch Identitätsprüfungen mit Pikrinsäure vor. Das sind Atropinsulfat, Benzylpenicillin-Benzathin-Tetrahydrat, Chloroquinphosphat, Chloroquinsulfat, Dihydrocodein[(R,R)-tartrat], Dimenhydrinat, Guanethidin-Monosulfat, Homatropinhydrobromid, Hydroxyzinhydrochlorid, Hyoscyaminsulfat, Kanamycinmonosulfat, Saures Kanamycinsulfat, Pethidinhydrochlorid, Scopolaminhydrobromid, wie DAC/NRF heute in ihrem Rezepturtipp der Woche auflisten. Auch 2,4-Dinitrophenylhydrazin zählt zu den explosionsgefährlichen Stoffen. Diese Substanz wird laut Ph.Eu. für die Identitätsprüfung von Vanillin und Calciumlävulinat-Dihydrat benötigt.
Die gute Nachricht: Im DAC/NRF finden sich alternative Identifizierungsverfahren, die ohne die explosionsgefährlichen Stoffe auskommen. Indem der Umgang mit gefährlichen Chemikalien reduziert wird, versuche DAC/NRF einen Teil dazu beizutragen, den Arbeitsschutz und die Laborsicherheit in Apotheken zu erhöhen. Gleichzeitig solle eine Erleichterung geschaffen werden, da die Kontrolle von leicht zu vergessenden Tätigkeiten, wie die Kontrolle der ausreichenden Phlegmatisierung mit Wasser der Pikrinsäure, entfallen kann.
In trockenem Zustand ist Pikrinsäure explosionsgefährlich. Sie kann dann auf geringe Reibung, Erwärmung und Schlag reagieren. Wichtig ist daher, dass die Säure immer mit Wasser bedeckt gelagert wird. Dann besteht keine Gefahr. Die Substanz kommt deshalb nur mit Wasser angefeuchtet in den Handel. Ein Wassergehalt über 33 Prozent sollte dauerhaft sichergestellt sein. Datum und Gesamtmasse des Gefäßes sind auf dem Behältnis festzuhalten. Nach sechs Monaten sollte man die Masse der Substanz überprüfen und bei Bedarf Wasser ergänzen und durch Umdrehen des Behältnisses gleichmäßig verteilen.
Besonders gefährlich wird es, wenn das 2,4,6-Trinitrophenol »Pikrinsäure« unerlaubterweise in einem Metallgefäß verpackt ist oder das Gefäß einen Metallverschluss aufweist. Dadurch können sich hochexplosive Metallpikrate bilden. Ist dies der Fall oder ist die Pikrinsäure bereits durchgetrocknet , soll ein fachmännischer Abtransport veranlasst werden, denn mit Metallen können hochempfindliche Verbindungen entstehen.
Eine Pflicht zur Bevorratung von Pikrinsäure in der Apotheke besteht heute nicht mehr. Früher wurde sie häufiger zur Identitätsprüfung eingesetzt. Denn die Chemikalie bildet mit vielen Stoffen charakteristisch gefärbte Salze, die sogenannten Pikrate.