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Neue Therapieansätze

Effizient bei Katzenallergie

09.05.2016  10:57 Uhr

Von Carina Steyer / Vom Haushalt mit Katzen, über die Sessel im Kino bis ins Klassenzimmer – Katzenallergene lassen sich fast überall nachweisen. Diese Tatsache ist für Katzen­allergiker problematisch, denn im Unterschied zu den meisten Allergien fehlt eine wirksame kausale Behandlungsmöglichkeit. Daher ­arbeiten Wissen­schaftler an Neuent­wicklungen, von denen die Peptid-Immuntherapie bisher am erfolgversprechendsten ist.

Die einzige kausale Möglichkeit zur Behandlung einer Allergie ist derzeit die spezifische Immuntherapie (SIT), auch bekannt als Hyposensibilisierung. Die SIT soll dazu führen, dass das Immunsystem nach und nach eine Toleranz gegen die injizierten Allergene entwickelt. Doch anders als bei den meisten anderen Allergien empfehlen Experten Katzenallergikern die SIT nur mit Zurückhaltung. Ein Grund dafür ist die unzureichende Datenlage: Die Studien wurden mit zu wenigen Probanden (meist 20 bis 30), mit unterschiedlichen Allergendosen und in verschiedenen Studiendesigns durchgeführt. Gleichzeitig ist die Rate unerwünschter Wirkungen hoch. So traten beispielsweise in einer schwedischen Studie bei 19 der teilnehmenden 20 Kinder Nebenwirkungen auf. Auch bei Erwachsenen lagen die Nebenwirkungsraten teilweise über 90 Prozent.

Neue Therapien im Test

Daher läuft die Suche nach wirksameren und sichereren Therapien für Katzenallergiker auf Hochtouren. Als mögliche Alternative kommt die Peptid-Immuntherapie infrage. Dabei injiziert ein Arzt dem Allergiker intrakutan synthetisch hergestellte, kurze T-Zell-Peptide, die ein Katzenallergen repräsentieren. Diese Peptide bestehen aus 13 bis 17 Aminosäuren. Sehr ermutigend sind die Ergebnisse einer kanadischen Arbeitsgruppe mit dem Prüfmedikament Cat Peptide Antigen Desensitisation (Cat-PAD). Cat-PAD zählt zur neuen Substanzklasse der SPIREs (synthetic peptide immuno-regulatory epitopes) und enthält die Kombination von sieben T-Zell-Peptiden. In der kanadischen Studie, die 2013 begann, wurde den Probanden das Medikament viermal über einen Zeitraum von zwölf Wochen gespritzt. Die Wirkung wurde in sogenannten Expositionskammern getestet, in denen die Studienteilnehmer ­Allergenkonzentrationen ausgesetzt waren, die denen in einem Katzenhaushalt entsprechen. Das Ergebnis: Die Cat-PAD-Probanden hatten mit deutlich weniger Augen- und Atemwegsbeschwerden zu kämpfen als die Studienteilnehmer, die Placebo erhielten. Seit 2013 werden die Exposi­tionsexperimente in jährlichem Abstand wiederholt. Die kürzlich veröffentlichten Daten aus der inzwischen zweijährigen Nach­beobachtung zeigen, dass die Wirkung noch immer vorhanden ist. Zusätzlich traten laut Studienautoren keine schweren Nebenwirkungen auf. Derzeit läuft eine internationale Phase-III-Studie, deren Ergebnisse in diesem Sommer erwartet werden.

Neben den geringeren Nebenwirkungen und der besseren Wirksamkeit ist die kurze Therapiezeit von zwölf Wochen ein entscheidender Vorteil der Peptid-Immuntherapie. Die spezifische Immuntherapie (SIT) dauert in der Regel drei Jahre. Auch für Katzenallergiker ist die SIT in zwei Formen verfügbar: als Injektion (SCIT) oder als sublinguale Tropfen (SLIT). Die SCIT erfordert den wöchent­lichen Arztbesuch, bei dem der Arzt kontinuierlich die Dosis des Allergens bis zur maximal tolerierten Menge steigert (Aufdosierungsphase). Anschließend erhält der Allergiker die so ermittelte Höchstdosis in Zeit­intervallen von vier bis sechs Wochen. Die SLIT kann der Allergiker täglich selbst durchführen, sie bedarf ­keiner ärztlichen Betreuung. Beide ­Methoden erfordern ein hohes Maß an Kooperationsbereitschaft von Seiten des Allergikers, was nicht vielen gelingt. So konnte eine niederländische Arbeitsgruppe um den Allergologen Menno A. Kiel zeigen, dass etwa 23 Prozent eine SCIT und lediglich 7 Prozent eine SLIT bis zum Ende durchführen.

Andere Forscher beschäftigen sich mit der Entwicklung von Impfstoffen, in denen das Katzenhauptallergen Felis domesticus 1 (Fel d 1) an virusähnliche Partikel gekoppelt wird. In einem ähn­lichen Ansatz werden Agarosepartikel mit Fel d 1 beladen. Wieder andere Wissenschaftler untersuchen die Effekte der Therapie mit rekombinanten Katzenallergenen. Allerdings beschränken sich alle Versuche bisher auf Tests mit Labormäusen. Daten zur Anwendung beim Menschen liegen noch nicht vor.

Karenz und Behandlung

Derzeit bleibt den meisten Katzenallergikern keine andere Wahl, als sich mit der Allergie zu arrangieren und die Symptome zu behandeln. Grundsätzlich gilt auch für sie die Empfehlung, Katzenallergene möglichst zu meiden. Diese Allergene scheidet die Katze über die Talg,- Speichel- und Analdrüsen aus und verteilt sie beim Putzen über das Fell. Vom Fell gelangen die Allergene in die Luft, wo sie an Staubpartikel binden und noch Stunden nach der Freisetzung nachweisbar sind. Am Tag produziert eine Katze etwa 3 bis 7 Mikrogramm des Hauptallergens Fel d 1.

Katzenallergiker reagieren in den meisten Fällen unmittelbar nach dem Allergenkontakt. Die eingeatmeten Allergene lassen die Nase laufen, die Nasenschleimhaut anschwellen, lösen niesen und Nies­attacken aus, verursachen Hustenreiz und im schlimmsten Fall Atemnot. Auch die Augenschleimhaut wird gereizt, sodass die Augen tränen, jucken und sich röten. Gerade im Anfangsstadium führen die Betroffenen die Symptome oft nicht direkt auf eine Katze zurück, sondern verwechseln sie mit einer Erkältung. Treten hingegen Symptome an der Haut auf, ist die Verbindung zur Katze eindeutiger. Nach dem Streicheln kann sich die Haut röten, anschwellen oder jucken. Manchmal bilden sich Quaddeln oder Ekzeme. Gegen die Symptome helfen – wie bei anderen Allergien – Antihistaminika.

Lebt die Katze im eigenen Haushalt, mindern häufiges Saugen, Wischen und Lüften der Wohnung die Allergen-Exposition. Doch reichen diese Maßnahmen oft nicht aus, um Beschwerdefreiheit zu erreichen. Sehr wirkungsvoll ist dagegen die Fellwäsche der Katze: So kann die Allergenkonzentration im Fell um 90 Prozent gesenkt werden. Allerdings ist dieser Rat ziemlich theoretisch, denn welche Katze springt schon begeistert in die Badewanne. Außerdem setzen sich Katzenallergene in Wohnungen sehr hartnäckig fest, beispielsweise in Teppichen und Polstermöbeln, und auch die Wandoberflächen gelten als Allergenreservoir. Daher leiden die Allergiker häufig noch Monate, nachdem die Katze nicht mehr in der Wohnung lebt, unter Allergiesymptomen.

Der Verdacht einer Katzenallergie sollte durch einen Prick-Test und eventuell einen Bluttest auf Antikörper bestätigt werden. Gerade bei Kindern gilt es sorgfältig abzuwägen. Wenn die Familie sich vom geliebten Schmusekater trennt, fühlen sich die betroffenen Kinder oft schuldig. Die Entscheidung belastet sie wesentlich stärker als Erwachsene. Deshalb raten Experten davon ab, das Tier überstürzt abzugeben. Allerdings ist bekannt, dass Kinder bei bleibendem Allergenkontakt schnell asthmatische Beschwerden entwickeln. Laut einer ­Studie des kanadischen Kinderarztes Professor Bruce Lanphear von der ­Simon Fraser Universität ist das Asthmarisiko bei Kindern mit einer Tier­allergie um das 24-fache erhöht. Die umfassende Beratung eines Allergologen kann den Eltern dabei helfen, die richtige Entscheidung zu treffen.

Kreuzreaktionen häufig

Allerdings haben nach Angaben der Deutschen Haut- und Allergiehilfe e.V. bis zu 50 Prozent der Katzenallergiker niemals mit Katzen zusammen gelebt. Bei diesen Menschen lösen bereits geringste Konzentrationen der fast überall vorhandenen Katzenallergene allergische Symptome aus. Die guten Schwebeigenschaften der an Staub ­gebundenen Katzenallergene ermög­lichen es, dass Katzenbesitzer diese ­zusammen mit den Katzen­haaren in den öffentlichen Raum ­tragen. Selbst in den Polstern öffent­licher Verkehrsmittel, in Kinosesseln und Schulen lässt sich Fel d 1 nach­weisen. In Schweden wurden sogar Schulklassen eingerichtet, die ausschließlich Katzenallergikern und Schülern ohne Katze vorbehalten sind. Häufig führen Katzenallergene auch zu Kreuzreaktionen: So sind ­neben Fel d 1 weitere Katzenallergene bekannt, die Kreuzreaktionen mit Hund, Pferd, Meerschweinchen und Kaninchen verursachen können. Etwa jeder zweite Katzenallergiker reagiert im Allergietest auch allergisch auf Hunde oder Pferde. Experten hoffen, diesen Allergikern mit den neuen kausalen Therapieansätzen bald effektiv helfen zu können. /