Interstitielle Zystitis – selten und komplex |
Das Wasserlassen bei IC ist extrem schmerzhaft. / Foto: Adobe-Stock/gballgiggs
Betroffene suchen täglich bis zu 60-Mal die Toilette auf, können dann aber meist nur geringe Mengen Urin abgeben. Der ständige Harndrang belastet den Alltag stark. Die Schmerzen wiederum treten zunächst nur sporadisch auf, nehmen dann aber im Laufe der Zeit zu und entwickeln sich schließlich zu einem chronischen Grundschmerz. Betroffene beschreiben den Schmerz, den sie vor dem Wasserlassen oder währenddessen verspüren, als brennend, schneidend oder stechend. Die Miktion an sich kann ebenfalls Schmerzen verursachen. Nach dem Wasserlassen geht es den Patientinnen und Patienten meistens für kurze Zeit besser. Beginnt die Blase, sich wieder zu füllen, kehren die Schmerzen jedoch zurück.
Viele Patientinnen und Patienten machen eine wahre Ärzte-Odyssee durch. Bei wiederkehrenden Beschwerden bekommen sie oft zu hören, dass ihr Leiden psychisch bedingt sei. Viele zweifeln an sich selbst, ziehen sich sozial zurück, manche entwickeln sogar Depressionen. So gehören Krankheiten wie mentale Störungen, Reizdarmsyndrom, Fibromyalgie, Fatigue und funktionelle somatische, neurologische oder rheumatologische Syndrome laut der Leitlinie zu den häufigen komorbiden Störungen. Betrachtet man die Gesamtsituation der Betroffenen, fällt auf, dass etwa 80 Prozent über Alltagsprobleme wie existenzielle Sorgen klagen, zu denen eine wiederholte oder dauerhafte Arbeitsunfähigkeit gehört. Viele leiden auch unter Partnerschaftskonflikten und weisen eine deutlich eingeschränkte Lebensqualität auf.
Wer nicht weiß, ob den Blasenbeschwerden eine IC zugrunde liegen könnte, führt am besten über einige Tage ein Miktionstagebuch, in dem Trink- und Toilettenverhalten angegeben und Angaben zu den Schmerzen gemacht werden: Wann treten sie auf? Wie lange halten sie an? Wie stark sind die Schmerzen jeweils? Das erleichtert einem Arzt die richtige Diagnose.
Zu den typischen Differentialdiagnosen gehören gemäß den Leitlinienautoren verschiedene urologische Erkrankungen wie die chronische Harnwegsinfektion, muskuloskelettale Erkrankungen wie Hernien oder Beckenbodendysfunktion, gastrointestinale Erkrankungen wie chronisch entzündliche Darmerkrankungen, gynäkologische Erkrankungen wie die Endometriose oder auch Ursachen wie Herpes genitalis oder Neuralgien. Diese Krankheiten müssen Mediziner ausschließen können, um eine IC festzustellen.
Um die Diagnose abzusichern, ist meistens eine Blasenspiegelung (Zystoskopie) mit Überdehnung der Harnblase erforderlich. Bei der Untersuchung, die unter Narkose erfolgt, können Ärzte typische Veränderungen der Harnblasenwand erkennen und die zwei Subtypen der IC (mit oder ohne Ulzerationen) voneinander abgrenzen.
Interstitielle Zystitis (IC) | Harnwegsinfekt | |
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Schmerzen | bei Blasenfüllung, vor Miktion | in der akuten Phase: |
stechend, schneidend, glühend, bohrend | Bauchkrämpfe | |
langanhaltend oder auch phasenweise mit Schmerzspitzen | brennendes Gefühl beim Wasserlassen | |
in unterschiedlichen Bereichen: Becken, Blase, Harnröhre, äußere Geschlechtsteile, Damm, Anus oder in den Rücken ausstrahlend | ||
beim oder nach dem Geschlechtsverkehr | ||
an Stärke zunehmend im Krankheitsverlauf | ||
Miktion/Wasserlassen | sehr häufig, mehr als 8 bis 60 Mal am Tag | heftiger Harndrang |
nächtlicher Harndrang | brennende, stechende Schmerzen beim Wasserlassen | |
oft nur sehr kleine Mengen | ||
nachlassend nach der Miktion | ||
Häufige Begleiterkrankungen | Reizdarmsyndrom, Migräne | |
Endometriose | ||
Immunerkrankungen | ||
Sonstige Beschwerden | oft in Verbindung mit Allergien und Lebensmittelunverträglichkeiten | aufgeblähter Bauch |