Interstitielle Zystitis – selten und komplex |
»Eine allgemein anerkannte, eindeutige Behandlungsempfehlung gibt es bei der IC nicht«, sagt Queißert. Die Leitlinienautoren schlagen ein multimodales Therapiekonzept vor. Es setzt sich aus konservativen Maßnahmen, medikamentöser Therapie, Einspülungen in die Blase, Schmerztherapie und Komplementärmedizin sowie operativen Verfahren und stationärer Rehabilitation zusammen. »Viele Betroffene, vor allem im fortgeschrittenen Stadium, finden am besten in einem spezialisierten Zentrum Hilfe«, erklärt der Experte.
Zu den konservativen Maßnahmen zählt, den Lebensstil zu verändern. Das Apothekenteam kann Betroffenen raten, Kleidung und sportliche Aktivität der Erkrankung anzupassen. Auch weniger Stress wirkt der Krankheit entgegen, Unterkühlungen hingegen verstärken die Beschwerden. Die Patienten sollten zudem ihre Flüssigkeitszufuhr kontrollieren, empfohlen werden zwei Liter pro Tag, und prüfen, ob bei ihnen bestimmte Nahrungsmittel als »Trigger« wirken und diese fortan meiden. In einigen Fällen ist eine psychologische/psychiatrische Betreuung angezeigt, zum Beispiel, wenn begleitend Störungen wie Depressionen und Erschöpfungszustände vorliegen. »Ein wichtiger Pfeiler in der Behandlung ist die Physiotherapie«, erklärt Queißert. Ein Harnblasen- und Beckenbodentraining kann ebenso helfen wie eine Vibrationstherapie oder auch bestimmte Massagetechniken.
Es besteht auch die Möglichkeit, die Krankheit medikamentös zu behandeln. Als einziger für diese Indikation zugelassener Wirkstoff steht Pentosanpolysulfat (PPS) zur Verfügung. Er stellt die Funktion der GAG-Schicht des Urothels wieder her und lindert dadurch die Symptome. Für die Therapie gilt: Je früher Patientinnen und Patienten das Medikament anwenden, desto besser schlägt es an. Therapieversuche können Ärzte vor allem bei chronischen Schmerzen mit dem trizyklischen Antidepressivum Amitriptylin oder mit dem tetrazyklischen Mirtazapin vornehmen. Beide verringern unter anderem die Schmerzweiterleitung ins Zentrale Nervensystem. Amitriptylin bindet zudem an H1-Rezeptoren, wodurch weniger Mastzellen aktiviert werden. Betroffene merken die Wirkung, wenn sich ihr Harndrang verringert und die Schmerzen nachlassen. Die Leitlinie empfiehlt ebenfalls einen Therapieversuch mit Hydroxyzin, einer anticholinerg, anxiolytisch und analgetisch wirkenden Substanz. In Studien erfuhren Patienten auch eine Erleichterung ihrer Beschwerden durch die Einnahme des Histamin-2-Rezeptorantagonisten Cimetidin.