Ist die Hormonersatztherapie zurück? |
Katja Egermeier |
22.05.2023 16:00 Uhr |
Hormone zur Linderung von Wechseljahresbeschwerden können auch per Pflaster verabreicht werden. Sie können eine schonende Alternative zur oralen Einnahme von Hormonpräparaten sein. / Foto: Getty Images/svetikd
Die Empfehlung stammt von Forschenden aus Kanada, die die neuesten Erkenntnisse zu Risiken und Vorteilen von Behandlungsmöglichkeiten in den Wechseljahren in einer Übersicht zusammengefasst und im »Canadian Medical Association Journal« veröffentlicht haben.
Beschwerden der Menopause können schon bis zu 10 Jahre vor der letzten Menstruation auftreten und noch länger anhalten – mit teils gravierenden Folgen. Das kann sich in Hitzewallungen und Schweißausbrüchen äußern, oftmals von Schlafstörungen, Niedergeschlagenheit und urogenitalen Symptomen wie vaginale Trockenheit begleitet. Als weitere Folge der hormonellen Umstellung im Klimakterium kommt es häufig zu Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, innerer Unruhe, Anspannungen und Ängsten. »Wechseljahre und Perimenopause können mit belastenden Symptomen und einer verminderten Lebensqualität verbunden sein«, schreibt Dr. Iliana Lega vom Women's College Hospital und der University of Toronto, zusammen mit ihren Co-Autoren.
Als effektivste Methode zur Behandlung klimakterischer Beschwerden gilt die Hormonersatztherapie (HET, engl.: Hormone Replacement Therapy = HRT). Die im Jahr 2020 aktualisierte S3-Leitlinie »Peri- und Postmenopause – Diagnostik und Interventionen« zur Behandlung von Wechseljahresbeschwerden sieht vor, vor allem Frauen mit starken Hitzewallungen und Schweißausbrüchen eine Hormonersatztherapie anzubieten. Auch gegen Knochenschwund könne eine solche Behandlung helfen.
Eine zunehmende Zahl von Patientinnen scheut jedoch eine HRT, was den Studienautoren zufolge an mangelndem Wissen über diese Behandlung und Ängsten vor den Risiken liegt. In ihrer Übersicht haben sie daher die neuesten Erkenntnisse zu Diagnose und Behandlung von Wechseljahresbeschwerden sowie die Risiken und Vorteile der verschiedenen Therapien zusammengefasst – mit dem Fazit, dass die HRT bei Menschen ohne Risikofaktoren als Erstlinientherapie empfohlen werden sollte.
Vorteile:
Risiken:
Hinsichtlich des Risikos für kardiovaskuläre Ereignisse schreiben die Autoren: »Trotz anfänglicher Bedenken hinsichtlich eines erhöhten Risikos für kardiovaskuläre Ereignisse [ … ] deuten immer mehr Belege darauf hin, dass bei jüngeren Patientinnen eine mögliche Verringerung koronarer Herzkrankheiten möglich ist.« Das gelte insbesondere für Frauen, die mit einer Hormonersatztherapie vor dem 60. Lebensjahr oder innerhalb von 10 Jahren nach der Menopause beginnen.
Es sei jedoch stets von Bedeutung, Betroffene individuell zu beraten und deren persönliche Behandlungsvorlieben und vor allem potenzielle Risikofaktoren zu berücksichtigen, so die Autoren. Für Patientinnen, für die eine HRT aus dem einen oder anderen Grund nicht in Frage kommt, gebe es nichthormonelle Therapien, wie beispielsweise selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder andere Medikamente.
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Eine HRT lindert effektiv klimakterische Beschwerden. Unbestritten ist auch der positive Effekt auf die Knochenstruktur mit Senkung der Frakturraten. Ein präventiver Einsatz wird jedoch nicht empfohlen, ebenso wenig zur Prävention koronarer Herzkrankheiten. In Bezug auf ein mögliches Krebsrisiko muss eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung vorgenommen werden, der Einsatz ist jedoch nach Ausschluss von Kontraindikationen möglich. Die HRT sollte dabei nur in einer möglichst niedrigen Dosierung über einen möglichst kurzen Zeitraum angewendet werden. Eine Anwendung unter fünf Jahren sowie transdermale Applikationsformen zeigen dabei die geringsten Risiken. Des Weiteren sollten Patientinnen darauf hingewiesen werden, ihre regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen beim Arzt wahrzunehmen.