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Schilddrüse

Jod: Motor für den Stoffwechsel

Für die Schilddrüse ist das Spurenelement Jod essenziell. Sie benötigt Jod zur Produktion der Schilddrüsenhormone, die den gesamten Stoffwechsel steuern und beeinflussen. Ein Mangel macht sich nicht nur in Funktionsstörungen der Schilddrüse bemerkbar, auch optisch ist ein Defizit oft deutlich zu erkennen: an einem Kropf (Struma).
Kerstin Pohl
30.03.2021  16:00 Uhr

Aufgaben und Funktionen

Der Jodbestand bei Erwachsenen wird auf 10 bis 20 Milligramm geschätzt, davon finden sich 8 bis 15 Milligramm in der Schilddrüse.

Jod ist Bestandteil der Schilddrüsenhormone, die als Thyroxin (T 4) und TriJodthyronin (T 3) vorliegen. Für die Umwandlung aus der Vorstufe T4 in die aktive Form T3 wird das Spurenelement Selen benötigt. Deshalb besteht auch eine enge Verbindung zum Selenstoffwechsel.

Die Schilddrüsenhormone sind an zahlreichen Stoffwechselprozessen wie der Proteinsynthese und der Organentwicklung beteiligt. Von ihr werden der Energieverbrauch und der Grundumsatz gesteuert, ebenso die Körpertemperatur, das Herz-Kreislauf-System und der Blutdruck.

Für den Fötus ist eine ausreichende Versorgung mit Jod von großer Bedeutung: sie beeinflusst die Gehirnentwicklung. Eine mangelhafte Jodzufuhr während der Schwangerschaft kann zu einer gestörten Hirnreifung und damit geistigem Defizit des Säuglings führen (Kretinismus). Ferner ist das Wachstum des Fötus verzögert, ebenso die Knochen- und Lungenreifung. Auch treten vermehrt Tot- und Fehlgeburten auf, wenn während der Schwangerschaft ein Joddefizit besteht.

Wie viel braucht der Mensch?

Empfohlene Zufuhr
Alter Jod µg/Tag
in Deutschland und Österreich
Jod µg/Tag
empfehlung WHO, in der Schweiz
Säuglinge
0 bis unter 4 Monate
Schätzwert)
40 50
4 bis unter 12 Monate 80 50
Kinder
1 bis unter 4 Jahre 100 90
4 bis unter 7 Jahre 120 90
7 bis unter 10 Jahre 140 120
10 bis unter 13 Jahre 180 120
13 bis unter 15 Jahre 200 150
Jugendliche und Erwachsene
15 bis unter 19 Jahre 200 150
19 bis unter 25 Jahre 200 150
25 bis unter 51 Jahre 200 150
51 bis unter 65 Jahre 180 150
65 Jahre und älter 180 150
Schwangere 230 200
Stillende 260 200
Empfohlene Zufuhr von Jod pro Tag

Woran erkennt man einen Mangel?

Die Symptome eines leichten Jodmangels sind zunächst unspezifisch und äußern sich in Verstopfung, Müdigkeit, allgemeiner Schwäche, Gewichtszunahme und übermäßigem Frieren.

Ein starker Jodmangel zeigt sich in Form einer Jodmangelinduzierten Hypothyreose, einer Schilddrüsenunterfunktion. Hier sind die Symptome sehr viel stärker ausgeprägt und der Jodmangel ist auch äußerlich sichtbar: Die Schilddrüse versucht den Mangel an Schilddrüsenhormonen auszugleichen, indem sie wächst und dicker wird. Der Halsumfang nimmt zu. Dieser sichtbar angeschwollene Hals ist allerdings nicht nur ein kosmetisches Problem: der Kropf kann auf Speise- und Luftröhre drücken und verursacht so Schluckbeschwerden und Atemnot. 

Wenn der Jodmangel längere Zeit besteht, entwickeln sich im Kropf sogenannte „heiße Knoten“ (autonome Adenome). Diese bilden unkontrolliert zu viel Hormon, was zu einer Hyperthyreose führen kann, einer Schilddrüsenüberfunktion. Die Betroffenen reagieren mit Gewichtsabnahme, Nervosität, Schlafstörungen, und unregelmäßiger Herztätigkeit und abnehmender Leistungsfähigkeit.

Die Knoten können auch aber auch »kalt« sein, das heißt die Zellen sind mittlerweile funktionslos geworden und produzieren keine Schilddrüsenhormone mehr. Solche »kalten Knoten« behindern den Stoffwechsel und die Jodaufnahme kann dadurch gemindert sein. Eine ärztliche und labordiagnostische Untersuchung ist unbedingt erforderlich, da die »kalten Knoten« auch bösartig werden können (Schilddrüsenkrebs). 

Wer gehört zu einer Risikogruppe?


Jugendliche und junge Erwachsene gehören zur Risikogruppe, ebenso wie Schwangere und Stillende. Säuglinge, deren Mütter während der Schwangerschaft nicht ausreichend Jod aufgenommen haben, kommen bereits mit einem deutlich sichtbaren Jodmangelstruma auf die Welt.

Bereits ab der 12. Schwangerschaftswoche benötigt der Fötus Jod für die Schilddrüse, da zu diesem Zeitpunkt die Schilddrüse mit der Hormonproduktion beginnt. Aus diesem Grund lautet auch die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), nach Rücksprache mit einem Arzt, in der Schwangerschaft und Stillzeit Jod mit Jodidtabletten von 100 bis 150 µg am Tag zu supplementieren. 

Allergiker, die keine Fischprodukte vertragen oder infolge einer Kuhmilchallergie oder Lactoseintoleranz auf Milchprodukte verzichten, sollten nach Absprache mit dem Arzt gegebenenfalls auf Jodsupplemente zurückgreifen. Das gilt auch für Veganer: Sie sind besonders von einem Jodmangel betroffen, da sie keine maritimen Produkte, Milchprodukte und Eier verzehren. Zudem enthalten die Milchalternativen aus Soja, die Veganer häufig verwenden, Isoflavone. Diese Substanzen beeinträchtigten die Bioverfügbarkeit von Jod. Auch Raucher zählen zur Risikogruppe, da der Zigarettenrauch kropffördernde Substanzen enthält.

Wie kommt es in den Körper?

Jod ist in allen Lebensmitteln enthalten, jedoch oft nur in Spuren. Der Gehalt schwankt allerdings sehr stark in Abhängigkeit vom Jodgehalt im Boden. Deutschland ist ein Jodmangelgebiet, da die Böden nur wenig oder kein Jod enthalten. Abhilfe kann hier nur eine gezielte Lebensmittelauswahl und die Verwendung von Jodiertem Speisesalz schaffen.

  • Jod ist vor allem in Seefisch und maritimen Produkten zu finden, wobei Süßwasserfische deutlich weniger Jod enthalten. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt aus diesem Grund, ein- bis zweimal Seefisch in der Woche auf den Speiseplan zu setzen. Dabei kann je nach Portionsgröße und Fischsorte die Mahlzeit den Jodbedarf für mehr als einen Tag decken.
  • Durch die Fütterung mit jodierten Mineralstoffmischungen bei landwirtschaftlichen Nutztieren enthalten auch Milch und -produkten sowie Eier Jod in größeren Mengen.
  • Die Jodgehalte in der Milch variieren dabei: Biomilch enthält 20 µg je Liter, konventionelle Milch bis zu 200 µg je Liter.
  • Auch in Form von Jodsalz wird das Spurenelement aufgenommen. Jodsalz ist mit Kalium- und NatriumJodid versetzt. Der Gehalt liegt zwischen mindestens 15 Milligramm bis maximal 25 Milligramm Jod je Kilogramm Speisesalz. In dieser Form wird es in der Lebensmittelindustrie eingesetzt und findet sich in Brot und Backwaren sowie Fleisch und Wurstwaren.
  • Vorsicht ist bei der Verwendung von Algen und Algenpräparaten geboten. Sie enthalten bis zu 6500 µg Jod je Kilogramm Trockenprodukt und darüber hinaus Schwermetalle wie Blei, Cadmium, Aluminium und Arsen. Algenpräparate sollten aus diesem Grund nur die maximal empfohlene Verzehrsmenge von 500 µg pro Tag enthalten. Auch frische Algen sind nur bedingt geeignet, da sie keinen standardisierten Jodgehalt aufweisen. Etwas anders sieht es allerdings bei Meersalz aus, das mit Algen mit einem definierten Jodgehalt angereichert wird.
  • Generell gilt: Augen auf beim Salzgebrauch! Speisesalze oder Meersalze enthalten, wenn sie nicht Jodiert sind, nur sehr wenig Jod. Die Menge liegt zwischen 0,1 bis 2 Milligramm je Kilogramm Salz und damit deutlich unter dem Gehalt von Jodiertem Speisesalz.

Die Jodaufnahme wird behindert durch den regelmäßigen und größeren Verzehr von Lebensmitteln, die sogenannte goitrogene («kropfauslösende«) Substanzen enthalten und die Jodaufnahme in der Schilddrüse und so die Bildung und Ausschüttung der Schilddrüsenhormone mindern. Zu diesen Lebensmitteln zählen Kohlgemüse wie Wirsing, Blumenkohl und Kohlrabi. Goitrogene Substanzen finden sich auch in Hirse und Manniok sowie Sojaprodukten (Isoflavone).

Lebensmittelauswahl Anteil Jod in µg je 100 g
Kuhmilch (1,5 und 3,5 % Fett) 11,7
Joghurt 3,5
Feta 78
Mozzarella 150
Appenzeller 35
Bergkäse 40
Kabeljau (Dorsch) 229
Schellfisch 135
Thunfisch 50
Makrele 50
Flunder, geräuchert 63
Matjeshering 63
Garnelen 91
Miesmuschel 151
Forelle 4,6
Karpfen 1,7
Quelle: Die große GU Nährwert Kalorien Tabelle, Ausgabe 2020/21

Achtung, Wechselwirkung!

Es gibt zahlreiche Arzneimittel, zu deren Nebenwirkungen es zählt, Einfluss auf die Schilddrüse zu nehmen. So enthält zum Beispiel das Antiarrhythmikum AmJodaron Jod und das kann zu einer Thyreotoxikose führen. Deshalb ist die halbjährliche Kontrolle des TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon, das in der Hirnanhangdrüse gebildet wird) durch den Arzt unumgänglich. Der TSH-Wert gibt Aufschluss über die Schilddrüsenfunktion.

Die Einnahme von Lithium und KaliumJodid in Kombination kann zu einer Hypothyreose führen. Die Kombination von Jodsupplementen und ACE-Hemmern ist zu vermeiden, da dies zu einer Hyperkaliämie führen kann. Die Wirkung von Warfarin wird durch große Mengen an KaliumJodid herabgesetzt.

Falsch dosiert, was nun?

In Deutschland beträgt der Grenzwert für Jod maximal 500 µg am Tag für Erwachsene. Diese Menge gilt auch für Schilddrüsenerkrankungen wie Morbus Basedow, Hashimoto-Thyreoiditis und einer Hypothyreose. Allein durch die Ernährung ist eine übermäßige Jodzufuhr nicht zu befürchten.

Als akut toxisch gelten mehr als 1 Gramm Jod am Tag. Die Symptome einer solchen Vergiftung sind Brennen im Mund-Rachen-Raum, Übelkeit, Erbrechen, Schläfrigkeit bis hin zum Koma. Über 10 Milligramm Jod am Tag sind chronisch toxisch, allerdings zeigen sich hier ohne Vorerkrankungen keinerlei Krankheitszeichen.

Dagegen gilt es andere Dinge zu beachten, die tatsächlich eine Überversorgung an Jod bedeuten können. Dazu zählen eine akute Hyperthyreose, eine Blockade der Jodaufnahme und eine Überladung an Jod, hervorgerufen durch Jodhaltige Röntgenkontrastmittel, Jodhaltige Medikamente, Jodhaltige Desinfektionsmittel oder den übermäßigen Verzehr Jodhaltiger Algenprodukte. Dies bewirkt eine Jodallergie, die aber keine echte Allergie gegen das Spurenelement selbst, sondern eine Reaktion auf Verbindungen ist, die an das Jod gebunden sind.

Es zählt zu den gängigen Mythen, dass allergische Reaktion auf Jod oder Jodsalz existieren. Gleichermaßen falsch ist auch die Annahme, dass Akne (»Jodakne«) durch Jod in Form von Natrium- oder KaliumJodat hervorgerufen wird.

Gut zu wissen …

Weltweit sind derzeit rund 2 Milliarden Menschen von einem Jodmangel betroffen. Damit zählt der Jodmangel laut DGE zu den häufigsten Ernährungs- und Gesundheitsproblemen.

Seit den 1980er-Jahren wird Jod in der Gastronomie und der Lebensmittelindustrie als sogenanntes Regelsalz eingesetzt. Trotzdem ist die Jodversorgung in Deutschland immer noch nicht optimal, wie aktuelle Studien zeigen. Nur noch circa 30 Prozent der Lebensmittelhersteller verarbeiten Jodiertes Speisesalz. Die Gründe: EU-Handelshemmnisse, Billigimporte von nicht Jodiertem Speisesalz und Preisunterschiede bei normalem und Jodiertem Salz.

Auch bei Schilddrüsenerkrankungen wie Morbus Basedow und einer Hashimoto-Thyreoiditis gilt die Empfehlung, täglich maximal 500 µg Jod aufzunehmen.

In Jodmangelgebieten war Struma von jeher bekannt. Besonders betroffen sind und waren vor allem der Süden Deutschlands und Teile Österreichs wie das Salzburger Land. Um den Kropf zu verstecken, nutzten Frauen früher sogenannte Kropfbänder. Diese wurden Teile der Tracht und sind auch heute noch zu finden, allerdings dienen sie nun als Modeaccessoire.

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