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Wachmacher

Kaffee zeigt Gesund-Effekte

Cappuccino, Latte Macchiato, Espresso oder Filterkaffee – der klassische Wachmacher kommt in unzähligen Varianten daher und zählt in Deutschland zum beliebtesten Heißgetränk. Lange vermuteten Mediziner, dass regelmäßiger Genuss von Kaffee der Gesundheit schadet. Heute deuten Studien dagegen auf positive Effekte hin.
Ulrike Becker
20.08.2019  17:30 Uhr

Kaffee ist eines der weltweit am häufigsten konsumierten Getränke. Befeuert durch den Coffee-to-go-Trend, immer mehr Kaffeespezialitäten und das Comeback kleiner Cafés steigt der Konsum in Deutschland stetig an. Der 2016 herausgegebene Ernährungsbericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) belegt, dass der Kaffeekonsum im Zeitraum von 2004 bis 2014 deutlich zugenommen hat und sich die Bundesbürger pro Kopf und Jahr 162 Liter des Coffein-haltigen Getränks schmecken lassen. Zum Vergleich: Bei Tee beläuft sich der Konsum auf gerade einmal 27,5 Liter pro Kopf und Jahr.

Weltweit bauen rund 50 Länder Kaffeebohnen an. Das wichtigste Anbaugebiet befindet sich in Brasilien. Vietnam, Kolumbien und Indonesien gehören ebenfalls zu den großen Kaffeeproduzenten. Den drei bis acht Meter hoch wachsenden Kaffeebaum zählen Botaniker zur Familie der Rötegewächse (Rubiaceae). Auf den Plantagen wird er zum Strauch gekürzt, damit Arbeiter die reifen Kaffeebohnen besser pflücken können. Die dunkelroten Früchte – auch Kaffeekirschen genannt – entwickeln sich aus weißen Blüten, ihre Samen sind die eigentlichen Kaffeebohnen. Es existieren etwa 70 Kaffeebaumsorten, wirtschaftliche Bedeutung haben mit 99 Prozent der gesamten Produktion jedoch in erster Linie die beiden Sorten Arabica und Robusta. Die milden Arabicabohnen gelten aufgrund des geringeren Säuregehalts als besser verträglich als der würzigere Robustakaffee.

Nach der Ernte breiten die Kaffeepflücker die Bohnen traditionell in der Sonne aus, damit das Fruchtfleisch abtrocknet. Bei der nassen Aufbereitung entfernen dagegen Maschinen das Fruchtfleisch, zusätzlich erfolgt ein Fermentationsprozess für die restliche Ablösung. Aromasäuren entstehen. Dadurch tragen trockene und nasse Verfahren zu unterschiedlichen Geschmacksvarianten bei. Sind die grünlichen Bohnen schließlich geschält, gereinigt und sortiert, kommen sie als Rohkaffee auf den Weltmarkt.

Rösten bringt Aroma

Das Rösten der Kaffeebohnen erfolgt erst nach dem Export. Dieser Prozess bestimmt je nach Intensität, Temperatur und Dauer das entstehende Röstaroma, an dem bis zu 800 Aromastoffe beteiligt sind. Auf den Markt gelangen so zahlreiche Sorten, die die Hersteller zusätzlich durch das Mischen von Bohnen aus unterschiedlichen Anbauländern variieren können. Am beliebtesten bei den deutschen Verbrauchern ist gemahlener Kaffee: 2018 kauften sie insgesamt 190 Millionen Kilogramm, zusätzlich etwa die Hälfte an ganzen Bohnen. Löslicher Kaffee, Pads und die umweltschädlichen Kaffeekapseln machen zusammen noch einmal 98 Millionen Kilogramm an verkauftem Kaffee aus.

Der Geschmack einer Tasse Kaffee wird neben der Ausgangsware und dem Rösten auch durch die Art der Zubereitung, den Mahlgrad der Bohnen, die Zusammensetzung und die Temperatur des verwendeten Wassers sowie nicht zuletzt durch die Dosierung bestimmt. Nach der Aufrüstung vieler Haushalte mit aufwändigen Kaffeevollautomaten geht der Trend aktuell wieder zum mit Hand überbrühten Filterkaffee – in hippen Coffeeshops heute Slow Coffee oder Pour Over Coffee genannt. Trendsetter machen eine eigene Wissenschaft aus dem Prozedere des Überbrühens.

Coffein treibt an

Die Kaffeebohne enthält eine Mixtur aus zahlreichen bioaktiven Inhaltsstoffen, die Einfluss auf den Stoffwechsel nehmen. Dazu zählen Coffein, Chlorogensäure, Kaffeesäure, weitere sekundäre Pflanzenstoffe sowie Mineralstoffe und Vitamine. Eine kleine Tasse (150 ml) enthält beispielsweise etwa 65 Milligramm Kalium und 5 Milligramm Magnesium sowie 1 bis 3 Milligramm des B-Vitamins Nicotinsäure (Niacin).

Die meisten Menschen genießen Kaffee aufgrund seines Coffeingehalts. Das Alkaloid bekämpft Müdigkeit, steigert Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit und soll die Stimmung aufhellen. Ausdauersportler setzen Coffein auch gezielt zur Leistungssteigerung ein. Eine Tasse mit 200 Millilitern Kaffee enthält zwischen 90 und 130 Milligramm Coffein. Die große Schwankungsbreite liegt an dem Einfluss von Sorte, Zubereitungsart, Dosierung und Röstung auf den Coffeingehalt. Coffein wird in Magen und Zwölffingerdarm schnell und nahezu vollständig aufgenommen. Die maximale Blutkonzentration ist 30 bis 60 Minuten nach dem Kaffeegenuss erreicht; die erwünschte Wirkung ist jedoch schon vorher zu spüren. 95 Prozent des Coffeins werden in der Leber verstoffwechselt und nur rund vier Prozent unverändert über den Urin ausgeschieden. Die Halbwertszeit im Stoffwechsel variiert je nach genetischer Veranlagung zwischen drei bis neun Stunden. Das erklärt, warum Kaffee individuell unterschiedlich wirkt. Bei hohem Kaffeekonsum kann zudem ein Gewöhnungseffekt auftreten: Üblicherweise verdrängt Coffein das müde machende Adenosin von seinen Rezeptoren und man fühlt sich wacher. Bei hohem Coffeinkonsum bildet der Körper jedoch zusätzliche Adenosinrezeptoren aus, und die Coffeinwirkung schwächt sich ab.

Gesundheit profitiert

Lange dachten Mediziner, dass Kaffeekonsum der Herzgesundheit schadet. Vermutet wurden ungünstige Auswirkungen auf den Blutdruck, auf den Herzrhythmus oder den Fettstoffwechsel. Immer mehr Ergebnisse lassen inzwischen jedoch darauf schließen, dass regelmäßiger Kaffeekonsum der Gesundheit mehr nutzt als schadet. Darauf wiesen die bereits 2012 veröffentlichten Ergebnisse der großen EPIC-Studie (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition) Deutschland hin, an der mehr als 42.600 Erwachsene aus Potsdam und Heidelberg teilnahmen. Wissenschaftler vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) untersuchten anhand der Daten die Langzeiteffekte von Kaffeekonsum auf die Entstehung chronischer Erkrankungen. Nach im Schnitt neun Jahren schauten sie sich an, wie sich die Krankheitszahlen entwickelt hatten und setzten dies in Beziehung zum Kaffeegenuss.

Menschen, die sehr viel Kaffee tranken, zeigten im Vergleich zu sehr wenig Trinkenden kein höheres Risiko für häufig auftretende chronische Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs. Kaffeetrinken ging vielmehr mit einem geringeren Risiko für Typ-2-Diabetes einher. Wer täglich vier Tassen (über 600 ml) Kaffee trank, verringerte sein Diabetes-Risiko um 23 Prozent im Vergleich zu denjenigen, die weniger als eine Tasse konsumierten. Coffein scheint dafür nicht verantwortlich zu sein, denn auch für den Konsum von entcoffeiniertem Kaffee deutete sich ein ähnlicher Zusammenhang an. Möglicherweise ist die Chlorogensäure aus Kaffee verantwortlich für die günstigen Effekte auf den Insulin- und Blutzuckerspiegel. Diese Verbindung ist offenbar in der Lage, Blutzuckerspitzen zu kappen und starken Schwankungen des Blutzuckerspiegels entgegenzuwirken.

Eine Untersuchung aus dem Jahr 2016 kommt allerdings zu dem Ergebnis, dass dieser positive Effekt sich nicht bei allen Menschen gleichermaßen beobachten lässt. Denn offenbar bestimmen winzige Unterschiede in den Genen darüber, ob sich Kaffee günstig auf das Diabetes-Risiko auswirkt. Diese Erkenntnis stammt von dem Forscherteam um Professor Matthias Schulze von DIfE, das noch einmal Daten von 18.638 Menschen auswertete. Etwa 43 Prozent entwickelten im Laufe der Studie einen Typ-2-Diabetes. Bekannt war den Wissenschaftlern zuvor, dass Träger einer bestimmten Genvariante generell ein höheres Risiko haben, einen Diabetes zu entwickeln. Bei ihnen sank das Erkrankungsrisiko pro täglich konsumierter Tasse Kaffee um bis zu etwa sieben Prozent. Bei denjenigen ohne diese Genkonstellation zeigte der Kaffeekonsum weder positive noch negative Effekte.

Inhaltsstoffe gegen Entzündung

Aufgrund der weltweit großen Zahl an regelmäßigen Konsumenten könnte nach Ansicht britischer Wissenschaftler Kaffee als Gesundheitsfaktor für große Bevölkerungsteile bedeutsam sein. Sie werteten aus diesem Grund 2017 in einer großen Übersichtsstudie noch einmal insgesamt 218 Meta-analysen aus, die sich mit den gesundheitlichen Wirkungen des Kaffeekonsums beschäftigt hatten. Ihre Ergebnisse bestätigen den überwiegend positiven Einfluss auf die Gesundheit. So reduzierten sich die Gesamtsterblichkeit und die Todesfälle nach Herzerkrankungen ebenso wie die Zahl kardiovaskulärer Erkrankungen bei Kaffeetrinkern, die drei bis vier Tassen täglich konsumierten, im Vergleich zu Menschen, die wenig Kaffee trinken. Auch das Krebsrisiko fiel bei regelmäßigem Kaffeekonsum für verschiedene Krebsarten geringer aus. Die Forscher fanden Zusammenhänge bei Prostata-, Endometrium- und Mundkrebs, Melanomen und Nicht-Melanom-Hautkrebs, Leukämie und Leberkrebs. Die Lungenkrebsrate war nur bei nie rauchenden Menschen niedriger. Die Forscher vermuten auch hier, dass Kaffee entzündungshemmende und zellschützende Mechanismen befördert, die der Krebsentstehung entgegenwirken. Es gab allerdings auch eine Assoziation zwischen Kaffeetrinken und einem erhöhten Risiko für Knochenbrüche bei Frauen. Um die genauen Vorgänge im Stoffwechsel zu verstehen, mahnen die Forscher weitere Studien an.

Mehr als 60 Prozent der täglich aufgenommenen Antioxidanzien stammen laut einer norwegischen Studie aus Kaffee. Sie könnten für die positiven Gesundheitseffekte verantwortlich sein, indem sie reaktionsfreudige freie Radikale abfangen und den Körper so vor Zell- und Gefäßschäden schützen. In bedeutsamen Konzentrationen – immerhin etwa 6 bis 10 Prozent des Trockengewichts von Rohkaffee – finden sich vor allem die antioxidativ wirkenden Polyphenole, die auch in zahlreichen Gemüse- und Obstsorten enthalten sind. Einigen sekundären Pflanzenstoffen werden überdies entzündungshemmende Effekte zugeschrieben, beispielweise Chlorogensäure, Kahweol und Cafestol.

Hält das Gehirn fit

Möglicherweise schützt der tägliche Genuss von ein bis zwei Tassen Kaffee sogar das Gehirn langfristig vor einem geistigen Abbau. Auch darauf weisen Veröffentlichungen hin. Offenbar aktiviert Coffein die Nervenzellen der Großhirnrinde, was das Langzeitgedächtnis verbessern, schnellere Reaktionszeiten und eine gesteigerte Konzentration bewirken könnte. Regelmäßig Kaffee trinken ging in Beobachtungsstudien mit einem niedrigeren Risiko für kognitive Störungen einher, insbesondere für Alzheimer-Demenz; Depressionen traten ebenfalls seltener auf. Die Auswertung aktueller Untersuchungen zeigte zudem bei regelmäßigem Kaffeekonsum ein verringertes Risiko für die Parkinson-Krankheit.

Bei zu hohem Konsum wiesen chinesische Wissenschaftler allerdings den gegenteiligen Effekt nach: Sowohl Menschen, die wenig oder gar keinen Kaffee konsumierten, als auch diejenigen, die sich täglich mehr als drei Tassen schmecken ließen, waren häufiger von Demenz betroffen. Ob das aber wirklich nur auf den Kaffeegenuss zurückzuführen ist, ist bislang ebenso unklar wie der mögliche Wirkmechanismus.

Die Negativseite

Der Genuss von Kaffee kann sich allerdings auch nachteilig auswirken. So können bei empfindlichen Menschen durch die Coffeinzufuhr Unruhe, Nervosität, Schlafstörungen, Fingerzittern, Übelkeit oder Erbrechen auftreten. Die antioxidativ wirkenden Polyphenole verschlechtern durch Komplexbildung die Eisenabsorption, Phytate aus der Kaffeebohne behindern die Zinkaufnahme. Daher empfiehlt es sich, Kaffee nicht direkt zu den Mahlzeiten zu trinken. Zudem können die Kaffeeöle Kahweol und Cafestol die Blutkonzentration an LDL-Cholesterol und Triglyceriden erhöhen. Die Pflanzenstoffe lösen sich durch heißes Wasser und lassen sich durch das Filtern des Kaffees deutlich reduzieren. In ungefiltertem Kaffee, wie zum Beispiel in sogenanntem French Press Kaffee oder Espresso, liegen sie in deutlich höheren Konzentrationen vor.

Kaffee stellt darüber hinaus die Hauptquelle für die Aufnahme von Acrylamid dar, das von Risikoexperten als vermutlich krebsfördernd eingestuft wird. Es entsteht während des Röstvorgangs und zählt zu den sogenannten Maillard-Produkten. Unbedenkliche Höchstmengen gibt es nicht, die EU-Kommission hat jedoch Richtwerte für den zulässigen Gehalt in Röst- und Instantkaffee festgelegt. Die von Untersuchungsämtern gemessenen Konzentrationen an Acrylamid lagen bislang unter den Richtwerten. Die unverdaulichen Melanoidine sind ebenfalls zu den Maillard-Produkten zu rechnen. Sie werden im Darm von Bakterien fermentiert und wirken daher ähnlich wie lösliche Ballaststoffe; sie schlagen folglich wiederum auf der Positivseite zu Buche.

Es geht auch ohne

Kaffee macht bei vielen Menschen einen wichtigen Teil der täglichen Flüssigkeitszufuhr aus. Aufgrund der harntreibenden Wirkung von Coffein galt Kaffee lange als »Flüssigkeitsräuber«. Inzwischen ist bekannt, dass Coffein zwar die Durchblutung der Niere anregt und kurzfristig die Harnproduktion stimuliert. Bei regelmäßigen Kaffeetrinkern nimmt die diuretische Wirkung jedoch deutlich ab. Bei einer zu geringen Trinkmenge, starkem Schwitzen, Erbrechen oder Durchfall kann Kaffee jedoch das Flüssigkeitsdefizit des Körpers weiter vergrößern. Auf der sicheren Seite bleibt, wer Kaffee zusätzlich zu den empfohlenen 1,5 Litern Flüssigkeit genießt. Empfehlenswert ist die Tradition aus südlichen Ländern: Zu Espresso oder Cappucino immer ein Glas Wasser trinken.

Festzuhalten bleibt, dass aus gesundheitlicher Sicht nichts dagegenspricht, sich täglich drei bis vier Tassen Kaffee schmecken zu lassen. Im Gegenteil: Es bestätigen sich vielmehr eher positive Effekte. Nur aus gesundheitlichen Gründen braucht aber niemand zum Kaffeetrinker zu werden. Denn die Wirkungen von Kaffee können individuell völlig unterschiedlich ausfallen. Zudem kommt es auf die gesamte Lebensweise an, um Krankheiten wirksam vorzubeugen.

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