Kinder im Lockdown |
Wenn das gemeinsame Spielen und Toben mit Freunden fehlt, kommt bei vielen Kindern Langeweile auf. / Foto: Adobe Stock/farbkombinat
Ein Tag ohne Schule oder Kita. Ohne Treffen mit dem Freundeskreis. Ohne Sport und andere Freizeitaktivitäten. Ein solcher Tag kann ganz schön lang werden. Für die meisten Kinder und Jugendlichen in Deutschland ist das derzeit Alltag. Wie schwierig die Situation für sie ist - diese Frage lässt sich nicht allgemein beantworten. Denn sie ist von verschiedenen Faktoren abhängig: von der Persönlichkeit des einzelnen, vom Alter und vom Umfeld, dem familiären vor allem.
Psychologie-Professorin Silvia Schneider von der Ruhr-Universität Bochum hat mit einer Forschungsgruppe untersucht, wie sich der erste Lockdown im Frühjahr auf Kinder im Vorschulalter ausgewirkt hat. Ihr Ergebnis: Ein Drittel davon zeigte sich in irgendeiner Form verhaltensauffällig, war etwa gereizter oder schlief schlechter als normalerweise. »Ein großer Teil hat das aber mit seinen Familien gut hinbekommen«, sagt die Psychologin.
Problematisch ist die Situation besonders für die Kinder, die ohnehin zu Hause wenig Unterstützung erfahren. Und dabei geht es nicht nur um den Unterricht am Küchentisch, sondern ums Kümmern allgemein: etwa
mit dem Kind über die Situation zu reden, darauf zu achten, dass es sich gesund ernährt und ausreichend bewegt. »Wir haben Fälle, in denen Kinder seit Beginn der Pandemie 30 Kilo zugenommen haben«, berichtet Kinderarzt Jakob Maske, Sprecher des Berliner Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte. Es gebe zudem
mehr Kinder mit Angststörungen, so sein Eindruck und der seiner Kollegen. Maske wünscht sich, dass stärker zwischen den Maßnahmen zur Infektionsbekämpfung und deren Auswirkungen auf Kinder abgewogen werde – auch wenn man deren Folgen statistisch für Deutschland noch nicht belegen könne.
Besonders schwer ist die Situation wohl für Jugendliche. Ein Treffen in Gruppen ist derzeit nicht möglich. Der Umgang mit verschiedenen Freundinnen und Freunden spiele in dieser Findungsphase aber eine große Rolle, erklärt Psychologin Schneider. »In diesem Alter ist es eine wichtige Entwicklungsaufgabe, sich aus seinem gewohnten familiären Umfeld zu lösen.« Der Hamburger Kinder- und Jugendpsychiater Michael Schulte-Markwort ruft dazu auf, jungen Menschen gegenüber besonders nachsichtig zu sein, wenn sie sich einmal nicht an bestimmte Pandemie-Regeln halten. Die Gruppe habe für sie einen herausragenden Stellenwert, sei »Vehikel für Autonomie und Selbstfindung«, so Schulte-Markwort.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.