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Fleischalternativen

Konkurrenz für die Kuh

Sie sehen aus wie eine herzhafte Bratwurst, knusprige Chicken-Nuggets oder ein saftiger Burger, stammen aber nicht vom Tier. Fleischalternativen auf Basis von Soja, Weizen und Co. erweitern die Vielfalt auf dem Speiseplan von Vegetariern und Veganern.
Inka Stonjek
21.07.2021  16:00 Uhr

Weglassen liegt im Trend: Immer mehr Menschen schränken ihren Fleischkonsum ein. Einer Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach zufolge haben sich 2020 rund 6,5 Millionen Menschen in Deutschland als Vegetarier bezeichnet, das sind 23 Prozent mehr als noch 2016. Die Anzahl der Veganer bewegt sich zwar auf niedrigerem Niveau, dafür fällt das prozentuale Plus höher aus. Deren Community ist nämlich im gleichen Zeitraum um 41 Prozent gewachsen und hat 2020 aus 1,1 Millionen Menschen bestanden. Und dann gibt es noch 42 Millionen Flexitarier. Sie wollen weg vom täglichen Billigfleisch-Verzehr hin zum Genuss von hochwertigem Fleisch aus artgerechter Haltung – an wenigen Tagen in der Woche.

Zugegebenermaßen scheint es einen positiven Effekt auf die Gesundheit zu haben, Fleisch vom Speiseplan zu streichen oder zumindest zu minimieren. Wer oft und reichlich Obst und Gemüse isst, hat ein geringeres Risiko, an einem Schlaganfall, koronarer Herzerkrankung oder bestimmten Krebsarten zu erkranken. Die vegane Ernährung scheint sogar vor Typ-2-Diabetes und Bluthochdruck zu schützen, wie Studien nahelegen.

Pudding-Vegetarier?

Trotzdem bedeutet eine vegetarische beziehungsweise vegane Lebensweise nicht, sich zwangsläufig auch gesund zu ernähren. Genau diese Situation beschreibt der Begriff Pudding-Vegetarier: Menschen, die zwar Lebensmittel vom getöteten Tier meiden, ansonsten aber kaum auf eine ausgewogene Ernährung achten. Ihnen sind Vitamine, Mineralstoffe, Ballaststoffe oder Kalorien egal – solange dabei kein Tier zu Schaden kommt.

Erst die geschickte Kombination vieler Lebensmittel liefert alle Nährstoffe in ausreichender Menge, die der Mensch braucht, um körperlich und geistig fit zu sein. Doch selbst dann ist die Versorgung mit bestimmten Nährstoffen nicht zwangsläufig sichergestellt. Vor allem bei einer veganen Ernährung ist die Zufuhr einiger Nährstoffe häufiger unter den Referenzwerten. Dazu gehört beispielsweise Vitamin B12, weil es ausschließlich von Mikroorganismen produziert wird und in einer für den Menschen verfügbaren Form fast nur in tierischen Lebensmitteln vorkommt. Veganer können ihren Bedarf daran nach derzeitigem Kenntnisstand deshalb langfristig nur mit Nährstoffpräparaten decken. Außerdem gehören bestimmte essenzielle Aminosäuren, die langkettigen Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure und Docosahexaensäure, die Vitamine Riboflavin und Vitamin D sowie Calcium, Eisen, Jod, Zink und Selen zu den potenziell kritischen Nährstoffen.

Vegetarier und Veganer müssen ihren Speiseplan aus den übrigen Lebensmitteln besonders sorgfältig zusammenstellen. Um die Referenzwerte nicht alle im Kopf behalten zu müssen, gibt es Modelle, Merksätze und Schaubilder. Sie übersetzen das umfangreiche Fachwissen in leicht verständliche Küchenregeln, die im Alltag einfach umzusetzen sind. Wissenschaftler der Universität Gießen haben speziell für Vegetarier und Veganer eigene Ernährungspyramiden entwickelt. Ihnen liegen optimale Speisepläne zugrunde, die an den offiziellen Referenzwerten ausgerichtet und im Hinblick auf die kritischen Nährstoffe optimiert sind. Auf Basis dieses Speiseplans berechneten die Wissenschaftler schließlich Mengenempfehlungen für neun Lebensmittelgruppen.

Die Basis der Pyramide – und somit den größten Anteil – stellen Wasser und andere alkoholfreie, ungezuckerte Getränke dar. An der Spitze befinden sich Süßigkeiten, Alkohol und Snacks, die wenig oder gar nicht konsumiert werden sollten. Das Herz sind Gemüse, Obst, Vollkorngetreide und Kartoffeln, Nüsse und Samen, Hülsenfrüchte und pflanzliche Öle und Fette. Milchprodukte und Eier sind in der vegetarischen Pyramide berücksichtigt, in der veganen Pyramide finden sich an dieser Stelle die Milchalternativen. Unberücksichtigt ist in der veganen Ernährungspyramide Vitamin B12, das gezielt substituiert werden sollte. Die Ernährungspyramiden gelten für gesunde Erwachsene. Für Schwangere, Stillende, Kinder und Jugendliche sind Anpassungen erforderlich.

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