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Schmerzmittel im Übermaß

Kopfschmerzen durch Arzneimittel

Knapp ein Prozent aller Kopfschmerzen werden durch einen Übergebrauch von Schmerz- und Migränemitteln ausgelöst. Die Leitlinie zur Behandlung dieses Medikamenten-induzierten Kopfschmerzes wurde vor Kurzem aktualisiert. Auch PTA können in der Beratung viel zur Problemlösung beitragen.
Barbara Erbe
23.05.2022  12:00 Uhr

Für viele Betroffene klingt es zunächst absurd: Wer häufig Schmerz- oder Migränemittel einnimmt, kann dadurch mehr Kopfschmerzen bekommen. Experten sprechen von »MOH«, einer Abkürzung für »Medication Overuse Headache«. Betroffen sind davon nach Informationen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DNG) 0,7 bis 1 Prozent aller Kopfschmerzpatienten, oft Frauen mittleren Alters, die Migräne haben.

Ob der Gebrauch von Schmerzmitteln »übermäßig« ist, sei eine Frage der Einnahmehäufigkeit und der Wahl der Medikamente, erklärt DNG-Pressesprecher Professor Dr. Hans-Christoph Diener, der auch an der Leitlinie mitgearbeitet hat. »Bei Schmerzmitteln wie Paracetamol, Acetylsalicylsäure (ASS) oder Ibuprofen sprechen wir von übermäßigem Gebrauch, wenn sie an 15 oder mehr Tagen pro Monat eingenommen werden. Migränemittel wie Triptane und Ergotamine sollte man dagegen nur an maximal zehn Tagen pro Monat einnehmen.« Die Dosis spiele dabei nur eine untergeordnete Rolle, so der Neurologe. »Was wir aber festgestellt haben: Die meisten Menschen mit MOH-Kopfschmerz haben nicht nur ein, sondern verschiedene Schmerz- oder Migränemittel genommen – analgetische Monopräparate lösen die Schmerzen in der Regel nicht aus.«

Obwohl die Ursache der MOH-Kopfschmerzen noch nicht ausreichend geklärt ist, gilt es als wahrscheinlich, dass sich das Nervensystem durch den Übergebrauch an die Medikamente gewöhnt und in der Folge noch empfindlicher auf Schmerzreize und -auslöser reagiert. Arzneimittelbedingte Dauerkopfschmerzen sind meist dumpf und betreffen den gesamten Kopf. Und sie sind chronisch, das heißt, sie machen sich über drei Monate an mehr als 15 Tagen pro Monat bemerkbar. Begleitende Beschwerden, beispielsweise Übelkeit, kommen meist nur dann dazu, wenn zu dem Dauerkopfschmerz auch noch eine Attacke der primär bestehenden Kopfschmerzerkrankung dazukommt.

Ob Patienten Medikamente im Übermaß gebrauchen oder verschiedene Schmerzmittel gleichzeitig einnehmen, zeige sich oft als Erstes in der Apotheke, betont Diener. »Viele Betroffene lassen sich parallel von verschiedenen Ärzten Arzneien verschreiben, beispielsweise vom Hausarzt und vom Neurologen, und kaufen darüber hinaus noch rezeptfreie OTC-Präparate.« Sieht eine PTA Hinweise auf ein solches Verhalten, sollte sie auf jeden Fall das Thema Kopfschmerzen durch Übergebrauch von Schmerz- und Migränemitteln ansprechen, berichtet der ehemalige Leiter des Westdeutschen Kopfschmerzzentrums in der Neurologie des Universitätsklinikums Essen. Viele Menschen wüssten nichts von diesem Phänomen und seien dankbar für solch einen Hinweis. »Fast die Hälfte unserer Patienten im Kopfschmerzzentrum kam während meiner Zeit auf den Rat ihrer Apotheke dorthin.«

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