Leben mit Epilepsie |
Die medikamentöse Therapie der Epilepsie ist vielschichtig. Insgesamt stehen mehr als 20 Wirkstoffe zur Verfügung, die Krampfanfällen vorbeugen können. Bei der Auswahl eines Arzneimittels spiele die Wirksamkeit meist eine untergeordnete Rolle, weil sich die zugelassenen Antikonvulsiva darin nicht relevant voneinander unterscheiden, heißt es in der Leitlinie. Es gilt, die individuelle Situation des Patienten sowie Pharmakokinetik, Langzeiteffekte und Interaktionspotenzial des jeweiligen Wirkstoffs zu berücksichtigen.
Grundsätzlich beginnt die Behandlung mit einer Monotherapie. Wenn diese nicht zu Anfallsfreiheit führt oder beeinträchtigende Nebenwirkungen auftreten, wird in der Praxis üblicherweise ein zweites, später eventuell als alternative Monotherapie geplantes Medikament hinzugegeben. Bei Anfallsfreiheit kann diese Kombinationstherapie fortgesetzt werden. Bei Unverträglichkeit kann zu einer Monotherapie mit dem zuletzt hinzugegebenen Medikament übergegangen werden. Prinzipiell gilt: Polytherapien mit drei oder mehr Medikamenten sind möglichst zu vermeiden.
Der Leitlinie zufolge sind Lamotrigin und Levetiracetam die bevorzugten Mittel der Wahl bei fokalen Epilepsien. Alternativ stehen Carbamazepin, Gabapentin, Lacosamid, Oxcarbazepin, Topiramat, Valproinsäure oder Zonisamid zur Verfügung. Da Carbamazepin ein Enzyminduktor ist, sollte es nachrangig eingesetzt werden, ebenso Valproinsäure, die problematisch in der Schwangerschaft ist. Für die Behandlung generalisierter Anfälle kommen bevorzugt Valproinsäure, Topiramat, Ethosuximid, Levetiracetam und Lamotrigin infrage.
Die Pharmakokinetik und das teils große Potenzial für Interaktionen – vor allem der älteren Wirkstoffe – spielt eine wichtige Rolle bei der Epilepsietherapie. Carbamazepin, Phenobarbital, Primidon und Phenytoin etwa sind starke CYP450-Enzyminduktoren, Oxcarbazepin und Topiramat etwas schwächere. Durch die Enzyminduktion sinkt die Wirksamkeit anderer, häufig verwendeter Arzneistoffe teils stark ab, sodass die gleichzeitige Einnahme schwierig oder nicht möglich ist. Dazu gehören zum Beispiel einige Betablocker (wie Propranolol, Metoprolol), Calcium-Antagonisten (wie Nifedipin, Felodipin) und Antiarrhythmika (wie Amiodaron), bestimmte Statine (Simvastatin, Atorvastatin, Lovastatin) sowie viele Antidepressiva (trizyklische Antidepressiva, Mianserin, Bupropion, SSRI, SNRI) und Neuroleptika (Haloperidol, Clozapin, Olanzapin, Risperidon, Quetiapin, Ziprasidon).
Diese Antiepileptika beschleunigen den Abbau von Medikamenten über das Enzymsystem CYP450 und haben damit ein hohes Potenzial für Arzneimittelinteraktionen:
Valproinsäure ist ein Enzymhemmer; die anderen Antikonvulsiva haben kein erhöhtes Wechselwirkungspotenzial.
Wichtig für Frauen im gebärfähigen Alter: Aufgrund der Enzyminduktion werden auch die Hormone hormoneller Kontrazeptiva beschleunigt abgebaut. Patientinnen, die auf die entsprechenden Antikonvulsiva angewiesen sind, müssen für eine sichere Verhütung eine Barrieremethode wie Kondome oder ein Diaphragma verwenden. Auch Kupferspiralen und Hormonspiralen, die Levonorgestrel abgeben, sind geeignet, da deren Wirksamkeit durch enzyminduzierende Antiepileptika nicht beeinträchtigt wird.