Magnesium: Energieaktivator und Anti-Stress-Mineral |
Kerstin Pohl |
11.12.2020 08:30 Uhr |
Besonders viel Magnesium ist in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten. Vollkornprodukte sind dabei die Spitzenreiter. / Foto: Getty Images/Westend61
Quantitativ gesehen, ist Magnesium im Körper eher wenig vertreten. So beträgt der Körperbestand bei Neugeborenen noch nicht einmal 1 Gramm (0,7 Gramm). Bis zum Erwachsenenalter hat sich dieser dann auf circa 25 Gramm erhöht.
Dafür sind die Aufgaben dieses Mineralstoffs aber qualitativ sehr bedeutsam: Es ist als Cofaktor an über 600 Enzymreaktionen beteiligt. Besonders aktiv ist es im Energiestoffwechsel und in der Synthese von Nukleinsäuren. Es dient der Mineralisation von Knochen und Zähnen, der Reizübertragung an den Synapsen der Nervenzellen und der Muskelkontraktion.
Magnesium beeinflusst außerdem die Kaliumkanäle am Herzmuskel und damit auch die Herztätigkeit. Der Mineralstoff findet sich zu 60 Prozent in den Knochen und dient dort als Speicher, der bei Bedarf mobilisiert werden kann. 30 Prozent sind in der Muskulatur deponiert. Nur 1 Prozent findet sich im Extrazellulärraum. Der Rest ist im Intrazellulärraum enthalten.
Magnesium wird oft als physiologischer Gegenspieler von Calcium bezeichnet, da die Wirkungen von Magnesium auf seine Ähnlichkeit mit Calcium zurückzuführen sind. Aufgrund seiner vielfältigen Aufgaben wird das Mineral als regelrechte Wunderwaffe bei vielen Stoffwechselerkrankungen und auch psychischen Störungen empfohlen, obwohl zumeist die entsprechende Studienlage nicht gegeben ist (siehe unter »Gut zu wissen …«).
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für Männer täglich 350 mg Magnesium, für Frauen 300 mg.
Alter | Magnesium mg/Tag | Magnesium mg/Tag |
---|---|---|
männlich | weiblich | |
SÄUGLINGE | ||
0 bis unter 4 Monate (Schätzwert) | 24 | 24 |
4 bis unter 12 Monate | 80 | 80 |
KINDER UND JUGENDLICHE | ||
1 bis unter 4 Jahre | 170 | 170 |
4 bis unter 7 Jahre | 190 | 190 |
7 bis unter 10 Jahre | 240 | 240 |
10 bis unter 13 Jahre | 260 | 230 |
13 bis unter 15 Jahre | 280 | 240 |
15 bis unter 19 Jahre | 330 | 260 |
ERWACHSENE | ||
19 bis unter 25 Jahre | 350 | 300 |
25 bis unter 51 Jahre | 350 | 300 |
51 bis unter 65 Jahre | 350 | 300 |
65 Jahre und älter | 350 | 300 |
SCHWANGERE | – | 300 |
STILLENDE | – | 300 |
Magnesium ist generell kein Mangel-Mineralstoff und die tägliche Zufuhrempfehlung der DGE von 300 mg für Frauen beziehungsweise 350 mg für Männer wird meist erreicht.
Mangelsymptome sind allein durch Fehler in der Ernährung kaum möglich und zunächst auch sehr unspezifisch. Sie äußern sich in Müdigkeit, Depressionen und Muskelschwäche, Kribbeln und Taubheitsgefühl in den Muskeln sowie einem Absinken der Körpertemperatur.
Als klassisch für einen Magnesiummangel gelten nächtliche Wadenkrämpfe. Diese werden häufig auf einen Magnesiummangel zurückgeführt, was aber nicht immer zutreffend ist, da solche Krämpfe viele Ursachen haben können wie zum Beispiel auch eine Unterfunktion der Schilddrüse, Diabetes mellitus oder aber spezifische Krankheiten des Nervensystems.
Wenn ein Mangel manifest wird, treten im späten Stadium Krankheitszeichen wie eine Hypokaliämie, Tremor, Muskelspasmen, Tetanie, Arrythmien, Appetitverlust, Übelkeit, Erbrechen und psychische Auffälligkeiten auf.
Ein schwerer Magnesiummangel zeigt sich in neuromuskulären Störungen bis hin zur Tetanie sowie Funktionsstörungen der Herz- und Skelettmuskulatur.
Foto: Getty Images/fcafotodigital
• Magnesium
• Cofaktor für über 300 Enzymreaktionen, Mineralisation von Knochen und Zähnen, Reizübertragung an Nervenzellen, Muskelkontraktion, beeinflusst Herztätigkeit
• in pflanzlichen Lebensmitteln: Vollkorn, Kartoffeln, einige Gemüse- und Obstsorten, Nüsse, Mineralwasser, hartes Leitungswasser
• Tagesbedarf: Männer 350 mg , Frauen 300 mg
• Besonderheit: Gegenspieler von Calcium
• Magnesium je 100 g: Mehrkornbrot 70 mg, Brokkoli 23 mg, Grüne Erbsen 33 mg, Kartoffel 20 mg
Personen, die an einer Nierenerkrankung leiden oder Diuretika einnehmen, scheiden vermehrt Magnesium mit dem Urin aus und geraten so in ein Defizit. Das kann so weit gehen, dass das Zentralnervensystem beeinträchtigt wird und Muskellähmungen auftreten.
Magen-Darm-Erkrankungen wie Diarrhöe, Morbus Crohn, Zöliakie oder Kurzdarmsyndrom können gleichermaßen zu einem starken Absinken des Magnesiumhaushaltes führen.
Alkoholiker sind ebenfalls betroffen: Alkohol gilt als Magnesiumräuber, da er bei einer übermäßigen Aufnahme zu einer gesteigerten Ausscheidung über die Nieren, einer Minderung der Nährstoffaufnahme im Darm beziehungsweise zu spezifischen Stoffwechselstörungen führen kann.
Auch Senioren gehören zur Risikogruppe, da sie oft mangelhaft ernährt sind und zudem zahlreiche Medikamente einnehmen.
Einen erhöhten Magnesiumbedarf haben Leistungssportler und Hitzearbeiter, die über den Schweiß große Mengen an Elektrolyten verlieren.
Fast alle Lebensmittel enthalten Magnesium in mehr oder weniger großen Mengen. Der Mineralstoff ist aber vor allem in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten. Dabei weisen Vollkornprodukte einen höheren Gehalt als Weißmehlprodukte auf.
Weitere nennenswerte Quellen sind Kartoffeln und Gemüse wie Bohnen, Erbsen, Grünkohl und Kohlrabi. Auch Beerenobst und Bananen tragen ebenso wie Nüsse, Sonnenblumen- und Kürbiskerne, Sesam- und Leinsamen zur täglich notwendigen Zufuhr bei.
Kleinere Mengen sind in Milch und ihren Produkten sowie in Leber, Geflügel und Fisch enthalten. Auch Kaffee und Tee enthalten Magnesium.
Mineralwasser kann ebenfalls zur täglichen Bedarfsdeckung beitragen. Es darf als magnesiumhaltig beworben werden, wenn mindestens 50 mg Magnesium je Liter enthalten sind. Aber auch »normales« und vor allem »hartes« Leitungswasser sind geeignet, da mit zunehmendem Härtegrad auch der Magnesiumgehalt steigt.
Mineralwasser | |
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Brohler Classic Mineral- und Heilbrunnen | 78 mg je Liter |
Kaiser Friedrich Quelle | 90 mg je Liter |
Rosbacher Klassisch | 93 mg je Liter |
Apollinaris | 110 mg je Liter |
Adelheidquelle | 102 mg je Liter |
Gerolsteiner Medium oder Sprudel | 108 mg je Liter |
Heppinger | 165 mg je Liter |
Generell gilt, dass mehrere kleine Mengen Magnesium besser resorbiert werden als das der Fall bei einer einmaligen größeren Menge ist. Deshalb sollten die magnesiumreichen Lebensmittel auf mehrere Portionen, mindestens zwei am Tag, verteilt werden.
Das gilt auch für die Einnahme von Magnesiumpräparaten. Das Resorptionsvermögen ist unabhängig davon, in welcher Verbindung Magnesium vorliegt (Magnesiumoxid, Magnesiumcarbonat oder Magnesiumcitrat).
Manche Nahrungsbestandteile können die Magnesiumaufnahme behindern, wie große Mengen an Ballaststoffen. Eine geringe Zufuhr an Eiweiß kann die Magnesiumverwertung ebenso wie eine zu hohe Zink-Aufnahme negativ beeinflussen.
Nahrungsmittel | |
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Kuhmilch | 12 mg je 100 Gramm |
Joghurt | 14 mg je 100 Gramm |
Blumenkohl | 17 mg je 100 Gramm |
Brokkoli | 23 mg je 100 Gramm |
Grüne Erbsen | 33 mg je 100 Gramm |
Kohlrabi | 43 mg je 100 Gramm |
Spinat | 58 mg je 100 Gramm |
Kartoffel | 20 mg je 100 Gramm |
Naturreis | 119 mg je 100 Gramm |
Roggenbrot | 35 mg je 100 Gramm |
Weizenmischbrot | 40 mg je 100 Gramm |
Grahambrot | 42 mg je 100 Gramm |
Mehrkornbrot | 70 mg je 100 Gramm |
Zahlreiche Medikamente interagieren mit Magnesium. Dabei kann es zu einer Verringerung der Resorption aus dem Darm beziehungsweise zu einer Steigerung der Ausscheidung über die Niere kommen.
Die Einnahme von Diuretika, Protonenpumpeninhibitoren (PPI), ACE-Hemmern oder Laxanzien kann mit einer Hypomagnesiämie einhergehen. Bei der gleichzeitigen Einnahme von Antibiotika und Magnesium kann es durch Komplexbildung zur Minderung bis hin zur Wirkungslosigkeit der Antibiotika kommen. Das betrifft die Tetracycline (wie Doxycyclin, Minocyclin, Tetracyclin) und die Gyrasehemmer (wie Norfloxacin, Ciprofloxacin, Levofloxacin, Ofloxacin). Deshalb am besten einen dreistündigen Einnahmeabstand einhalten.
Beim längerfristigen Einsatz dieser Präparate wird eine Supplementierung von Magnesium, bei Diuretika zusätzlich auch die Einnahme von Kalium empfohlen, da die Hypomagnesiämie vermutlich auf eine funktionelle Kopplung der Kalium- und Magnesium-Ausscheidung zurückzuführen ist.
Auch die Einnahme der Anti-Baby-Pille kann mit einem generellen Vitalstoff- und insbesondere Magnesium-Mangel einhergehen, sodass bei entsprechenden Symptomen gegebenenfalls gegengesteuert werden muss.
Kritisiert wird, dass Magnesiumpräparate oft viel zu hoch dosiert sind. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gibt 250 Milligramm (mg pro) Tag als Höchstdosis in Nahrungsergänzungsmitteln an. Bei höheren Dosen treten als Nebenwirkungen Durchfall und Magen-Darm-Beschwerden auf, die aber nach kurzer Zeit wieder verschwinden und keine dauerhaften Schäden verursachen.
Für Kleinkinder bis 4 Jahre gibt das BfR keine Empfehlung, da hierzu keine Daten vorliegen. Die Präparate sind für diese Altersgruppe nicht geeignet und müssen deshalb auch eine entsprechende Kennzeichnung aufweisen.
Magnesium gilt häufig als Allzweckwaffe, und man erhofft sich positive Wirkungen bei zahlreichen Stoffwechselstörungen und auch psychischen Erkrankungen. Tatsächlich ist das Wunschdenken mit Blick auf mögliche Indikationen größer als die tatsächliche Studienlage.
Ob Morbus Parkinson, COPD, Depressionen oder die Prävention von Schlaganfällen: Eine Effektivität von Magnesium konnte bislang nicht schlüssig nachgewiesen werden. Deshalb gibt es hier auch keine Anwendungsempfehlungen.
Unschlüssig ist zudem, ob positive Effekte nur allein dem einen spezifischen Mineralstoff zugeschrieben werden können oder ob sie nicht eher auf ein Zusammenwirken verschiedener Stoffe zurückzuführen sind.
Bei Schwangeren, die unter einer Präeklampsie leiden, kann die intravenöse Gabe von Magnesiumsulfat zur Krampfprophylaxe angezeigt sein. Etabliert ist der Einsatz von Magnesiumsulfat i.v. auch zur fetalen Neuroprotektion bei einer drohenden Frühgeburt.
Diskutiert wird zudem, dass die vorbeugende Einnahme von Magnesium die Anfallshäufigkeit, Dauer und Stärke von Migräneattacken reduzieren kann.