Mehr Winterblues und Depressionen durch Corona |
Ängste, allgemeines Stressgefühl und Depressionen haben in der Krise »signifikant zugenommen«. Viel Tageslicht und regelmäßige Bewegung an der frischen Luft können hier Abhilfe schaffen. / Foto: Adobe Stock/fizkes
Eine Hoffnung gibt es: «Wir werden diesen Winter überstehen, der Frühling wird kommen», sagt Ralph Schliewenz vom Berufsverband Deutscher Psychologen in Berlin. Aber bis dahin? Niemand weiß, wie lange der Teil-Lockdown am Ende dauern wird, viele Menschen arbeiten im Homeoffice, man sieht sich immer seltener. Und wenn dann noch das Schmuddelwetter einsetzt, mit grau verhangenem Himmel und wenig Sonne, schlägt das vielen Menschen auf die Stimmung.
»Corona macht Stress« betont der Experte. Und: »Ich gehe davon aus, dass wir am Anfang eines Pandemie-Jahrzehnts stehen.« Gute Aussichten. Optimistischer allerdings beurteilt er die Fähigkeiten der Menschen, mit der Pandemie und ihren Folgen umzugehen. Menschen seien so programmiert, »dass es weiter geht, dass wir Lösungen finden«. Lösungen finden, das ist nicht einfach, wenn man gerade mit schlechter Stimmung kämpft und grübelt.
Denn: »Depressive leiden deutlich stärker«, sagt Detlef Dietrich, Ärztlicher Direktor und leitender Arzt der Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie der Burghof-Klinik in Rinteln. Ärzte in China hätten schon in der ersten Phase der Corona-Pandemie häufiger Ängste, Depressionen und Schlafstörungen festgestellt, eine österreichische Studie gehe gar von einer Verfünffachung der depressiven Störungen aus.
Das im November veröffentlichte «Deutschland-Barometer Depression» der Stiftung Deutsche Depressionshilfe ergab, dass im Frühjahr fast jeder zweite dieser Patienten Einschränkungen bei der Behandlung erlebte - wegen ausgefallener Arzttermine oder Klinik-Aufenthalte. Das könnte sich jetzt wiederholen. Laut Barometer empfanden 74 Prozent der Menschen mit Depressionen den Lockdown im Frühjahr als bedrückend, in der Bevölkerung insgesamt waren es 59 Prozent.
Im Teil-Lockdown hätten depressiv Erkrankte mehr Zeit zum Grübeln und könnten noch tiefer in die Depression geraten. Dietrich geht davon aus, dass jährlich bis zu 800.000 Menschen in Deutschland eine Winterdepression entwickeln - das mache etwa ein Fünftel der Gesamtzahl der Depressionsfälle in Deutschland aus.