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NSAR

Mit »Blockbuster-Interaktionen« umgehen

Nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen und Co. – die »Blockbuster« der Selbstmedikation – passen oft nicht mit Herz-Kreislauf-Medikamenten wie Blutdrucksenkern oder Gerinnungshemmern zusammen. Wie PTA souverän mit den Interaktionen umgehen können, erläuterte Apothekerin Charlotte Feige beim Westfälisch-Lippischen Apothekertag.
Juliane Brüggen
29.03.2023  10:00 Uhr

Oftmals nicht als hoch relevant angesehen, kann die Interaktion zwischen NSAR und kardiovaskulären Medikamenten doch folgenreich sein: Die beiden Arzneistoffgruppen sind am häufigsten an interaktionsbedingten Hospitalisierungen beteiligt. »NSAR stehen ganz oben auf der Liste«, wie Feige betonte. Als Kernbotschaft brachte sie mit, jeden Patienten individuell zu betrachten: »Manchmal kommt es nicht darauf an, welche Arzneistoffe miteinander kombiniert werden, sondern vielmehr darauf, welche Risikofaktoren der Patient mitbringt.«

Sämtliche Nebenwirkungen und Interaktionen der NSAR, zu denen unter anderem Ibuprofen, Acetylsalicylsäure (ASS), Diclofenac und Naproxen zählen, lassen sich auf ihren Wirkmechanismus zurückführen. Die Arzneistoffe hemmen Cyclooxygenasen (COX) – die Enzyme, mithilfe derer Prostanoide wie Prostaglandin E2, Prostacyclin (PGI2) und Thromboxan B2 produziert werden können. Die Gewebshormone sind maßgeblich am Entzündungs-, Schmerz- und Fieberprozess beteiligt, was die Indikation der NSAR erklärt. COX und Prostanoide spielen aber auch in Thrombozyten, Niere, Magen und Gefäßendothel eine tragende Rolle.

Lokalisation COX-1 (konstitutiv exprimiert) COX-2 (konstitutiv exprimiert und induzierbar)
Thrombozyten Thrombozytenaggregation
Niere Blutfluss in der Niere, glomeruläre Filtrationsrate (GFR), gesteigerte Diurese Blutfluss in der Niere, GFR, gesteigerte Diurese
Magen erhöhte Magensaftsekretion, schützender Effekt auf Zellen (Zytoprotektion) Abheilung von Ulzerationen
Gefäßendothel Gefäßerweiterung (Vasodilatation) Vasodilatation
Effekte, die über COX-1 und COX-2 vermittelt werden. Die typischen NSAR hemmen beide Enzyme gleichermaßen.

NSAR + Antihypertensiva

Sind die Cyclooxygenasen durch NSAR gehemmt, kann der Effekt einiger Antihypertensiva vermindert sein. Besonders ACE-Hemmer wie Ramipril und Angiotensin-1-Rezeptor-Antagonisten (Sartane) sind von der Interaktion betroffen, da sie über die Niere wirken. »Hier haben wir die meisten Überschneidungspunkte und das größte Interaktionspotenzial«, so Feige. Nicht so stark, aber ebenfalls relevant ist der Effekt auf die Blutdrucksenkung durch Diuretika und Betablocker. Von der gleichzeitigen NSAR-Gabe unbeeindruckt bleiben Calciumkanalblocker wie Amlodipin oder Lercanidipin. »Sie haben wenig Berührungspunkte mit der Prostaglandinsynthese oder Prostaglandinen«, erklärte die Apothekerin.

Sind Ibuprofen und Co. also ein No-Go für Patienten unter blutdrucksenkender Therapie? »Es ist immer eine Nutzen-Risiko-Abwägung. Aber wenn ein NSAR, dann sind Ibuprofen und Naproxen die Mittel, die man ganz gut einsetzen kann.« Kurzfristig seien keine klinisch relevanten Nebenwirkungen eines zeitweise erhöhten Blutdrucks zu erwarten, so Feige. So gilt laut ABDATA-Informationen für ACE-Hemmer und NSAR ein Zeitraum von 1 bis 2 Wochen als unkritisch. Dieses Limit sollte Bluthochdruck-Patienten, die NSAR in der Selbstmedikation einsetzen, klar kommuniziert werden. Ein weiterer Tipp der Apothekerin: Den Blutdruck während NSAR-Einnahme regelmäßig kontrollieren.

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