Mundspülung mit Lokalanästhetikum und Glucocorticoid |
Eine Chemo- oder eine Strahlentherapie führt häufig zu äußerst schmerzhaften Läsionen in der Mundschleimhaut. / Foto: Adobe Stock/Katarzyna Bialasiewicz Photographee.eu
PTA Gabi Galenik bekommt von einem Kunden das abgebildete Rezept gereicht, mit der Bitte, die Lösung so schnell wie möglich fertigzustellen. Er hat Schmerzen im Mund, berichtet er. Gabi erinnert sich, dass sie vor längerer Zeit eine ähnliche Lösung mit Lidocainhydrochlorid hergestellt hat und weiß noch, dass mit Wärme gearbeitet werden musste, was die Herstellungszeit entsprechend verlängert. Da auch eine neue Plausibilitätsprüfung durchgeführt werden muss, lässt Gabi sich die Telefonnummer geben und verspricht anzurufen, sobald das Präparat fertig ist.
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Als Gabi mit der Nachforschung für die Plausibilitätsprüfung beginnt, ahnt sie bereits, dass von der Verwendung eines Fertigarzneimittels abgeraten werden wird, weil die exakte Zusammensetzung mit allen Konzentrationen im Normalfall nicht bekannt ist. Gabi schaut sich zunächst den Rezepturhinweis »Mundspülungen« auf der Webseite des DAC/NRF an. Dort findet sie den erwarteten Hinweis. Es werden verschiedene Mundspülungen beschrieben, die teilweise mehrere Fertigarzneimittel kombinieren. Die Zusammensetzung kann besonders bei der Kombination mehrerer Fertigarzneimittel komplex werden, was eine Beurteilung von Kompatibilität und Stabilität erschwert. Unter Umständen kann durch die Verdünnung die wirksame Konzentration der Wirkstoffe unterschritten werden. Der Rezepturhinweis erwähnt alle drei auf dem Rezept gewünschten Arzneimittel, aber nicht in dieser speziellen Kombination.
Zur Prophylaxe und lokalen Therapie schmerzhafter Entzündungen der Mundschleimhaut bei Chemotherapie oder Strahlenbehandlung werden Entzündungshemmung, wundheilungsfördernde Wirkstoffe und Lokalanästhesie eingesetzt. Die verordnete Mundspülung würde alle drei Bereiche abdecken. Eine Erwähnung des Rezepturhinweises »Hydrocortison und seine Ester« bringt Gabi weiter. Hier findet sie die Bewertung von Rezepturformeln, die alle drei Wirkstoffe enthalten, allerdings immer in Kombination mit weiteren Inhaltsstoffen. Hydrocortisonacetat ist ein schwach wirksames Glucocorticoid (Wirkstärkeklasse I). In der Mundspülung wird es als entzündungshemmendes Mittel eingesetzt. Es ist praktisch unlöslich in Wasser, liegt in der gewünschten Zubereitung also suspendiert vor. Die Partikel sollen sich bei Anwendung in den Zahnzwischenräumen ablagern, was eine längere Verweilzeit gewährleistet, in diesem Fall also erwünscht ist.
Tetracainhydrochlorid wird recht ausführlich behandelt. Es findet beispielsweise Verwendung in einer Mundspülung des Universitätsklinikums Essen, die aber wegen eines nicht mehr erhältlichen Fertigarzneimittels nicht hergestellt werden kann. Das Prinzip ist das gleiche wie in der vorliegenden Spülung, fügt aber ein paar Substanzen hinzu. Der Rezepturhinweis rät allerdings dazu, das Lokalanästhetikum wegen seiner relativ hohen Toxizität gegen einen weniger problematischen Stoff wie Lidocainhydrochlorid auszutauschen. Tetracain soll nur in Ausnahmefällen nach gründlicher Nutzen-Risiko-Bewertung verwendet werden. Unter Umständen kann dies nötig sein, wenn andere Wirkstoffe keine ausreichende Wirkung erzielen.
In diesem Zusammenhang verweist der Rezepturhinweis auf die Vorschrift »Hydrocortisonacetat-Suspension 0,5 % mit Lidocainhydrochlorid und Dexpanthenol« (NRF 7.14.). Die Vorschrift wäre eine hervorragende Alternative, wenn keine Gründe dagegen sprechen, die Gabi zurzeit nicht kennt.
Gabi schlägt die Vorschrift nach. Dort findet sie eine Gebrauchsanweisung, die auf dem Rezept fehlt, und natürlich eine detaillierte Herstellungsanweisung. Gabi bespricht sich mit der diensthabenden Apothekerin und gemeinsam beschließen sie, den Arzt anzurufen und zu fragen, ob er mit der neuen Rezepturvorschrift einverstanden wäre. Der Arzt greift die Idee gern auf, bestätigt die Gebrauchsanweisung und verspricht, ein neues Rezept auszustellen.
Hydrocortisonacetat 0,5 g
Lidocainhydrochlorid-Monohydrat 1,0 g
Dexpanthenol-Stammlösung 50 % (Vorschrift S.36.) 10,0 g
Natriummonohydrogenphosphat-Dodecahydrat 0,05 g
Macrogol-40-glycerolhydroxystearat 0,2 g
Propylenglykol 38,0 g
Pfefferminzöl 0,15 g
Gereinigtes Wasser zu 100,0 g
3 x tägl. 15 ml in ein Glas Wasser (200 ml) geben, mit der verdünnten Suspension spülen und ausspucken. Nicht nachspülen.
Das Propylenglykol wird hauptsächlich als Lösemittel für das Hydrocortisonacetat eingesetzt. Durch Wasserzugabe fällt das Glucocorticoid feindispergiert aus und lässt sich später gut aufschütteln. Die feine Partikelgröße ist außerdem vorteilhaft für die gewünschte Anwendung. Allerdings schmeckt Propylenglykol schlecht, was aber durch die Verdünnung vor Gebrauch etwas abgemildert wird. Das bittere Glucocorticoid trägt ebenfalls zu einem schlechten Geschmack bei. Das Pfefferminzöl wird verwendet, um den Geschmack zu kaschieren. Damit sich der Arzneistoff löst, wird er gemeinsam mit dem Propylenglykol auf 90 °C erhitzt, bis die Lösung klar ist. Bei Abkühlung fällt er feindispers aus und bildet eine Trübung.
In einem zweiten Ansatz werden Macrogol-40-glycerolhydroxystearat und das Pfefferminzöl gemischt. Anschließend gibt die PTA das Wasser, das Lidocainhydrochlorid-Monohydrat und die Dexpanthenolstammlösung hinzu. Es wäre auch möglich, Dexpanthenol-Substanz zu verwenden, doch Gabi findet die Stammlösung praktischer.
Nachdem beide Ansätze gemischt wurden, misst Gabi den pH-Wert der Suspension. Fällt der pH-Wert zu niedrig aus, kann er mit Natriummonohydrogenphosphat-Dodecahydrat auf pH 6,0 bis 6,5 angehoben werden. Die Suspension muss gleichmäßig milchig trüb aussehen. Ein feiner Niederschlag darf sich absetzen.