Muskelschwund nicht nur im Alter |
Mit gezieltem Krafttraining wird versucht, die Beschwerden zu lindern und das Fortschreiten zu verlangsamen. / Foto: Shutterstock/Lopolo
Wer einmal einen Gipsverband getragen hat, weiß, wie schnell der Körper Muskeln abbaut. Von diesem Phänomen sind auch bettlägerige Patienten betroffen, Menschen, die an den Folgen eines Schlaganfalls oder chronischen Schmerzen leiden und sich infolgedessen nur eingeschränkt bewegen können, oder Astronauten in Schwerelosigkeit. Der natürliche Verlust an Muskelmasse im Alter, die Sarkopenie, wird ebenfalls durch mangelnde Bewegung und Immobilisation ausgelöst und durch eine häufig bei Senioren auftretende Mangelernährung verstärkt. Auch bei jungen gesunden Menschen baut der Köper Muskelgewebe ab, wenn sie lange fasten oder die Zufuhr wichtiger Nährstoffe fehlt. Patienten, die an auszehrenden Krankheiten wie Krebs oder AIDS leiden, verlieren infolgedessen an Muskelmasse. Ursachen, die den Muskel direkt oder sekundär betreffen, zählen zu den neuromuskulären Erkrankungen.
Bei den neuromuskulären Erkrankungen unterscheiden Ärzte zwischen Muskeldystrophien und Muskelatrophien. Die erstgenannten sind myogene, das heißt direkt den Muskel betreffende Erkrankungen. In der Muskelzelle fehlt ein Schlüsselprotein für seine Funktion, das Dystrophin. In der Folge verliert die Zelle an Stabilität und ihre Inhaltstoffe können entweichen, während schädigende Stoffe ins Innere gelangen. Langfristig geht die Zelle dadurch zugrunde. Bei Muskelatrophien sind hingegen ursächlich die Nerven geschädigt, die die Muskelzellen ansteuern. Das Muskelgewebe wird nicht mehr ausreichend stimuliert und bildet sich zurück.
Viele primäre Muskelerkrankungen sind erblich bedingt wie die Myotone Muskeldystrophie Curschmann-Steinert (DM1), die Duchenne-Muskeldystrophie (DMD) oder die Muskeldystrophie Becker-Kiener (BMD). Schätzungen zufolge sind von einem solchen genetischen Muskelschwund in Deutschland von 50.000 bis 300.000 Menschen betroffen, exakte Zahlen gibt es aber nicht.
»Die erblich bedingten Formen sind unter den Muskelerkrankungen aber eher selten«, erklärt Dr. med. Stephan Wenninger, Facharzt für Neurologie und Palliativmedizin am Friedrich-Baur-Institut des LMU Klinikums München, im Gespräch mit dem PTA-Forum. Ebenfalls selten, aber häufiger als erbliche Erkrankungen sind immunogen bedingte neuromuskuläre Erkrankungen. Ein Beispiel für eine Autoimmunerkrankung der Nerven ist das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) und für die Muskeln die Dermatomyositis.