Narkotikum und Mordgift aus dem Mittelalter |
Katja Egermeier |
29.06.2021 08:30 Uhr |
Die gesamte Pflanze ist zottig, klebrig behaart, riecht unangenehm und kann eine Höhe von bis zu 80 cm erreichen. Die länglichen Laubblätter sind buchtig gezähnt, im unteren Teil der Pflanze in der Regel gestielt, während sie weiter oben jedoch ungestielt am Stängel sitzen und diesen zuweilen auch umfassen. Die Blüten sind schmutzig-gelb, violett geadert und gründen in einem meist violetten Blütenschlund. In seltenen Fällen ist dieser auch rein gelb. Nach der Blütezeit von Juni bis Oktober entwickelt sich eine eiförmige, circa 1,5 Zentimeter lange Deckelkapsel, die vom Kelch umschlossen wird und mehrere Hundert, nur etwa einen Milimeter große, graubraune Samen enthält.
Hyoscyamus niger, Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae)
Das Schwarze Bilsenkraut findet sich vorwiegend an Wegrändern, Mauern und auf Schuttplätzen, denn es benötigt stark stickstoffhaltigen Boden. Es kommt in ganz Europa vor und ist auch in Afrika und Asien heimisch, taucht hierzulande jedoch nur noch sehr selten auf.
Beim Schwarzen Bilsenkraut ist die gesamte Pflanze giftig. Sie enthält das stark giftige Scopolamin und Hyoscyamin sowie Atropin (Alkaloide) – alles Gifte, die sich beispeilsweise auch in der Tollkirsche finden. Die höchste Wirkstoff-Konzentration ist in den Samen enthalten. Bei Kindern soll bereits eine Dosis von 15 der winzigen Samen (eine einzelne Frucht enthält 300 bis 400 Samen) tödlich sein. Die Samen sind leicht mit Mohnsamen zu verwechseln. Auch kleine Mengen verschluckter Blüten können bereits zum Tod eines Menschen führen.
Die möglichen Symptome reichen von Benommenheit und Taumeln, weiten Pupillen, Seh-, Sprech- und Schluckstörungen, Herzrhythmusstörungen, trockenem Mund, Verwirrtheit und geröteter, trockener, heißer Haut bis hin zu Panikattacken, Fieber, Krämpfen, Koma und dem Tod.
Im Vordergrund steht beim Bilsenkraut die narkotische Wirkung der Gifte, sodass es zur Pulsbeschleunigung, zu Bewusstseinsstörungen sowie zu Bewusstlosigkeit und narkoseähnlichem Schlaf kommt. Es sind jedoch auch Weinkrämpfe, Rededrang und Tobsuchtsanfälle möglich.
schwere bis tödliche Vergiftungen möglich
Bei auffälligen Symptomen (wiederholtes Erbrechen, Kreislauf- und/oder Bewusstseinsstörungen) sollte sofort der Rettungsdienst verständigt werden.
Das Bilsenkraut ist eines der ältesten Narkotika, es wurde im Mittelalter daher als Schmerz- sowie als Narkosemittel genutzt. Es soll bereits im alten Ägypten und Persien für seine Wirkung bekannt gewesen sein.
Wahrsager versetzten sich mithilfe des Bilsenkrautes in Trance und im Mittelalter war es ein wichtiger Bestandteil von Hexensalben. Zudem wurden zahlreiche Giftmorde, Selbstmorde sowie Massenmorde durch das Nachtschattengewächs verübt. Auch in Shakespeares Hamlet spielt das Bilsenkraut eine Rolle.
Heutzutage wird Schwarzes Bilsenkraut nur noch in homöopathischer Zubereitung in Form von Globuli eingesetzt. Diese sollen eine lindernde Wirkung unter anderem bei Asthma und Bronchitis, Schlafstörungen und Schmerzen haben.
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