Natrium: Nicht nur für den Geschmack |
Kerstin Pohl |
17.08.2020 15:30 Uhr |
Bereits im 14. Jahrhundert haben holländische Fischer ihre Fänge in Salz eingelegt und so konserviert. / Foto: Getty Images/Alikaj2582
Der Mineralstoff Natrium gehört zu den Mengenelementen. Er kommt natürlicherweise vor oder ist durch den Zusatz von Speisesalz in Lebensmitteln enthalten. Als Elektrolyt nimmt Natrium zusammen mit den beiden Mineralstoffen Chlorid und Kalium wichtige Funktionen im Organismus wahr, wobei Natriumchlorid (NaCl), also als Würzmittel verwendetes Kochsalz, die wichtigste Natriumverbindung ist.
Im menschlichen Körper befindet sich das Mineral zu fast 50 Prozent außerhalb der Zellen in den Körperflüssigkeiten, der sogenannten extrazellulären Flüssigkeit. Zu 40 bis 45 Prozent ist es in den in den Knochen und zu 10 Prozent im Intrazellulärraum enthalten. Der Gesamtkörperbestand an Natrium bei einem Erwachsenen liegt bei etwa 100 g.
Das Wasserbindungsvermögen von Natrium ist sehr hoch und daher auch von großer Bedeutung für die Regulation des Wasserhaushaltes im menschlichen Organismus. Darüber hinaus steuert Natrium den Säure-Basen-Haushalt sowie den Blutdruck und ist verantwortlich für den Transport auch anderer Ionen über die Zellmembranen sowie die Aufrechterhaltung der Gewebespannung. Natrium-Ionen sind außerdem an der Resorption von Glucose im Dünndarm beteiligt.
Im Falle von Natrium gibt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) Schätzwerte an, das heißt in diesem Fall kann man den genauen Bedarf dieses Mineralstoffes nicht bestimmen.
Die Schätzwerte der DGE für Natrium variieren in Abhängigkeit vom Lebensalter.
Alter | Natriuma(mg/Tag) (a 23,0 mg Natrium entsprechen 1 mmol Natrium) |
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Säuglinge | |
0 bis unter 4 Monate | 130 |
4 bis unter 12 Monate | 200 |
Kinder und Jugendliche | |
1 bis unter 4 Jahre | 400 |
4 bis unter 7 Jahre | 500 |
7 bis unter 10 Jahre | 750 |
10 bis unter 13 Jahre | 1100 |
13 bis unter 15 Jahre | 1400 |
15 bis unter 19 Jahre | 1500 |
Erwachsene | |
19 bis unter 25 Jahre | 1500 |
25 bis unter 51 Jahre | 1500 |
51 bis unter 65 Jahre | 1500 |
65 Jahre und älter | 1500 |
Schwangere | 1500 |
Stillende | 1500 |
Natrium ist in fast allen Lebensmitteln nativ oder durch den Zusatz von Kochsalz enthalten. Besonders reich an Natrium sind verarbeitete Lebensmittel wie Fleisch- und Wurstwaren (gesalzen, gepökelt und geräuchert), Fischprodukte, Fertigsoßen und Würzmittel (Brühwürfel, Extrakte, Ketchup) sowie Käse, Brot und Knabbergebäck wie Chips und Erdnüsse.
Foto: Shutterstock/napocska
• Natrium
• Zur Regulation des Wasserhaushaltes, des Säure-Basen-Haushaltes und des Blutdrucks, Gewebespannung
• Quellen: natürlich und in fast allen Lebensmittel durch Kochsalzzusatz (Natriumchlorid)
• Tagesbedarf (Erwachsene): 1500 mg (Gehalt einzelner Lebensmittel siehe Tabelle unten)
Auch beim Außer-Haus-Verzehr werden oft sehr große Mengen an Kochsalz aufgenommen. Konserven und Fertiggerichte sind ebenfalls sehr salzreich. Daher sollte man sich beim Konsum von Fertigprodukten an der Faustregel der DGE orientieren und täglich maximal 6 Gramm NaCl »zusalzen«. Das entspricht der Menge eines Teelöffels.
Auch Mineralwässer können größere Menge Kochsalz enthalten. Hier informiert ein Blick auf das Etikett und die darauf aufgedruckte Mineralwasseranalyse über die jeweiligen Konzentrationen. Wenig Natrium ist in Obst und Gemüse wie Mangold, Spinat und Sellerie enthalten. Auch in Getreide und Milch findet sich Natrium nur in sehr geringen Mengen.
Bei dem Versuch, salzreiche Nahrung zu meiden, hilft der Blick auf die Zutatenliste verpackter Lebensmittel, auf denen seit Dezember 2016 der Gehalt an Speisesalz im Rahmen der Lebensmittelkennzeichnung angegeben werden muss. Ist lediglich der Natriumgehalt genannt, kann der Speisesalz-Gehalt ermittelt werden, indem dieser mit 2,54 multipliziert wird. Lebensmittel mit einem Natriumgehalt von bis zu 120 mg/100 g Lebensmittel gelten dabei als natriumarm.
Empfehlung: Lebensmittel mit einem geringen Natriumgehalt bevorzugen (Gemüse, Obst, frische und unverarbeitete Lebensmittel statt Fertiggerichte), Küchenkräuter und Gewürze statt Salz verwenden, Salzmenge langsam minimieren, um sich an den schwächeren Geschmack zu gewöhnen, Gerichte vor dem Nachsalzen immer erst probieren.
Ein Mangel an Natrium durch eine zu geringe Zufuhr mit der Nahrung kommt kaum vor. Genau das Gegenteil ist der Fall: Die tägliche Salzzufuhr ist mit 8,4 g am Tag für Frauen und 9,2 g am Tag für Männer deutlich zu hoch.
Größere Salzverluste können allerdings in Ausnahmesituationen auftreten wie beispielsweise bei Leistungssport mit starkem Schwitzen oder auch spezifischen Magen-Darm-Erkrankungen. Es kann zu Symptomen wie Verwirrtheit, Appetitlosigkeit, Schwindel, Übelkeit und Erbrechen kommen. Die Funktion der Niere als das Organ, das den Salz- und Wasserhaushalt reguliert, ist gestört. Hypotonie, also ein zu niedriger Blutdruck, Herzrhythmusstörungen, Krämpfe und sogar Koma sind möglich.
In Deutschland leiden etwa 20 Millionen Erwachsene unter einer Hypertonie. Neueren Studien zufolge sind auch Kinder und Jugendliche betroffen. Das ist fatal, da Hypertonie als Risikofaktor für das Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen gilt. Gerade Menschen mit einem erhöhten Blutdruck wird daher empfohlen, sich an die Empfehlung der täglichen Kochsalzzufuhr von maximal 6 Gramm pro Tag zu halten.
Diese Empfehlung ist nicht neu. Bereits seit etwa 100 Jahren ist bekannt, dass sich der Blutdruck durch eine salzarme Kost senken lässt. Untersuchungen haben aber gezeigt, dass eine solche Beschränkung nicht in jedem Fall den gewünschten Erfolg bringt. Manche Menschen reagieren unempfindlich oder nur gering, andere wiederum empfindlich auf Kochsalz. Diese Personen werden als »natriumsensitiv« bezeichnet, das heißt, sie reagieren positiv auf eine Kochsalzbeschränkung, der Blutdruck lässt sich senken.
Die Natrium-Sensitivität lässt sich unter anderem mithilfe spezifischer Salzbluttests sowie Speicheltests oder auch spezifischer Kochsalzbelastungstests in Verbindung mit Blutdruckmessungen in der ärztlichen Praxis bestimmen. Als optimal gilt ein Blutdruck von 120/80mmHg. Etwa 20 Prozent der Normotoniker sind salzsensitiv und können daraus eine Hypertonie entwickeln.
Bestimmte Bevölkerungsgruppen reagieren besonders sensitiv auf die Kochsalzzufuhr wie Afrikaner und Afroamerikaner, ältere Personen und Übergewichtige.
Lebensmittel | Natriumgehalt (Tagesbedarf Erwachsene: 1500 mg) |
---|---|
Heringsfilet in Tomatensoße | 526 mg Na/100 g |
Matjeshering | 2500 mg Na/100 g |
Kasseler (Schein) | 958 mg Na/100 g |
Bierschinken | 753 mg Na/100 g |
Erbsen (in Dosen) | 222 mg Na/100g |
Erbsen (tiefgefroren) | 2 mg Na/100 g |
Mangold | 90 mg Na/100g |
Spinat (tiefgefroren) | 40 mg Na/100 g |
Erdbeeren | 2 mg Na/100 g |
Apfel | 3 mg Na/100 g |
Eine Überdosierung an Natrium allein durch Nahrung ist nicht möglich. Liegen jedoch spezifische Erkrankungen oder ein erhöhter Wassermangel beziehungsweise -verlust vor, kann eine Hypernatriämie auftreten. Die Symptome sind zunächst Durst. Bei einer Verschiebung von intrazellulärem Wasser in extrazelluläre Bereiche im Gehirn treten Verwirrtheit, Übererregbarkeit, Krämpfen und Koma auf. Ein Überschuss an Natrium kann jedoch durch Flüssigkeitszufuhr ausgeglichen werden. Für je 1 g Kochsalz müssen dabei 80 bis 100 ml Flüssigkeit aufgenommen werden, damit die Nieren die Homöostase wiederherstellen kann. Für Säuglinge sind bereits kleinste Mengen Natrium toxisch.
Salz wird ganz unterschiedlich gewonnen. Es kann aus Solen (Bergbau, unterirdische Steinsalzlager) sowie der Soleversiedung (Wasser wird aus großen Pfannen verdampft) oder aus dem Meer (Salzgärten in denen das Wasser verdunstet) stammen. In früheren Zeiten musste Salz über weite Strecken transportiert werden und es entstanden regelrechte »Salzstraßen«, wie beispielsweise die Via Salaria in Italien.
Damit Kochsalz nicht verklumpt und rieselfähig bleibt, werden Hilfsmittel wie Calciumsilikat, -carbonat oder Kieselsäure zugesetzt. Das muss auf der Verpackung entsprechend deklariert werden. Zugesetzt werden häufig auch die Mineralstoffe Jod, Flourid oder das Vitamin Folsäure.
Den Salzgeschmack nimmt man nicht in der Mitte der Zunge, sondern nur an ihren seitlichen Rändern wahr.
Hypertonikern, die sensitiv auf Kochsalz reagieren, wird empfohlen, weniger Fertigprodukte zu verzehren und weniger zu salzen. Das fällt nicht immer leicht und deshalb kommen oft sogenannte Kochsalzersatzmittel zum Einsatz. Bei diesen Salzen ist das Natrium, auf das diese Hypertoniker so empfindlich reagieren, durch andere Mineralstoffe ersetzt worden.
Zum Einsatz kommen stattdessen Kalium, Magnesium oder Calcium. Diese Diätsalze haben allerdings einen Nachteil: Ihr Geschmack ist mit dem von Kochsalz nicht zu verglichen und der Beigeschmack ist häufig bitter metallisch. Eine Alternative sind dann frische Lebensmittel, die mit frischen Kräutern und anderen Gewürzen abgeschmeckt werden.
Auch an weniger gesalzene Speisen kann man sich gewöhnen. Die Umstellung und Kochsalzreduktion sollte aber langsam erfolgen und nicht von heute auf morgen. Es kann einige Wochen dauern, bis sich das Geschmacksempfinden anpasst und man wieder vermehrt den Eigengeschmack der Speisen wahrnimmt.