Nebenwirkungen für die Umwelt |
Zu mehr Schutz von Umwelt und Trinkwasser kann letzten Endes auch jeder einzelne Patient und Verbraucher beitragen. Bei vielen Erkrankungen gibt es effektive Präventionsmethoden wie Impfungen oder die Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen. Wenn Krankheiten gar nicht erst entstehen oder früh erkannt werden, sinkt der Bedarf an mitunter lebenslang einzunehmenden Arzneimitteln.
Eine ausgewogene Ernährung, ein gesundes Körpergewicht, ausreichend Bewegung, ein gutes Stressmanagement und Hygienemaßnahmen helfen weiterhin, gesund zu bleiben. Wer Arzneimittel einnehmen muss, macht das am besten genau nach Angaben des Arztes oder Apothekenteams, da dann der Behandlungserfolg am größten ist. In einigen Fällen ist auch nicht unbedingt eine Pharmakotherapie erforderlich. Nicht medikamentöse Methoden können gerade bei leichten akuten Beschwerden sowie bei einigen chronischen Erkrankungen ebenfalls einen Therapieerfolg beziehungsweise eine Besserung herbeiführen und dazu beitragen, umweltbelastende Arzneimittel zu sparen. Apotheker und PTA beraten gerne, bei welchen Beschwerden bestimmte Arzneimittel jedoch notwendig und manchmal auch unverzichtbar sind. Bei OTC-Medikamenten ist es nicht nur aus ökologischer Sicht sinnvoll, Patienten darauf hinzuweisen, immer die richtige Dosis einzusetzen und die Mittel nicht länger und häufiger als notwendig anzuwenden.
In Schweden geht man noch einen Schritt weiter: Ärzte sollen Arzneimittel nicht nur nach ihrer Wirksamkeit auswählen, sondern auch nach ihrer ökologischen Toxizität (siehe auch Kasten). Dieses schwedische Modell ist allerdings nur dann sinnvoll, wenn mehrere therapeutisch gleichwertige Alternativen zur Verfügung stehen und der Behandlungserfolg durch die umweltverträglichere Wahl nicht gefährdet wird.
In Schweden sind Ärzte angehalten, bei gleicher Wirksamkeit das umweltfreundlichere Arzneimittel zu verschreiben. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf Substanzen, die persistent in der Umwelt sind, in Organismen bioakkumulieren oder toxisch für Umweltorganismen sind. Sie werden als PBT-Stoffe bezeichnet. Schwedischen Ärzten stehen Listen mit dem PBT-Index von Arzneimitteln zur Verfügung. Jedem Medikament wird dort ein Wert zwischen 0 und 9 zugeordnet. Je höher der Wert, desto weniger umweltverträglich ist das Präparat. Des Weiteren ist auf den Listen das Umweltrisiko der Substanzen angegeben. Dabei geht es um das toxische Risiko für Gewässer, das als unbedeutend, niedrig, mäßig oder hoch angegeben wird.
In Deutschland fehlt es derzeit noch an einem offen zugänglichen Umweltinformations- und Klassifikationssystem für Arzneimittel. Damit stehen Ärzte aber auch nicht vor der Entscheidung, ob sie lieber ein vielleicht verträglicheres oder besser wirksames Präparat oder eines mit vorteilhaften Umwelteigenschaften verschreiben.
Patienten können auch bei der Anwendung ihrer Arzneimittel dazu beitragen, mögliche ökologische Auswirkungen zu reduzieren. »Wer Schmerzsalben etwa mit Diclofenac aufträgt, säubert sich die Hände danach am besten zunächst grob mit einem Papierhandtuch anstelle sie mit fließendem Wasser zu reinigen«, sagt Kroth (siehe auch Kasten). Leere Arzneimittelflaschen werfen Patienten der Umwelt zuliebe direkt weg. »Beim Ausspülen mit Wasser gelangen sonst Arzneimittelreste ins Abwasser«, erklärt der Geschäftsführer Wissenschaft vom BAH.
Die richtige Technik hilft, die Gel- oder Salbenreste vor dem Waschen möglichst vollständig zu entfernen. / Foto: PZ/Adobe Stock/lom123
In der Regel rät man Patienten, die Hände nach dem Auftragen einer wirkstoffhaltigen Salbe oder eines Gels zu waschen. Viele machen dies sicherlich auch intuitiv. Besser für die Umwelt und eine sehr leicht umzusetzende Maßnahme ist, sich die Hände zunächst mit einem Papiertuch gründlich abzuwischen. Das Tuch darf dann natürlich nicht in der Toilette entsorgt werden, sondern nur über den Restmüll (nicht die Biotonne). Danach können und sollen die Hände gewaschen werden. Alternativ kann der Patient auch eine Applikationshilfe oder einen Einmalhandschuh verwenden, der ebenfalls über den Hausmüll entsorgt wird. Dass diese Maßnahme effizient ist, zeigt eine aktuelle Studie. Demnach reduziert das Vorgehen »erst wischen, dann waschen« das Eintragen von Diclofenac in das Abwasser um 66 Prozent. Die richtige Technik zeigt die Grafik.
Die Patienten sollten zudem eine ausreichend lange Einwirkzeit der Gele und Salben vor dem Duschen oder Baden beachten, damit der Wirkstoff nicht abgespült wird. Das verbessert auch die Wirkung. Wenn möglich, sollte das Arzneimittel auch erst einziehen, bevor ein Kleidungsstück darüber gezogen wird, denn sonst gelangt der Wirkstoff beim Waschen ebenfalls ins Abwasser.
Abzuraten ist davon, verschriebene Arzneimittel etwa Antibiotika an andere Menschen weiterzugeben anstatt sie zu entsorgen, wenn man sie selbst nicht mehr braucht. Abgelaufene Arzneimittel dürfen grundsätzlich nicht mehr verwendet werden. Anders als bei Lebensmitteln handelt es sich nicht um ein Mindesthaltbarkeitsdatum, sondern um eine Angabe, bis wann der Hersteller bei fachgerechter Lagerung dafür garantiert, dass Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und Qualität des Mittels gewährleistet sind. »Wer nicht mehr benötigte oder verfallene Arzneimittel verantwortlich entsorgt, trägt damit auch ein großes Stück zum Umweltschutz bei«, sagt Dr. Dennis Stern, Referent Nachhaltigkeit & Umwelt vom BAH, gegenüber PTA-Forum. Viele Apotheken nehmen als Serviceleistung Altmedikamente entgegen und beraten, wie Patienten diese selbst entsorgen können.