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SARS-CoV-2

Nieren im Fokus

Nach den Atemwegen sind die Nieren das häufigste Angriffsziel für SARS-CoV-2. Bei vielen Patienten zeigt sich dies bereits frühzeitig durch auffällige Urinparameter. Mediziner hoffen, diesen Umstand nutzen zu können, um künftig schwere Covid-19-Verläufe vorhersagen und verhindern zu können.
Carina Steyer
30.07.2020  15:55 Uhr

Als SARS-CoV-2 Ende 2019 die ersten Infektionen verursachte, gingen Mediziner noch davon aus, dass es sich um ein reines Atemwegsvirus handelt. Je mehr Patienten jedoch dazu kamen, umso mehr Symptome wurden beschrieben. Schnell war klar: Sars-CoV-2 scheint viel mehr Angriffspunkte im menschlichen Organismus zu finden, als ursprünglich angenommen. Wie bei den anderen beiden zoonotischen Coronaviren – MERS und SARS – scheinen die Nieren besonders empfindlich für SARS-CoV-2 zu sein. Viele Covid-19-Erkrankte zeigen bereits frühzeitig auffällige Urinwerte, die sich bei schweren Verläufen zu einem akuten Nierenversagen steigern können. Dass dies nicht selten vorkommt, zeigte eine Umfrage des Verbands der leitenden Krankenhausärztinnen und -ärzte in der Nephrologie (VLKN) im April. Ausgewertet wurden die Daten von 504 intensivmedizinisch behandelten Covid-19-Patienten aus 52 Kliniken in ganz Deutschland. Das Ergebnis: 32 Prozent dieser Patienten waren von einem akuten Nierenversagen betroffen und benötigten eine Dialyse.

Durch Obduktion bestätigt

Eine virologische Erklärung für das klinisch beobachtete breite Symptomspektrum und die Beteiligung der Nieren konnte eine Obduktionsstudie um den Nephrologen Professor Dr. Tobias Huber vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf liefern, die Ende Mai im Fachmagazin »New England Journal of Medicine« veröffentlicht wurde. Die Forscher analysierten die Viruslast in Proben aus verschiedenen Organgeweben von 27 an Covid-19 verstorbenen Patienten. Die höchste Konzentration des Virus pro Zelle fanden sie in den Atemwegen, gefolgt von Niere, Herz, Leber, Gehirn und Blut. Bei sieben Patienten bestimmten die Wissenschaftler zudem die Viruslast in einzelnen Nierenkompartimenten. Dabei zeigte sich, dass vor allem die Zellen der Nierenkanälchen und Nierenkörperchen eine hohe Viruslast aufwiesen. Den Forschern zufolge könne dies eine Erklärung für die hohe Zahl an Patienten mit Nierenbeteiligung sein. Nachvollziehbar wird diese Vermutung, wenn man sich die Aufgabe von Nierenkanälchen und Nierenkörperchen ansieht. Beide zusammen bilden in der Niere eine Funktionseinheit, das sogenannte Nephron. Innerhalb eines Nephrons filtern die Nierenkörperchen Substanzen, die Nierenkanälchen führen diese Substanzen zurück ins Blut. Leidet hier die Funktion, zeigt sich das unter anderem durch eine verstärkte Albuminausscheidung mit dem Urin. Diese kann bei vielen Covid-19-Patienten beobachtet werden, auch bei solchen mit mildem Verlauf.

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