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Patientenverfügung und Testament formulieren

Selbstbestimmung ist ein hohes Gut. Kann sie nach einem Unfall, durch eine schwere Erkrankung oder den Tod nicht mehr selbst ausgelebt werden, helfen eine Patientenverfügung und das Testament, alles Notwendige im Sinne des Verfassers zu regeln. Damit das funktioniert, gilt es ein paar Punkte zu beachten.
Carina Steyer
07.03.2022  12:00 Uhr

Eine Patientenverfügung kommt immer dann zum Tragen, wenn ein Patient aufgrund einer schweren Erkrankung oder eines Unfalls nicht mehr einwilligungsfähig ist oder sich zu einer medizinischen Behandlung nicht mehr äußern kann. Sie richtet sich in erster Linie an die behandelnden Ärzte und das Pflegepersonal und sollte hinsichtlich der Anwendung und Durchführung medizinischer Maßnahmen klar und eindeutig formuliert sein. Jede ärztliche Behandlung oder pflegerische Begleitung, die abgelehnt oder in Anspruch genommen werden möchte, muss einzeln aufgeführt werden. Bei Eingriffen, die die körperliche Integrität betreffen, muss zudem deutlich gemacht werden, dass auf eine vorausgehende ärztliche Aufklärung verzichtet wird.

Darüber hinaus kann die Patientenverfügung Anweisungen zur Auslegung und Durchsetzung sowie Bitten oder Richtlinien für den gesetzlichen Vertreter, die behandelnden Ärzte oder das Pflegepersonal enthalten. Von Experten wird zudem empfohlen, die Patientenverfügung um persönliche Wertvorstellungen, Einstellungen zum eigenen Leben und Sterben sowie religiöse Anschauungen zu ergänzen.

Konsequenzen bedenken

Wer eine Patientenverfügung aufsetzt, muss sich bewusst sein, dass diese für das gesamte medizinische Personal rechtlich bindend ist. Diese Verpflichtung besteht unabhängig von der Krankheitsschwere des Betroffenen und auch, wenn der bewusste Ausschluss einer Behandlung zum Tod des Patienten führt. Umgekehrt sollte beim Einschluss bestimmter Behandlungsmaßnahmen bedacht werden, dass diese unter Umständen ein Weiterleben in Abhängigkeit oder Fremdbestimmung herbeiführen.

Bei der Patientenverfügung gilt: Die Verantwortung für die Folgen der getroffenen Festlegungen trägt der Patient. Experten raten deshalb, eine Patientenverfügung nicht überstürzt zu erstellen. Sie sollte wohl bedacht werden und dem ganz eigenen Willen entsprechen. Hilfreich kann es deshalb zunächst sein, sich mit ganz grundlegenden Punkten auseinanderzusetzen: Was ist mir in Bezug auf Krankheit, Leid und Tod wichtig? Wovor habe ich Angst? Was erhoffe ich mir? Anschließend kann über das Ein- beziehungsweise Ausschließen konkreter Behandlungsmaßen entschieden werden.

Kein Muss

Obwohl häufig geraten wird, eine Patientenverfügung zu erstellen, besteht keine rechtliche Verpflichtung dazu. Auch nicht bei Abschluss eines Versicherungsvertrages oder beim Einzug in ein Pflegewohnheim. Liegt keine Patientenverfügung vor oder sind die Angaben zu ungenau, entscheidet ein gesetzlicher Vertreter des Patienten gemeinsam mit den behandelnden Ärzten auf der Grundlage des mutmaßlichen Patientenwillens. Entwickeln sich dabei Unstimmigkeiten, muss der gesetzliche Vertreter die Genehmigung zur Durchführung oder Ablehnung einer Maßnahme beim Betreuungsgericht einholen. Das kostet Zeit und kann ebenso wie das Entscheiden über Maßnahmen ohne vorherige Absprache mit dem Betroffenen eine starke Belastung für die Angehörigen darstellen. Wer sich bewusst gegen eine Patientenverfügung entscheidet, sollte deshalb zumindest mündliche Angaben über seine Vorstellungen machen.

Das macht dann mein …

Die meisten Menschen gehen davon aus, dass sie im Fall einer Einwilligungsunfähigkeit automatisch durch einen nahen Angehörigen vertreten werden. Aktuell gibt es jedoch kein gesetzliches Angehörigenvertretungsrecht. Wer hier alle Eventualitäten ausschließen möchte, sollte dem Ehepartner, einem erwachsenen Kind, einem Freund oder Bekannten eine Vorsorgevollmacht ausstellen. Gibt es niemanden, der diese Aufgabe übernehmen kann, wird vom Betreuungsgericht ein Vertreter bestellt.

Formvorgaben einhalten

Die gesetzliche Regelung sieht vor, dass eine Patientenverfügung schriftlich verfasst und eigenhändig unterschrieben oder durch einen Notar beglaubigt werden muss. Experten raten, sie in regelmäßigen Abständen zu erneuern oder zu bestätigen. Dies ist keine rechtliche Vorgabe, dient aber jedes Mal der Kontrolle, ob die getroffenen Regelungen noch den eigenen Vorstellungen entsprechen. Änderungen oder Konkretisierungen sind jederzeit möglich, dasselbe gilt für einen Widerruf.

Zugänglich aufbewahren

Eine Patientenverfügung sollte so aufbewahrt werden, dass möglichst schnell auf sie zugegriffen werden kann. Wer sie zu Hause lagert, sollte einem Angehörigen mitteilen, wo sie liegt. Alternativ ist eine Registrierung im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer möglich. Sie kann auch von Privatpersonen durchgeführt werden, ist aber an eine einmalige Registrierungsgebühr gebunden . Bei der Aufnahme in ein Krankenhaus oder Pflegeheim sollte auf das Vorhandensein einer Patientenverfügung hingewiesen werden, im Notfall kann eine Karte im Portemonnaie als Hinweisgeber dienen. 

Auch ein Testament zu verfassen, ist nicht zwingend notwendig. Ist kein Testament vorhanden, kommt in Deutschland automatisch die gesetzliche Erbfolge zum Tragen. Diese sieht vor, dass zunächst die direkten Nachkommen eines Verstorbenen bedacht werden. Das sind in der Regel die eigenen Kinder. Erst wenn ein Kind bereits verstorben ist, geht das Erbe auf seine Kinder, also die Enkel des Verstorbenen, über. Dasselbe gilt im Fall der Urenkel.

Direkte Nachkommen werden im Erbrecht als Erben 1. Ordnung bezeichnet. Daneben gibt es die Erben 2. Ordnung (Eltern des Verstorbenen, seine Geschwister sowie seine Nichten und Neffen), Erben 3. Ordnung (Großeltern, Tante, Onkel, Cousin und Cousine) und Erben 4. Ordnung (noch verbliebene Verwandte).

Grundsätzlich ist es so, dass die Erben 2., 3. und 4. Ordnung nur erben, wenn in der jeweiligen übergeordneten Ordnung kein Verwandter mehr vorhanden ist.

Sonderstellung für Partner

Ehe- und eingetragenen Lebenspartnern kommt neben den Verwandten des Verstorbenen ein eigenes gesetzliches Erbrecht zu. Dieses sieht vor, dass ihnen die Hälfte des gemeinsamen Vermögens zusteht. Gibt es keine Erben 1. Ordnung erhält der Partner zwei Drittel des Vermögens. Auf die gesamte Erbschaft hat der Partner nur Anspruch, wenn keine Verwandten weiterer Ordnungen mehr vorhanden sind. Das Erbrecht erlischt mit der Scheidung oder Aufhebung der Partnerschaft.

Erbfolge umgehen

Soll von der gesetzlichen Erbfolge abgewichen werden, geht das nur mit einem Testament. Hier kann der Verfasser verfügen, dass sein Erbe ausschließlich ausgewählten Personen oder Organisationen zugutekommt und seinen Ehepartner oder bestimmte Verwandte von der gesetzlichen Erbfolge ausschließen. Bedacht werden muss dabei lediglich der Pflichtteil, der Kindern oder Enkeln, Ehe- oder Lebenspartner sowie den Eltern des Verstorbenen eine Mindestbeteiligung am Erbe zusichert, wenn sie erbberechtigt wären. Der Pflichtteil besteht aus der Hälfte des Anteils, der einem Erben nach der gesetzlichen Erbfolge zustehen würde und kann von ihm auch nach einer Enterbung geltend gemacht werden.

Darüber hinaus können in einem Testament Vermächtnisse und Auflagen angeordnet werden oder bestimmte Rechte, wie zum Beispiel ein Wohnrecht auf Lebenszeit, eingeräumt werden. Bei gemeinschaftlichen Testamenten ist es möglich, dass Ehepartner sich als Alleinerben bestimmen. Das Vermögen geht dann erst nach dem Tod beider Ehepartner an die Kinder über. Auch eine Vor- und Nacherbschaft ist möglich. In diesem Fall geht das Erbe zunächst an einen Vorerben und nach dessen Tod an die Nacherben. Zudem können Ersatzerben benannt werden, die das Erbe übernehmen, wenn der Erstbedachte es ausschlagen sollte oder es kann ein Testamentsvollstrecker eingesetzt werden.

Der rechtliche Rahmen

Ein Testament kann überall und jederzeit verfasst werden, muss aber bestimmten Formvorgaben entsprechen, damit es gültig ist (siehe Kasten). Um sicherzustellen, dass das Testament rechtswirksam ist, sollte es mit Hilfe eines Notars aufgesetzt werden. Nach der Beurkundung übergibt dieser das Testament an das Nachlassgericht zur amtlichen Verwahrung. Stirbt ein Erblasser, wird das Nachlassgericht automatisch darüber informiert, eröffnet das Testament und benachrichtigt die Erben.

Ein Testament kann zu Lebzeiten jederzeit widerrufen werden, das gilt auch für gemeinschaftliche Testamente. Nach dem Tod eines Partners können hier jedoch keine Änderungen mehr gemacht werden. 

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