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ARZNEIPFLANZEN

Melisse

Die Melisse gehört zu den ältesten bekannten Heilkräutern. In den meisten Kräutergärten ist die Zitronenmelisse genannte Pflanze reichlich vorhanden. Schon Plinius, Karl der Große, Hildegard von Bingen und Paracelsus wussten sie zu schätzen.
Annette Immel-Sehr
16.09.2020  13:50 Uhr
Foto: Okapia KG

Im Überblick

NAME
Melisse
BOTANISCHER NAME
Melissa officinalis
FAMILIE
Lippenblütengewächse
BOTANISCHE FAMILIE
Lamiaceae
WEITERE NAMEN
Zitronenmelisse, Zitronenkraut, Immenblatt, Honigblum

Merkmale

  • bis zu 80 cm hohe Staude
  • verästelter, vierkantiger Stängel
  • gestielte, breit eiförmige Blätter, gegenständig stehend
  • kerbig-gesägter Blattrand, stark hervortretende Nervatur auf der Unterseite
  • blass-weiße Blüten mit zweilippigem Kelch, große Unterlippe
  • Blütezeit Juni bis August, Blüte im zweiten Jahr
  • Früchte mit vier kastanienbraunen Teilfrüchten von 2 mm Länge

Heimat

  • Kleinasien bis nach Südwestsibirien
  • Droge stammt aus Kulturen in Mittel-, West- und Osteuropa

Arzneilich verwendete Pflanzenteile

  • getrocknete Blätter (Melissae folium)

Inhaltsstoffe

  • ätherisches Öl, enthält vor allem Citral und Citronellal
  • Flavonoide
  • Lamiaceen-Gerbstoffe (vor allem Rosmarinsäure)

Anwendung

  • äußerlich bei Lippenbläschen durch Herpes- simplex-Infektionen (Zulassung, klinische Daten)
  • innerlich bei funktionellen Magen-Darm- Beschwerden und bei nervös bedingten Einschlafbeschwerden (Kommission E)
  • innerlich bei Angespanntheit, Unruhe und Reiz­barkeit sowie zur symptomatischen Behandlung von Verdauungsbeschwerden wie leichte Bauchkrämpfe (ESCOP)

Empfohlene Dosierung

  • mehrmals täglich eine Tasse frisch bereiteten Melissentee warm trinken
  • Fertigarzneimittel: siehe Packungsbeilage

Nebenwirkungen

  • Keine bekannt

Wechselwirkungen

  • Keine bekannt

Kontraindikationen

  • Bekannte Allergie gegen Lippenblütengewächse

Abgabehinweise

Zur Anwendung des Tees während der Schwanger­schaft und Stillzeit sowie bei Kindern unter 12 Jahren liegen keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vor.

Zubereitung

  • 1,5 bis 4,5 g fein geschnittene Melissenblätter mit 150 ml heißem, nicht kochendem Wasser übergießen,
  • 5 bis 15 Minuten ziehen lassen und abseihen.

Beispiele für Monopräparate

  • äußerlich bei Lippenbläschen: Lomaherpan®
  • innerlich bei Magen-Darm-Beschwerden: Gastrovegetalin®, Schoenenberger® Melisse Heilpflanzensaft, Sidroga® Melissenblätter Tee

Beispiele für Kombipräparate

  • bei Magen-Darm-Beschwerden: Iberogast®
  • bei Unruhe und Einschlafstörungen: Euvegal® 320/160 mg Tabletten, Klosterfrau Melissengeist, H&S Schlaf- und Nerventee Nr. 11, Kneipp Nerven- & Schlaftee, Sedacur® forte, Vivinox® Day Beruhigungsdragees

Weitere Informationen

Das bekannteste Arzneimittel mit Melisse ist seit rund 200 Jahren Klosterfrau Melissengeist. Die Rezeptur stammt von der Belgierin Maria Clementine Martin, die als 17-Jährige in ein Kloster im westfälischen Coesfeld eintrat und sich dort von Beginn an für Heilkunde interessierte. Sie lernte Karmelitergeist aus Frankreich kennen, einen alkoholhaltigen Extrakt aus Melisse, Angelika­wurzel, Muskatnuss, Koriander und anderen Pflanzen. Daran anlehnend entwickelte Martin ihre eigene Rezeptur mit 13 Heilpflanzen.

Für ihren Einsatz als Krankenschwester in der Pflege verletzter Soldaten, unter anderem bei der Schlacht von Waterloo, erhielt die engagierte Nonne vom preußischen König eine jährliche Leibrente. Diese ermöglichte ihr die Gründung eines Unternehmens zur Herstellung ihres Melissen­wassers. Daraus ist mittlerweile die »Klosterfrau Healthcare Group« geworden. Nach Angaben der Firma ist Klosterfrau Melissengeist noch immer ihr bedeutendstes Produkt. Es wird bei vielfältigen Beschwerden eingesetzt: innere Unruhe, Nervosität, Wetterfühligkeit, Schlaf­störungen, Magen-Darm-Beschwerden und Erkältung.

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