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Wermut

Heilung und Gift liegen beim Wermut eng beieinander. Aus dem Kraut wird Absinth-Schnaps hergestellt, der Künstler, wie Vincent van Gogh, in einen Absinth-Rausch mit Lähmung und Verwirrtheit getrieben hat. Wermut hat aber auch Heilwirkungen: Bis heute ist die Anwendung gegen Appetitlosigkeit, dyspeptische Beschwerden und bei gestörter Galleproduktion verbreitet.
Luisa Burgers
17.02.2021  16:20 Uhr
Foto Getty mages/np-e07
Foto: picutre alliance/Andrea Warnecke

Im Überblick

NAME
Wermut
BOTANISCHER NAME
Artemisia absinthium L.
FAMILIE
Korbblütler
BOTANISCHE FAMILIE
Asteraceae
WEITERE NAMEN
Bitterer Beifuß, Kampferkraut, Heilbitter, Wurmtod, Grabkraut, Wiegenkraut

Merkmale

  • bis zu 1,20 m hohe, mehrjährige Pflanze 
  • astiger, buschig verzweigter Stängel 
  • wechselständige, mehrfach fiederteilige, graugrüne Blätter 
  • silbrige Behaarung 
  • kleine, fast kugelrunde, blassgelbe Blüten in endständigen Rispen 
  • Blütezeit Juli bis September 

Heimat

  • Südeuropa 
  • Nordafrika 
  • Nord- und Südamerika 
  • Asien 

Arzneilich verwendete Pflanzenteile

  • ganze oder geschnittene getrocknete basale Laubblätter oder getrocknete, zur Blütezeit gesammelte obere Sprossteile und Laubblätter oder eine Mischung der angeführten Pflanzenteile (Absinthii herba)

Inhaltsstoffe

  • Bitterstoffe mit Absinthin 
  • ätherisches Öl 
  • Flavonoide 
  • Ascorbinsäure 
  • Gerbstoffe

Anwendung

  • zur Behandlung leichter dyspeptischer und gastrointestinaler Beschwerden (traditional use gemäß HMPC) 
  • zur Behandlung einer kurzfristigen und vorübergehenden Appetitlosigkeit (traditional use gemäß HMPC) 

Empfohlene Dosierung

  • Tee: bis zu zweimal täglich 1 bis 1,5 g Wermutkraut, Tagesdosis 2 bis 3 g  
  • Presssaft: bis zu zweimal täglich 5 ml, Tagesdosis 10 ml 
  • Pulver: bis zu dreimal täglich 0,76 g, Tagesdosis 2,28 g 
  • Tinktur: bis zu dreimal täglich 1 g, Tagesdosis 3 g 

Nebenwirkungen

  • keine bekannt 

Wechselwirkungen

  • keine bekannt 

Kontraindikationen

  • Säuglinge, Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren 
  • Überempfindlichkeit gegen einen der Inhaltsstoffe von Wermut 
  • Allergie gegen Korbblütler 
  • Störungen der Gallenwege wie Gallensteine, Cholangitis, Verschluss der Gallenwege 
  • Magen- und Darmgeschwür 
  • Lebererkrankungen 
  • Sodbrennen 
  • Schwangerschaft und Stillzeit 

Abgabehinweise

  • zur Appetitanregung: Einnahme 30 Minuten vor dem Essen 
  • bei dyspeptischen Beschwerden: Einnahme nach dem Essen 
  • bei Beschwerden, die länger als 2 Wochen andauern, einen Arzt aufsuchen 

Zubereitung

  • Tee: 1 bis 1,5 g Wermutkraut mit 150 ml kochendem Wasser übergießen und nach 10 Minuten abseihen 

Beispiele für Monopräparate

  • H&S® Wermutkraut Nr. 33 

Beispiele für Kombipräparate

  • Weleda Amara-Tropfen 
  • Gastritol® Liquid 

Weitere Informationen

Im 18. Jahrhundert wurde Absinth-Schnaps, ein aus Wermut, Anis und anderen Kräutern hergestellter Schnaps, zum Kultgetränk. Das im Wermutkraut enthaltene Thujon ist allerdings ein Krampfgift und verstärkt die Wirkung von Alkohol. Auf Dauer greift die Substanz das Nervensystem an und führt zu Lähmungen und Verwirrtheit. Auf Grund des teilweise auftretenden Absinth-Rausches und der Langzeitfolgen wurde die Herstellung von Absinth-Schnaps Anfang des 20. Jahrhunderts verboten. Inzwischen ist Absinth in Deutschland wieder erlaubt, der Zusatz von reinem Thujon jedoch weiterhin verboten. Thujon-haltige Pflanzen und Pflanzenteile dürfen für die Herstellung aber verwendet werden. Aktuell gilt laut EG-Aromenrichtlinie ein Grenzwert von 35 mg Thujon pro Liter Bitterspirituose. 

Wermut kann zur Schädlingsbekämpfung im Garten eingesetzt werden. Dazu wird entweder 300 Gramm frisches oder 30 Gramm getrocknetes Wermutkraut in 10 Liter Wasser vergärt. Die fertige und ökologisch unbedenkliche Flüssigkeit kann unverdünnt gegen Blattläuse, Säulenrost und Ameisen angewendet werden. 

Neben Artemisia absinthium zählt auch Artemisia annua L. zu den Artemisia-Arten. Der Hauptwirkstoff der Pflanze ist das Artemisinin, ein Sesquiterpenlacton. Es wirkt effizient gegen Malaria sowie antibiotisch. Stärker als das Artemisinin selbst wirkt dessen halbsynthetisches Derivat Artemether. Die WHO empfiehlt beide Wirkstoffe zur Therapie von Chloroquin- und Mefloquin-resistenter Malaria. Artemether (in Kombination mit Lumefantrin in Riamet®) ist in Deutschland zur Behandlung der akuten unkomplizierten Malaria durch Plasmodium falciparum zugelassen. Die Anwendung von Kombinationstherapien ist weltweit eine wichtige Strategie, um die Resistenzzunahme zu verzögern.

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