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Pneumokokken: Wichtige Impfung für Jung und Alt

Im Jahr 2017 publizierte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Liste mit den zwölf gefährlichsten Bakterien, gegen die dringend neue Antibiotika gebraucht werden – darunter auch Pneumokokken. Glücklicherweise existieren gegen diesen Erreger gut wirksame Impfstoffe.
Caroline Wendt
26.11.2019  12:00 Uhr

In der kalten Jahreszeit denken inzwischen viele Senioren daran, sich gegen die Grippe (Influenza) impfen zu lassen. Doch gibt es noch weitere Impfungen, die für die Patientengruppe 60+ von Bedeutung sind. Dazu zählt auch eine Impfung gegen Pneumokokken (Streptococcus pneumoniae). Zudem beugt die Impfung auch bei Kindern einer Infektion vor.

Pneumokokken sind grampostitive Kugelbakterien, die sich meist in Paaren anordnen. Gemäß den Angaben der WHO sind von den mehr als 90 unterschiedlichen Serotypen nur einige davon für Krankheitsausbrüche verantwortlich. Ob der Erreger pathogen ist, hängt unter anderem von der Polysaccharidhülle ab, die das Bakterium – je nach Serotyp – umgeben kann. Diese Schleimhülle kann den Erreger vor der Phagozytose durch Immunzellen und der Zerstörung durch Antibiotika schützen.

Die Übertragung von Pneumokokken erfolgt über Tröpfcheninfektion, das heißt über kleinste Flüssigkeitströpfchen, die beispielsweise beim Husten oder Nießen meterweit aus dem Rachen geschleudert werden. Da nicht alle mit Pneumokokken Infizierten auch erkranken, können auch Menschen ohne Krankheitssymptome die Infektion weitergeben. Bei circa 50 Prozent der Bevölkerung sind die Erreger in der Mikroflora des Nasen-Rachen-Raums zu finden, ohne dass Beschwerden auftreten.

Nasennebenhöhlen-, Mittelohr- oder Hirnhautentzündung: Pneumokokken können ganz unterschiedliche Krankheiten auslösen. Auch sind sie bei älteren Patienten in 20 bis 50 Prozent der Fälle für Lungenentzündungen verantwortlich. Besonders gefährlich sind sogenannte invasive Pneumokokkeninfektionen. Hier finden sich Erreger in normalerweise sterilen Körperflüssigkeiten wie Blut (Sepsis) oder in der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit (Meningitis). Ein Großteil der eitrigen Hirnhautentzündungen im Kindesalter wird durch Pneumokokken verursacht. Insgesamt versterben nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) in Deutschland jährlich mehr als 5000 Menschen an einer Infektion mit Pneumokokken.

Schwachstelle Immunsystem

Während ein gesunder Mensch eine Infektion mit Pneumokokken in der Regel gut übersteht, kann die Erkrankung bei Immungeschwächten schwerer verlaufen. Da im Alter die Leistung des Immunsystems abnimmt, rät die Ständige Impfkommission (STIKO) des RKI allen Personen über 60 Jahren zu einer Impfung. Auch für Kindern ab dem vollendeten zweiten Lebensmonat bis zum zweiten Lebensjahr empfiehlt die STIKO die Impfung standardmäßig. Das Immunsystem der Allerkleinsten ist ohne Impfung noch nicht dazu im Stande, sich gegen den Erreger zu wehren.

Gleiches gilt auch für Patienten mit einer angeborenen oder erworbenen Immunschwäche wie einer HIV-Infektion. Auch bei der Einnahme von Immunsuppressiva kann eine Impfung sinnvoll sein und wird vor Beginn einer Therapie mit Biologica von Ärzten häufig angeraten. Des Weiteren empfiehlt die STIKO eine Immunisierung bei chronischen Erkrankungen wie Asthma bronchiale, Diabetes oder Epilepsie. Patienten, die sowieso schon ein erhöhtes Risiko für eine Hirnhautentzündung haben, sollten ebenfalls nicht auf eine Impfung gegen Pneumokokken verzichten. Zu dieser Risikogruppe gehören beispielsweise Gehörlose mit einem Gehörimplantat (Cochlea-Implantat) oder Patienten, bei denen es aufgrund einer Verletzung zu einer Verbindung zwischen Liquor und der Außenwelt kommt (Liquorfistel).

Doch auch berufsbedingt tragen einige Menschen ein erhöhtes Risiko, an einer Pneumokokkeninfektion zu erkranken. Menschen die häufig Metall-Rauch einatmen, etwa beim Schweißen oder Trennen von Metall, sollten sich gemäß der STIKO-Empfehlung ebenfalls impfen lassen.

Polysaccharid- oder Konjugatimpfstoff

In Deutschland gibt es zurzeit drei verschiedene Impfstoffe gegen Pneumokokken. Alle enthalten als Antigene Zucker aus der Bakterienhülle und werden daher als sogenannte Polysaccharid-Impfstoffe bezeichnet. Zwei dieser Impfstoffe sind zudem chemisch an ein Protein gebunden (konjugiert), dadurch lösen sie eine stärkere Immunantwort aus.

Der reine Polysacchard-Impfstoff, kurz PPSV, enthält Antigene von 23 verschiedenen Serotypen (zum Beispiel Pneumovax®). Die Konjugatimpfstoffe (PCV) enthalten Antikörper gegen zehn (zum Beispiel Synflorix®) beziehungsweise 13 (zum Beispiel Prevenar 13®) verschiedene Serotypen.

Ob ein Patient einen reinen Polysaccharid-Impfstoff oder einen Konjugatimpfstoff erhält, hängt sowohl vom Alter des Patienten als auch von der vorliegenden Indikation ab. Auch die Impfschemata variieren entsprechend.

Kinder unter zwei Jahren sollten ausschließlich Konjugatimpfstoffe erhalten, da reine Polysaccharid-Impfstoffe bei ihnen keine ausreichende Immunreaktion auslösen. Seit 2015 empfiehlt die STIKO drei Impfungen, die Kinder im Alter von zwei, vier und elf bis 14 Monaten bekommen sollten. Bei Frühgeborenen, die vor der 37 Schwangerschaftswoche zu Welt gekommen sind, rät die STIKO abweichend dazu zu vier Impfungen, im Alter von zwei, drei, vier und elf bis 14 Lebensmonaten.

Kinder im Alter von zwei bis 15 Jahren, die zu einer der oben genannten Risikogruppen gehören, sollten eine sogenannte sequenzielle Impfung erhalten. Sequenziell bedeutet, dass sie eine erste Impfung mit einem Konjugatimpfstoff gegen 13 Serotypen (PCV 13) und sechs bis zwölf Monate später eine zweite Impfung mit dem 23-valenten Polysaccharid-Impfstoff (PPSV 23) erhalten sollten.

Ab einem Alter von 16 Jahren wird noch genauer unterschieden: Patienten mit einem Immundefekt, einer immunsuppressiven Therapie oder einem anatomisch oder Fremdkörper-assoziierten Risiko für eine Pneumokokken-Meningitis sollten ebenfalls eine sequenzielle Impfung mit PCV 13 und PPSV 23 bekommen. Patienten mit einer anderen chronischen Erkrankung sollen gemäß den Angaben des RKI nur mit PPSV 23 geimpft werden.

Alle Personen, die älter als 60 Jahre sind, sollen eine Impfung mit dem Polysaccharidimpfstoff (PPSV 23) erhalten. Ausgenommen sind jedoch auch hier Patienten, die einen Immundefekt haben, ein immunsuppressives Arzneimittel einnehmen oder ein anatomisch oder Fremdkörper-assoziiertes Risiko für eine Pneumokokken-Meningitis tragen. Für diese Gruppe wird ebenfalls die sequenzielle Impfung empfohlen.

Gruppe Impfstoff Impfschema
Frühgeborene (vor der 37 SSW geboren) Konjugatimpfstoff Je eine Impfung im Alter von zwei, drei, vier und 11 bis 14 Lebensmonaten
Säuglinge (nach der der 37 SSW geboren) Konjugatimpfstoff Je eine Impfung im Alter von zwei, vier und 11 bis 14 Monaten
Kinder zwischen zwei und 15 Jahren Konjugatimpfstoff gegen 13 Serotypen und Polysaccharid-Impfstoff Sequenzielle Impfung: erste Impfung mit PCV 13, sechs bis 12 Monate später zweite Impfung mit PPSV 23
Personen älter als 16 Jahre mit den Indikation Immundefekt, Immunsuppressive Therapie oder anatomisch oder Fremdkörperassoziiertes Risiko für Pneumokokken-Meningitis Konjugatimpfstoff gegen 13 Serotypen und Polysaccharid-Impfstoff Sequenzielle Impfung: erste Impfung mit PCV 13, sechs bis 12 Monate später zweite Impfung mit PPSV 23
Personen, die älter sind als 16 Jahre mit einer anderen chronischen Erkrankung Polysaccharid-Impfstoff Einmalige Impfung mit PPSV 23
Personen über 60 Jahre Polysacchard-Impfstoff Einmalige Impfung mit PPSV 23
Personen über 60 Jahre mit den Indikation Immundefekt, Immunsuppressive Therapie oder anatomisch oder Fremdkörperassoziiertes Risiko für Pneumokokken-Meningitis Konjugatimpfstoff gegen 13 Serotypen und Polysaccharid-Impfstoff Sequenzielle Impfung: erste Impfung mit PCV 13, sechs bis 12 Monate später zweite Impfung mit PPSV 23
Auf einen Blick: Impfstoffe im Vergleich

Auffrischung gefällig

Eine Auffrischungsimpfung gegen Pneumokokken ist nach Ansicht der STIKO für viele Patienten sinnvoll. Senioren und Patienten der genannten Risikogruppen sollten nach einem Abstand von mindestens sechs Jahren eine Wiederauffrischungsimpfung erhalten. Hierfür empfiehlt das Expertenteam ausschließlich den 23-valenten Polysaccharid-Impfstoff. Da aber die derzeitige Fachinformation des Impfstoffes, Personen über 60 Jahren ohne weitere Risikoindikation, nicht explizit miteinschließt, ist es derzeit umstritten, ob für diese Personengruppe eine Wiederauffrischungsimpfung zulassungskonform ist.

Für gesunde Kinder ist nach erfolgter Grundimmunisierung im Säuglings- und Kleinkindalter keine weitere Auffrischungsimpfung notwendig.

Eine Impfung gegen Pneumokokken ist in der Regel gut verträglich. Generell wird die erste Impfung besser vertragen als eine Auffrischungsimpfung. Die Einstichstelle kann sich röten, anschwellen oder schmerzen. Zudem können in den ersten drei Tagen Allgemeinsymptome wie Fieber, Schläfrigkeit, unruhiger Schlaf oder Magen-Darm-Beschwerden auftreten. Diese Impfreaktionen klingen jedoch meist nach ein bis drei Tagen wieder ab.

Säuglinge und junge Kleinkinder können mit hohem Fieber oder einem Fieberkrampf reagieren. Diese Nebenwirkung ist jedoch selten. Ebenfalls können in seltenen Fällen kurzzeitig schockähnliche Zustände auftreten, bei denen die Muskelspannung nachlässt und das Kind nicht ansprechbar ist.

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