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Gestationsdiabetes

Postpartales Screening nicht auf dem Schirm

Frauen mit Gestationsdiabetes (GDM) haben nach der Geburt ein erhöhtes Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Jedoch werden postpartale Diabetes-Screenings nur in knapp 40 Prozent der Fälle in Anspruch genommen. Das zeigt eine Erhebung von Professor Dr. Andrea Icks, Direktorin des Instituts für Versorgungsforschung und Gesundheitsökonomie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und am Deutschen Diabetes-Zentrum (DDZ).
Wiebke Gaaz
18.11.2022  08:30 Uhr

Von knapp 13.000 Frauen mit GDM in der Schwangerschaft, die im Untersuchungszeitraum zwischen 2015 und 2017 im bundesweiten GestDiab-Register eingetragen waren, haben 38,2 Prozent an einem postpartalen Diabetes-Screening teilgenommen. Unter ihnen fanden sich signifikant häufiger Frauen mit höherem Lebensalter und solche mit Insulinbehandlung während der Schwangerschaft, heißt es in einer Pressemitteilung des DDZ. Frauen mit Migrationshintergrund, höherem Body-Mass-Index, Raucherinnen und Frauen mit schlechten Werten bei Nüchtern-Glucose und HbA1c nahmen dagegen seltener an dem Screening teil. Mehr als 60 Prozent der Frauen mit GDM hätten kein Screening in Anspruch genommen, und unter diesen seien Frauen mit einem ungünstigeren Lebensstil häufiger vertreten, so Icks. »Hier fragen wir uns, ob diese Frauen gut informiert ihre Entscheidung für oder gegen eine Nachsorge treffen.«

Alle GDM-Patientinnen, die nach der Geburt normale Blutzuckerwerte haben, sollten sechs bis zwölf Wochen nach der Geburt einen Toleranztest mit 75 g Glucose durchführen lassen. Bei jährlichen Kontrolluntersuchungen bestimmt der Arzt in der Regel die Nüchternblutzuckerwerte und den Blutzucker-Langzeitwert HbA1c. Eine Wiederholung des Glucosetoleranztests, zum Beispiel alle zwei Jahre, kann ebenfalls sinnvoll sein.

Gründe noch unklar

Warum so wenig Patientinnen das Screening-Angebot wahrnehmen, ist unklar. Studien zeigen, dass etwa die sozioökonomische Lage und das Bildungsniveau Einfluss auf das generelle Gesundheitsverhalten haben. Eine Rolle spielt laut Professor Michael Roden, Direktor der Klinik für Endokrinologie und Diabetologie am Unversitätsklinikum Düsseldorf sowie Direktor des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ), auch die fehlende Abstimmung zwischen Hausärzten, Diabetologen und Frauenärzten.

»Wichtige Faktoren sind einerseits der Nachwuchsmangel und andererseits die fehlende Finanzierung von interdisziplinärer Versorgung«, so Roden. Möglich sei auch, dass die Frauen über die Risiken und Angebote nach der Geburt nicht gut informiert werden, so Icks. Auch eine Konzentration auf das Neugeborene und Zeitmangel könnten dazu beitragen, dass die eigene Nachsorge nicht wahrgenommen wird. In einer aktuellen Studie untersucht ein Forschungsverbund unter Leitung der Expertin nun genauer, welche Gründe dazu führen, dass Frauen das Screening nicht in Anspruch nehmen. Daraus soll ein Versorgungsmodell für die Zukunft abgeleitet werden.

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