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Prostatakrebs-Früherkennung

PSA-Screening als Zankapfel

Soll jedermann im Rahmen der Krebsvorsorgeuntersuchung eine PSA-Wert-Bestimmung zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse erhalten, um Prostatakarzinome früher zu erkennen? Eine neue Studie verspricht Potenzial für ein umsichtiges Vorgehen: Screening ja, aber altersabhängig und risikoadaptiert soll es sein, um die Gefahr von Überdiagnostik zu minimieren.
Birgit Fuchs
25.05.2020  13:00 Uhr

Die umstrittenen Tests messen die Konzentration des Prostataspezifischen Antigens (PSA) im Blutserum. Dieses Enzym stammt aus dem Drüsenepithel der männlichen Prostata. Harnwegsinfekte, gutartige Prostatavergrößerung, Harnverhalt und Tumoren gehen mit einem Anstieg der PSA-Konzentration einher. Je höher der PSA-Wert, desto wahrscheinlicher liegt eine gutartige Erkrankung der Prostata wie eine benigne Prostatahyperplasie oder eine Prostatitis, aber auch eine bösartige Veränderung wie ein Karzinom vor. Das Problem: Auch mechanische Beanspruchung im Beckenbereich wie Sport, Sex oder medizinische Maßnahmen lassen den PSA-Wert ansteigen und verwässern so seine Aussagekraft.

Schwierig ist außerdem die Definition von Grenzwerten zur bestmöglichen Unterscheidung gut- und bösartiger Prostataveränderungen: Falsch positive Ergebnisse ziehen zur weiteren Abklärung vermeidbare Stanzbiopsien nach sich, falsch negative Ergebnisse lassen Krebserkrankungen unerkannt.

Da mit dem Alter die Menge an Prostatagewebe und damit auch die PSA- Konzentration zunimmt, ist es sinnvoll, altersspezifische PSA-Grenzwerte zu definieren. Kombiniert man die PSA-Wert-Messung mit dem Tastbefund einer rektalen Untersuchung, steigt die Erkennungsrate von Prostatakrebs, der mit fast 25 % häufigsten Krebserkrankung bei Männern. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt in Deutschland bei etwa 72 Jahren; vor dem 45. bis 50. Lebensjahr tritt ein Vorsteherdrüsenkarzinom kaum auf. Prostatakrebs ist bei Männern nach Lungen- und Darmkrebs die dritt häufigste Krebstodesursache. Trotzdem ist der PSA-Test für gesunde Männer in Deutschland keine Kassenleistung, sondern als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) selbst zu bezahlen.

Mögliche Überdiagnostik

Ob ein PSA-Screening eine Erhöhung der Lebenserwartung durch Früherkennung von Prostatakrebs erzielen kann, bleibt auch nach Durchführung großer Studien umstritten. Wer in Deutschland an Prostatakrebs stirbt, ist sogar drei Jahre älter als das durchschnittliche männliche Sterbealter. Von den Männern über 50, die eines natürlichen Todes gestorben sind, sind ein Drittel nicht an Prostatakrebs verstorben, obwohl sie Prostatakrebs hatten. Männer ab 70 Jahren sterben unter anderem mit Prostatakrebs, nicht an ihm.

Trotzdem empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU), ab dem 45. Lebensjahr einen PSA-Test machen zu lassen. Wie oft dieser wiederholt werden solle, hängt nach Einschätzung von Professor Dr. Oliver Hakenberg, Präsident der Gesellschaft, von der Höhe des PSA-Wertes ab, die viel über das weitere Risiko aussage, an Prostatakrebs zu erkranken.

Liegt der erste PSA-Wert mit 45 Jahren zum Beispiel unter 1 ng/ml, reiche es, diesen alle vier bis fünf Jahre zu wiederholen. Liegt er über 3 ng/ml, solle er jährlich wiederholt werden – immer zusammen mit der Tastuntersuchung. Diese Früherkennung solle nur solange erfolgen, wie man Männer mit Prostatakrebs auch aktiv durch Operation oder Bestrahlung behandeln würde, als Faustregel bis zum 75. Lebensjahr. Hakenberg sieht zwei Hauptgründe, weshalb der PSA-Test bisher nicht flächendeckend durchgeführt wird.

Alter PSA-Grenzwert
bis 40 Jahre < 2,0 ng/ml
bis 50 Jahre < 2,5 ng/ml
bis 60 Jahre < 3,5 ng/ml
bis 70 Jahre < 4,5 ng/ml
ab 70 Jahre < 6,5 ng/ml
Altersspezifische PSA-Grenzwerte zum Ausschluss eines Prostata-Karzinoms ab dem 40. Lebensjahr. Quelle: Seminarfortbildung »Arzneimitteltherapiesicherheit der Bayerischen Landesapothekerkammer«, Hj 01/2020

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