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Autoimmunerkrankung

Psoriasis prägt Haut und Leben

Die systemische Immunerkrankung Psoriasis ist weit mehr als die auffälligen geröteten und schuppenden Areale auf der Haut. Eine Heilung ist nicht möglich, aber wirkungsvolle Therapien können die Symptome spürbar lindern oder sogar komplett ausschalten. Das Spektrum reicht dabei von topischen Anwendungen über Lichttherapien bis hin zu immununterdrückenden Biologicals. Eine konsequente Hautpflege mit geeigneten Präparaten ist die Basis jeder Schuppenflechte-Therapie.
Christina Brunner
09.09.2022  14:30 Uhr

Die Schuppenflechte ist nicht ansteckend, aber jeder, der eine genetische Veranlagung hat, kann sie bekommen. Warum es manche Menschen mit Veranlagung trifft und andere nicht, ist noch nicht restlos geklärt. Neben der erblichen Komponente spielen äußere Einflüsse wie bestimmte durchgemachte Infektionen, Hormone, manche Arzneistoffe oder Stress eine Rolle. Diese Faktoren können sowohl die Erkrankung als auch Schübe auslösen.

Durch eine Überreaktion des Immunsystems setzt der Körper vermehrt Zytokine frei. Die Botenstoffe, wie TNF-α, Interferone oder Interleukine, lösen Entzündungsreaktionen aus und beschleunigen unter anderem die Vermehrung der Keratinozyten. Diese Zellen kommen in der Epidermis vor und sind ein wichtiger Faktor in der Hautregeneration: Keratinozyten teilen sich, wandern an die Hautoberfläche, sterben dort ab und verhornen. Normalerweise dauert dieser Zyklus etwa vier Wochen. Bei der Psoriasis ist dieser Prozess beschleunigt: statt 1 Gramm entstehen etwa 13-mal so viele Hautschuppen pro Tag. Da die verhornten Zellen nicht schnell genug abgestoßen werden können, türmen sie sich auf – die Haut verdickt an den betroffenen Stellen.

Bezeichnung Lokalisation und Symptome
Psoriasis vulgaris (mit 80–90 Prozent häufigste Form) Plaques an Streckseiten der Arme und Beine, am Kopf, sowie am Körperstamm
Psoriasis guttata kleine schuppige Pünktchen am gesamten Körper, häufig bei Kindern und Jugendlichen
Psoriasis der Nägel Dellen an Zehen- und Fingernägeln (Tüpfelnägel), gelbliche Verfärbungen oder bräunliche Längsstreifen, Abbröckeln der Nägel (Krümelnagel)
Psoriasis inversa ausschließlich in größeren Hautfalten wie Kniekehlen, Achselhöhlen, aber auch im Intimbereich, oft verbunden mit starkem Juckreiz, Nässen und Sekundärinfektionen
Pustulosis palmoplantaris feine mit sterilem Eiter gefüllte Bläschen an Handflächen, Fußsohlen oder Fingern, starker Juckreiz, Brennen, Schmerzen
Psoriasis vom erythrodermatischen Typ besonders starke Form der Schuppenflechte am gesamten Körper inklusive Finger- und Fußnägeln
Psoriasis-Arthritis Entzündung greift auf Gelenke über, Schwellung der Finger- oder Zehengelenke, Steifigkeit, auch Iliosakralgelenke oder Wirbelsäule kann betroffen sein, oft Augen zusätzlich betroffen (Keratoconjunctivitis sicca)
Tabelle 1: Verschiedene Formen der Schuppenflechte

Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO zählt die Psoriasis zu den häufigsten Hauterkrankungen mit mindestens 100 Millionen erkrankten Menschen weltweit. In Deutschland sind etwa 1,5 Millionen Menschen betroffen, Männer und Frauen gleichermaßen, etwa ein Fünftel davon zeigt mittelschwere und schwere Formen. Die Bestimmung des Schweregrades ist komplex. Laut den Autoren der aktuellen S3-Leitlinie »Therapie der Psoriasis vulgaris« kennzeichnen unter anderem folgende Kriterien eine mittelschwere bis schwere Psoriasis:

  • ausgeprägte Erkrankung von sichtbaren Arealen
  • Erkrankung des Genitalbereichs
  • Erkrankung der Handflächen und Fußsohlen
  • Beteiligung von mindestens zwei Fingernägeln
  • therapieresistente Plaques

Viele Gesichter

Mediziner unterscheiden je nach Begleitsymptom und Lokalisation der Plaques verschiedene Formen der Schuppenflechte (siehe Tabelle). Eine Psoriasis-Arthritis tritt bei 20 bis 30 Prozent der Betroffenen auf. Bei 70 bis 80 Prozent dieser Menschen sind zusätzlich die Nägel von der Schuppenflechte gezeichnet. Auch häufig: eine Beteiligung der Augen (siehe Kasten).

Zu weiteren typischen Komorbiditäten zählen andere chronisch entzündliche Erkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, aber auch Erkrankungen, die das kardiovaskuläre Risiko erhöhen: Hypertonie, Typ-2-Diabetes, Fettstoffwechselstörungen und Adipositas. Da die Erkrankung mit einem außergewöhnlich hohen Leidensdruck durch die Stigmatisierung einhergeht, sind auch Depressionen und Suchterkrankungen häufig.

Topische Therapie

Grundsätzlich wird bei leichter Psoriasis mit einer topischen Therapie begonnen. Wichtigste Wirkstoffe sind die topischen Glucocorticoide und Vitamin-D3-Analoga.

Glucocorticoide hemmen die Bildung entzündungsfördernder Gewebshormone und Botenstoffe. Sie werden in verschiedene Klassen unterteilt. Der sogenannte therapeutische Index (TIX) setzt die Wirkung und das Risiko für Nebenwirkungen ins Verhältnis. Glucocorticoide mit einem besonders günstigen Verhältnis von Wirkung und Nebenwirkungen (TIX > 2) sind zum Beispiel Prednisolon, Prednicarbat und Mometason.

Wirkstoff Präparate (Beispiele) Zubereitungen (Beispiele)
Klasse I, schwach wirksame
Hydrocortison(acetat) Ebenol®, Soventol®, Fenihydrocort®, Linola® akut Creme, Cremogel, Salbe, Spray
Prednisolon Linola® H Fett N, Linola® H N, Lygal® Creme, Kopftinktur
Dexamethason Dexamethason LAW, Solutio Cordes® Dexa N Creme, Lösung zur Anwendung auf der Kopfhaut
Klasse II, mittelstark wirksame
Clobetasonbutyrat Emovate® Creme
Hydrocortison-17-butyrat Alfason® Creme
Triamcinolonacetonid Corticoid-ratiopharm®, TriamGalen®, Volon® A Creme, Lösung, Lotion, Salbe
Klasse III, stark wirksame
Betamethasonvalerat/-dipropianat BetaGalen®, Cordes® Beta,Soderm®, Diprosalic® Creme, Salbe, Lösung
Fluocinolonacetonid Jellin® Creme, Salbe
Diflucortolnvalerat Nerisona®
Methylprednisolon Advantan® Creme, Fettsalbe, Lösung, Milch, Salbe
Mometasonfuroat Momecutan®, MomeGalen®, Monovo® Creme, Fettcreme, Lösung, Salbe
Fluticasonpropianat Flutivate® Creme
Prednicarbat Dermatop® Creme, Salbe, Fettsalbe
Klasse IV, sehr stark wirksame
Clobetasol Karison®, ClobeGalen®, Clobex®, Dermoxin® Creme, Fettsalbe, Lösung, Shampoo
Tabelle 2: Beispiele dermal angewandter Glucocorticoide und ihre Einteilung in Wirkstoffklassen gemäß Fachinformation

Ein starkes oder sehr starkes Glucocorticoid kommt meist auf Hautstellen mit starker Schuppung zum Einsatz. Für die leichtere Ablösung der Schuppen gibt es manche Präparate in Kombination mit Salicylsäure, zum Beispiel Alpicort® (Prednisolon), Betadermic® oder Diprosalic® (Betamethason). An empfindlichen Körperstellen wie dem Gesicht oder in Hautfalten werden schwächere Cortisonpräparate eingesetzt.

Zu den schwach wirksamen, rezeptfreien Glucocorticoiden gehören Hydrocortison und Hydrocortisonacetat. Sie sind in der Selbstmedikation als 0,25- und 0,5-prozentige Zubereitungen zur Behandlung leichter bis mäßig ausgeprägter entzündlicher Hauterkrankungen verfügbar.

Unabhängig vom Steroid werden die Mittel in den ersten drei Wochen in der Regel ein- oder zweimal täglich auf die veränderten Hautstellen aufgetragen, danach allmählich seltener. Die Beschwerden bessern sich in der Regel ein bis zwei Wochen nach Beginn der Therapie.

Cortison-Angst nehmen

Viele Menschen sind misstrauisch gegenüber Cortisonpräparaten oder haben sogar Angst davor. PTA sollten durch ihre Beratung diese Ängste nehmen. Wird das topische Glucocorticoid in der richtigen Wirkstärke am richtigen Ort beim richtigen Patienten in der richtigen Dauer angewendet, sind unerwünschte Effekte äußerst selten.

Diese Tipps können PTA für die Anwendung von topischen Cortisol-Zubereitungen geben:

  • Maximal ein- bis zweimal täglich auftragen
  • Nicht großflächig, nur betroffene Stellen behandeln
  • Die richtige Menge auftragen: Sie richtet sich nach der betroffenen Hautstelle, der Stärke der Hautprobleme und dem Alter des Patienten (Finger Tip Units, siehe Tabelle 3)
  • Nach dem Auftragen die Hände waschen
  • Die Haut so lange behandeln, bis sie nicht mehr juckt und abgeheilt ist
Körperfläche Gesicht und Nacken Arm und Hand Bein und Fuß Brust und Bauch Rücken und Gesäß Hand, Ellenbogen, Knie, Fuß
Alter FTU FTU FTU FTU FTU FTU
3 bis 6 Monate 1 1 1,5 1 1,5 -
1 bis 2 Jahre 1,5 1,5 2 2 3 -
3 bis 5 Jahre 1,5 2 3 3 3,5 -
6 bis 10 Jahre 2 2,5 4,5 3,5 5 -
Erwachsene 2,5 4 6 7 7 jeweils 1
Tabelle 3:  Eine Fingerspitzen-Einheit (Finger Tip Unit, FTU) entspricht der Menge an Cortisonsalbe oder -creme von der Fingerspitze bis zum ersten Fingergelenk des Patienten.

Eine weitere wichtige Wirkstoffgruppe in der topischen Therapie sind Vitamin-D3-Abkömmlinge, allen voran Calcipotriol (zum Beispiel Daivonex®, Psorcutan® Creme oder Salbe). Calcipotriol wird ein- oder zweimal pro Tag als Creme, Gel, Salbe oder Lösung aufgetragen. Ein Vitamin-D3-Abkömmling und ein Glucocorticoid können auch miteinander kombiniert werden. Calcipotriol und Betamethason sind zum Beispiel Bestandteil von Fixkombinationen (wie Daivobet®, Enstilar® als Gel, Salbe oder Schaum).

Vitamin-D3-Analoga wirken hemmend auf die Hyperproliferation der Hautzellen und die Entzündungsvorgänge. Außerdem wirken sie als Photosensibilisatoren und können eine Lichttherapie in der Wirksamkeit deutlich steigern.

Auch die älteren Wirkstoffe Dithranol und Steinkohleteer steigern die Lichtempfindlichkeit der Haut und nutzen somit die lindernde Wirkung der natürlichen UV-Strahlung effektiver aus. Die Therapietreue bei diesen Mitteln ist jedoch gering, da sie Haut und Kleidung färben und unangenehm riechen.

Licht heilt

Sonnenlicht lindert die Beschwerden. Diese Beobachtung hat dazu geführt, dass eine gezielte Bestrahlung mit UV-Licht Eingang in die Therapie gefunden hat. Indiziert ist diese Behandlung nach den aktuellen Leitlinien bei mittelschweren bis schweren Verlaufsformen der Psoriasis vulgaris. Es kommen verschiedene Spektren aus den UVB- und UVA-Wellenlängenbereichen zum Einsatz, oft in Kombination mit initialer topischer Gabe eines Photosensibilisators, zum Beispiel Methoxypsoralen (PUVA-Therapie) oder einem Vitamin-D3-Abkömmling.

In der offiziellen Leitlinie zur Therapie der Psoriasis vulgaris werden auch Calcineurin-Inhibitoren, sogenannte topische Immunmodulatoren wie Pimecrolimus oder Tacrolimus (zum Beispiel Elidel®, Protopic®), aufgeführt. Sie werden als Alternative zu Glucocorticoiden verschrieben, da die Präparate mit Ausnahme der Schleimhäute für alle Hautbereiche geeignet sind, auch in Hautfalten und im Gesicht. Die Verschreibung erfolgt im sogenannten Off-Label-Use, da die Wirkstoffe eigentlich für die Neurodermitis-Behandlung zugelassen sind.

Pflegen, pflegen, pflegen

Von größter Bedeutung bei der Psoriasis-Behandlung ist die begleitende Basistherapie, die neben Salbengrundlagen auch Urea und Salicylsäure als Wirkstoffe beinhalten kann. Salicylsäure wirkt vor allem keratolytisch und wird in Konzentrationen von 3 bis 10 Prozent angewendet, für die Behandlung der Handflächen auch in 20-prozentigen Zubereitungen. Harnstoff kommt ebenfalls in Konzentrationen von 3 bis 10 Prozent zum Einsatz. Auch Urea wirkt keratolytisch und verbessert gleichzeitig die Hydratation der Hornschicht (wie in Iso-Urea Körperfluid von La Roche Posay, Eucerin® Urea, Eubos® Urea, Linola® Urea). PTA können Salben, Cremes oder Lotionen empfehlen, je nach den Bedürfnissen des Patienten und Jahreszeit.

Die Autoren der aktuellen S3-Leitlinie zur Psoriasis-Therapie betonen, dass die ein- bis zweimal tägliche Basispflege zum anerkannten Therapiestandard gehört. Sie bewahrt die Haut vor dem Austrocknen, schützt vor Rissen und Hautreizungen und lindert den Juckreiz. Die symptomfreien Phasen können so deutlich verlängert werden.

Auch beim Reinigen steht das Rückfetten im Vordergrund. Seifenfreie Präparate sowie Dusch- oder Badeöle sind die beste Empfehlung. Bäder mit Öl- oder Salzzusatz lösen ebenfalls Schuppen und helfen bei der Abheilung der Läsionen (zum Beispiel Fette® Medizinisches Badesalz).

Auf der Kopfhaut lösen Salicylsäure- beziehungsweise Ciclopirox-haltige Präparate hartnäckige Schuppen (etwa Lygal® Kopfsalbe, Shampoos wie Stieproxal®, Ducray® Kertyol PSO oder La Roche Posay Kerium). Harnstoffhaltige Shampoos helfen bei trockener Kopfhaut und leichterer Schuppenbildung. Zur regelmäßigen Haarwäsche, auch in schubfreien Intervallen, sollten PTA zu milden rückfettenden Shampoos raten.

Systemische Therapie bei schweren Verläufen

Bei mittelschwerer bis schwerer Psoriasis reicht eine topische Behandlung nicht immer aus. Dann kann die Therapie mit Tabletten oder Spritzen erfolgen, zum Teil in Kombination mit einer Lichttherapie. Als Wirkstoffe führt die Leitlinie Acitretin, Ciclosporin, Fumarate und Methotrexat (MTX) auf.

Bei nicht ausreichendem Therapieerfolg oder bei besonders schweren Verläufen, zum Beispiel bei massiver Beteiligung der Nägel oder des Genitalbereichs, gibt es mit Interleukin-Antagonisten, zum Beispiel Secukinumab (Cosentyx®), Tumor-Nekrose-Faktor-(TNF)-α-Antagonisten wie Infliximab (Remicade®) oder Apremilast (Otezla®), der zur neuen Wirkstoffklasse der PDE-Hemmer gehört, weitere mögliche Therapieansätze.

Wenn die Schuppenflechte mit einer Gelenkentzündung einhergeht, werden bevorzugt Mittel eingesetzt, die auch gegen die Gelenkveränderungen wirksam sind, zum Beispiel MTX (wie Lantarel®, Metex®). Zunächst zur Krebsbehandlung entwickelt, zeigte sich MTX – in deutlich niedrigerer Dosierung – auch bei der Behandlung chronisch entzündlicher Erkrankungen als wirksam. MTX wird einmal pro Woche als Tablette eingenommen oder, weil besser bioverfügbar, gespritzt. Fertigspritzen machen die Behandlung in Eigenregie möglich. Bauch und äußerer Oberschenkel sind als Injektionsstellen geeignet; im wöchentlichen Turnus wird die Stelle gewechselt.

Fällt die Wahl auf MTX-Tabletten, sollten diese abends mit viel Wasser und möglichst nicht zusammen mit einer Mahlzeit eingenommen werden. MTX hemmt die Wirkung von Folsäure und löst dadurch häufig Magen-Darm-Beschwerden aus. Sie fallen moderater aus, wenn zusätzlich einmal pro Woche 5 bis 10 mg Folsäure eingenommen werden.

Ciclosporin (zum Beispiel Sandimmun® Neoral®) ist ein Arzneistoff aus der Transplantationsmedizin und unterdrückt Reaktionen des Immunsystems. Das Medikament wird ein- oder zweimal täglich vor dem Essen und möglichst immer zur selben Uhrzeit eingenommen. Johanniskrautpräparate schwächen die Wirkung des Arzneistoffs, während Grapefruit oder Grapefruitsaft durch die Wechselwirkung mit Cytochrom-P-450-Enzymen sowohl Wirkung als auch Nebenwirkungen deutlich verstärken. Dazu gehören gastrointestinale Beschwerden, Kribbeln in Händen und Füßen oder Zahnfleischschwellungen. Auch grippale Infekte treten häufiger auf.

Fumarsäure beziehungsweise ihre Ester, die sogenannten Fumarate, wirken immunsuppressiv und hemmen die TH1-Zellen. Fumarate werden als Tablette eingenommen (Skilarence®, Fumaderm®). Sie lösen häufig Durchfall und Magenkrämpfe aus, aber auch Hitzewellen im Gesicht sind als Nebenwirkung möglich.

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