PTA-Forum online
Olympiade der Lehrberufe

PTA jetzt mit dabei

WorldSkills und EuroSkills – noch nie gehört? So geht es vielen PTA. Dabei gibt es die Welt- und Europameisterschaften der Berufe seit nunmehr 13 Jahren und in vielen Sparten sind sie bestens bekannt. PTA waren in diesem Jahr zum ersten Mal dabei, genauer gesagt, ein PTA: Florian Britzwein. Trainiert wurde er von Pia Bredlich, Apothekerin und nun Bundestrainerin für die World- und EuroSkills. 
Isabel Weinert
05.11.2021  12:00 Uhr

Frau Bredlich, wie wurden Sie auf die EuroSkills für PTA aufmerksam?

Bredlich: Die Völker-Schule Osnabrück, bei der ich als Lehrerin arbeite, hat vor zwei Jahren eine Einladung von einer russischen PTA-Schule bekommen, an den WorldSkills für Pharmazie in Russland teilzunehmen. Wir sind dann dorthin gefahren, um uns das anzuschauen, und so entstand die Idee, uns von deutscher Seite für den Wettkampf aufzustellen. Ursprünglich begann dieser Wettkampf mit den klassischen Ausbildungsberufen, also Maurer, Fliesenleger, Automechaniker. Dann kamen immer mehr Berufe hinzu. Das ist auch gewünscht. Deshalb sind wir gemeinsam mit Russland auf Österreich zugegangen, denn die EuroSkills wurden in diesem Jahr in Graz ausgerichtet, und haben gefragt, ob sie nicht Lust haben, einen neuen Beruf vorzustellen. Die Rückmeldung war positiv. Mit unserer Teilnahme brauchten wir auch einen Bundestrainer für PTA. Diesen Part habe ich nun inne. Ich habe etliche Fortbildungen und Kurse mitgemacht, um die Rolle als Expertin ausfüllen zu können. Gemeinsam mit den Experten aus Österreich und Russland habe ich dann erst einmal Aufgaben kreiert, denn es gab sie ja noch gar nicht. Wir haben für die drei Wettkampftage sechs Module an Aufgaben zusammengestellt, die zunächst von unseren drei Ländern, aber in Zukunft natürlich auch international bearbeitet werden können.

Herr Britzwein, Sie waren als erster PTA am Start bei den EuroSkills in Graz und haben direkt die Goldmedaille gewonnen. Herzlichen Glückwunsch! Wie sind Sie zum Kandidaten geworden?

Britzwein: Ich habe im Februar 2021 meine PTA-Ausbildung an der Völker-Schule abgeschlossen. Schon vor dem Praxishalbjahr wurde intern unter den Schülern, die eine eins vor dem Komma beim Examen hatten, eine Ausschreibung gemacht, wer Lust hätte, an den EuroSkills teilzunehmen. Da habe ich mich beworben. Wichtig war bei der Entscheidung sicher auch, dass ich recht gut Englisch spreche. Denn ohne geht es nicht, die gesamten EuroSkills werden in englischer Sprache abgehalten, sonst könnten die einzelnen Nationen miteinander gar nicht kommunizieren.

Wie haben Sie sich gemeinsam auf den Wettkampf vorbereitet?

Britzwein: Für den Wettkampf waren sechs Module verschiedenen Inhalts vorgesehen. Diese Inhalte, wie zum Beispiel Rezeptur, Warenwirtschaft, Beratungsgespräche, hat Pia Bredlich intensiv mit mir geübt. Weil das Österreichische Arzneibuch als Grundlage galt, unterschieden sich einige Vorgänge. Dort benutzt man zum Beispiel Lactose als Füllmittel für Kapseln. Das war gewöhnungsbedürftig, weil Lactose ja nicht so fließfähig ist. Was sehr interessant war, was wir von den Österreichern mitgenommen haben: Sie verwenden dort gar kein Wasserbad zum Schmelzen von Hartfett, sondern eine Infrarotlampe. Das geht unglaublich gut und auch sehr schnell. Beratungsgespräche auf Englisch haben wir in unserer Modellapotheke an der Schule stundenlang geübt. Weil es in Österreich den Beruf der PTA nicht gibt, sondern nur PKA und Apotheker, musste ich mich auch gut auf kaufmännische Aufgaben vorbereiten. So habe ich zum Beispiel ein Gespräch mit einem Vertreter simuliert oder einen Arbeitsplan erstellt und auch einen Monatsplan, was zum Beispiel an Aktionen geliefert werden sollte, wie dann die Einkäufe zu machen sind.

Bredlich: Neben der Arbeit mit Florian für seine Vorbereitung, hatten wir auch immer wieder Treffen mit der Nationalmannschaft, also mit allen Experten und allen Teilnehmern. Zum einen, um den Teamgeist zu fördern, zum anderen aber auch, um verschiedene, grundlegende Dinge zu regeln. Dazu gehört ein Kodex, wie man zu arbeiten hat, wie man das Ganze eben ehrlich macht, dass Mogeln nicht dazugehört, solche Dinge werden auch besprochen. Wir Experten haben auch immer wieder Schulungen auf Englisch. Da muss man sich natürlich auch reinlesen. Denn es gibt ein großes Réglement, das WorldSkills International aufgestellt hat. Hier ist zum Beispiel beschrieben, an was man sich halten muss, welche Reigenfolge gilt, wenn sich jemand beschwert, wenn Fragen auftauchen. Das ist alles sehr durchdacht, und darauf müssen die Teilnehmer geschult werden. Zusätzlich findet auch Motivationstraining statt. Es sind bei den Wettkämpfen auch zwei Motivationscoachs dabei und Physiotherapeuten.

Wie lief der Wettkampf ab?

Britzwein: Wir sind zwei Tage vor dem Wettkampf angereist. Schon am Flughafen war ein Kamerateam, das uns begleitete. Der nächste Tag diente der Vorbereitung. Ich konnte mir meinen Arbeitsplatz anschauen, mir merken, wo welche Instrumente und Gerätschaften stehen.

Am Wettkampftag sind wir gegen acht Uhr losgegangen. Ich muss sagen, ich war vor dem Wettkampf immer super aufgeregt, aber sobald ich das Zelt betreten habe, in dem unser Wettkampf stattfand, konnte ich mich sehr gut konzentrieren. Das war besonders am ersten Tag gar nicht so einfach, denn es waren in Summe um die 30.000 Zuschauer da, vor allem Schulklassen und Mitarbeiter aus der Industrie.

Wer kürte am Schluss den Sieger?

Britzwein: Nach dem dritten Wettkampftag gab es erstmal einen Abend für das gesamte Team aus Deutschland. Allen ist eine große Last von den Schultern gefallen. Dann saßen die Experten zusammen, immer die beiden Experten, die nicht aus dem eigenen Land kamen, haben mich komplett beurteilt. Am Ende hat dann die sogenannte Workshop-Managerin die Punkte zusammengerechnet und weitergegeben, das heißt, die Experten unter sich wussten auch gar nicht, wer gewonnen hatte. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Gewinner auf die Bühne gerufen wurden. Am Tag nach dem dritten Wettkampftag war dann die große Closing-Zeremonie mit der Medaillenvergabe und mit jeder Menge Jubel und Applaus. Das war unglaublich! Es hat ein paar Tage gedauert, bis ich wirklich realisiert hatte, dass ich Gold gewonnen habe.

Wie wird es für ein deutsches PTA-Team künftig weitergehen?

Bredlich: Wir haben von der Völker-Schule Osnabrück den Antrag gestellt, dass wir Leistungs- oder Bundesleistungszentrum werden, und es ist angedacht, dann auch Wettkämpfe vor Ort stattfinden zu lassen. Denn in jedem Land rekrutieren sich die Teilnehmer für die World- und EuroSkills aus den jeweils Besten jedes Berufs in den nationalen Wettbewerben. Diese lokalen Wettbewerbe, die dann bis zu einem Bundeswettbewerb gehen, sind für viele Berufe bereits etabliert. Für PTA werden wir das jetzt aufbauen.

Wollen Sie beim nächsten Mal wieder dabei sein?

Britzwein: Auf jeden Fall! Das ist wirklich eine tolle Erfahrung. Als Teilnehmer bin ich dann zwar raus, denn man darf nur einmal an den WorldSkills und einmal an den EuroSkills teilnehmen. Bei den WorldSkills 2022 in Shanghai dürfen wir noch nicht dabei sein, und bei den EuroSkills in St. Petersburg 2023 liege ich bereits über der Altersgrenze. Aber es gibt jede Menge Jobs, die man innerhalb des Teams übernehmen kann. Einer davon wird hoffentlich meiner sein.

Mehr von Avoxa