Purpurrotes Giftgewächs |
Katja Egermeier |
28.07.2020 16:30 Uhr |
Anfassen und essen verboten! Die Glykoside des Fingerhuts zählen mit zu den stärksten Pflanzengiften. / Foto: Getty Images/Ashraful Arefin photography
Der Fingerhut ist eine bis zu 2 Meter hohe Halbrosettenstaude. Digitalis-Arten wachsen als zweijährige oder ausdauernde krautige Pflanzen, die selten an der Basis etwas verholzen. Die großen Grundblätter sind langstielig, eiförmig und gekerbt. Mit zunehmender Höhe am Pflanzenstängel werden die Blätter kleiner, schmäler und kurzstieliger. Die Blätter sind stark runzelig, auf der Oberseite einfach behaart, auf der Unterseite mit stark hervortretendem Adernetz und grau-weißer Behaarung versehen. Die nickenden Fingerhutblüten werden circa 4 bis 5 cm lang, sind rosa bis purpurfarben und in einseitswendiger, spitzer Traube angeordnet.
Digitalis purpurea, Familie der Wegerichgewächse (Plantaginaceae)
Die zweijährige, bis zu 2 Meter hohe krautige Pflanze wächst in lichten Wäldern und besonders gerne auf Kahlschlägen mit sandigen Lehmböden, häufig auch in Gebirgslagen. Sie ist in Mitteleuropa heimisch und breitete sich mit der Zeit bis weit in den Osten und den amerikanischen Kontinent aus. Als Zierpflanze bereichert sie viele Gärten.
Der Fingerhut, auch Digitalis genannt, ist in all seinen Pflanzenteilen stark giftig. Vor allem die Blätter enthalten herzwirksame Glykoside wie Digitalin, Digitoxin oder Gitatoxin sowie Saponine. Die Glykoside des Fingerhuts zählen zu den stärksten Pflanzengiften. Bereits zwei bis drei getrocknete Blätter können einen Erwachsenen töten. Dennoch sind schwere Vergiftungsfälle selten, weil die Pflanze sehr bitter schmeckt und sofort Erbrechen auslöst. So wird die Resorption größerer Giftmengen verhindert.
Werden Fingerhutblätter dennoch verzehrt, können die Vergiftungserscheinungen je nach eingenommener Menge von Entzündungen im Mund, Übelkeit, Brechreiz und Sehstörung bis zu Verwirrtheit, Extrasystolen und Tod durch Kammerflimmern reichen. Alle Digitalis-Arten sind auch giftig für Pferde, Rinder und Kühe, Ziegen, Hunde und Katzen, Hasen und Kaninchen, Meerschweinchen und Hamster sowie für Vögel.
bei kleinen Mengen gering, bei Missbrauch lebensgefährlich
In jedem Fall einen Arzt aufsuchen, gegebenenfalls mit dem Notarzt in eine Klinik einliefern lassen.
Als Therapie ist eine primäre Giftentfernung mit der wiederholten Gabe von Kohle und Abführmitteln in Kombination mit einer intensivmedizinischen Überwachung angezeigt. Bei schweren Vergiftungen und wenn Herzrhythmusstörungen auftreten, kann ein Digitalis Antitoxin intravenös verabreicht werden (Digitalis-Antidot BM®).
Der Rote Fingerhut wird seit 200 Jahren zur Behandlung von Herzerkrankungen eingesetzt. Seine Dosierung war immer schon problematisch, da nur eine geringe Differenz zwischen wirksamer und toxischer Dosis liegt. Die modernen Digitalis-Präparate enthalten reine Glykoside und sind unverzichtbar in der Herztherapie.
Sagen und Legenden zufolge verwendeten Elfen die Blüten des Fingerhuts als Hüte und Kopfbedeckung. Im englischsprachigen Raum wird der Rote Fingerhut auch »purple foxglove«, purpurner Fuchshandschuh, genannt. Füchse sollen demnach nicht nur die Blumenglöckchen geläutet haben, um sich gegenseitig vor den Jägern zu warnen, sondern die Blüten auch über die Pfoten gestülpt haben, um auf leisen Sohlen Hühnerställe aufsuchen zu können.
Der Name Fingerhut ist älter als die Bezeichnung »Digitalis«. Die Blütenform erinnert an das vom Schneider beim Nähen benutzte Handwerkszeug. Erst der Botaniker Leonhart Fuchs führt in seinem Kräuterbuch von 1542 den Namen Digitalis ein, indem er schreibt: »Nennen wir sie deshalb Digitalis, wobei wir auf den deutschen Namen Fingerhut anspielen - Dies möge als Benennung benutzt werden, bis uns oder anderen eine bessere einfällt.« Digitus (lateinisch) bedeutet Finger. Weder die Deutschen noch andere Europäer hatten aber eine neue Idee, und so fand die Bezeichnung Digitalis bald Eingang in die romanischen Sprachen (italienisch: digitale, spanisch: digital und französisch: digitale)
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