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Phytotherapie

Reizdarm braucht Zeit

Die Phytotherapie hat in der Therapie des Reizdarmsyndroms einen hohen Stellenwert. Allerdings eignet sie sich nicht zur Ad-hoc-Therapie, sondern muss ausreichend lange angewendet werden, informiert Gastroenterologe Professor Dr. Ahmed Madisch.
Elke Wolf
31.01.2022  16:00 Uhr

Das Reizdarmsyndrom ist ein facettenreiches Krankheitsbild, das von den vier Hauptsymptomen Schmerz, Durchfall, Obstipation und Flatulenz geprägt ist. »Die evidenzbasierte Phytotherapie ist seit Langem fester Bestandteil der bestehenden Behandlungsoptionen bei funktionellen Magen-Darm-Beschwerden«, sagt Professor Dr. Ahmed Madisch, einer der Leitlinienautoren der im vergangenen Jahr aktualisierten Leitlinie »Reizdarmsyndrom«, in einer Pressemitteilung. Vor allem Pfefferminzöl und auch eine fixe Pflanzenkombination rund um die Schleifenblume sind darin mit dem höchsten Evidenzgrad hinsichtlich Spasmolyse versehen. Es empfiehlt sich, nach den jeweils vorherrschenden Beschwerden zu behandeln und darauf bei der Präparateauswahl den Fokus zu legen.

»Wir haben gute Therapiemöglichkeiten, sie wirken aber nur, wenn der Patient sie konsequent anwendet«, so Madisch, Centrum Gastroenterologie Bethanien in Frankfurt am Main. Eine ein- bis zweiwöchige Therapie sei bei Phytopharmaka und Probiotika zu kurz, um einen Effekt zu erzielen. Die Anwendung der symptomatischen Therapie soll aber auch nicht dauerhaft erfolgen. »In der Regel sollte die Einnahme über acht bis zwölf Wochen erfolgen, bei gutem Ansprechen auch länger«, erläutert Madisch. Irgendwann solle jedoch immer ein Auslassversuch erfolgen.

Aufgrund der Heterogenität des Reizdarmsyndroms sind alle Therapieverfahren probatorischer Natur, schreiben die Leitlinienautoren – was bedeutet, dass zum Beispiel im Falle eines Nichtansprechens einer medikamentösen Therapie diese nicht länger als drei Monate lang durchgeführt wird. Falls der Patient teilweise anspricht oder falls der Patient verschiedene Symptome aufweist, empfehlen die Experten die Kombination von verschiedenen Substanzen oder eine Kombination von medikamentösen und nichtmedikamentösen Maßnahmen wie etwa die Low-FODMAP-Diät.

PTA und Apotheker sollten die Patienten bei vorliegender ärztlicher Diagnose eines Reizdarmsyndroms auf die mehrwöchige Therapiedauer hinweisen. »Kommt jedoch ein Patient mit Symptomen, aber ohne gestellte Diagnose, sollten sie eine Selbstmedikation nur über ein bis zwei Wochen empfehlen. Halten die Symptome dann noch an, ist der Betroffene an den Arzt zu verweisen – auch um Erkrankungen wie Darmkrebs oder Morbus Crohn auszuschließen«, erklärt Madisch.

Für die meisten Betroffenen sind Schmerzen und Bauchkrämpfe die belastendsten Symptome. Die beste Evidenz liegt laut Leitlinie bei den Phytopharmaka für Pfefferminzöl vor (zum Beispiel Buscomint®, in Kombination mit Kümmelöl in Carmenthin®). Aber auch die Kombipräparate Iberogast® (mit dem Extrakt-Kürzel STW-5) sowie Iberogast® Advance (STW-5-II) seien laut Madisch empfehlenswert. Iberogast enthält Bittere Schleifenblume, Angelikawurzel, Kamillenblüten, Kümmelfrüchte, Mariendistelfrüchte, Melissenblätter, Pfefferminzblätter, Schöllkraut und Süßholzwurzel; bei Iberogast Advance wurde auf Mariendistelfrüchte, Angelikawurzel und Schöllkraut verzichtet.

Beim Einsatz der Neuner- und der -Sechser-Pflanzenkombination, die mit ihrem Multi-Target-Ansatz zum Teil unterschiedliche Beschwerden lindern können, setzt Mediziner Madisch aufgrund persönlicher praktischer Erfahrungen klare Schwerpunkte: »Für die Behandlung über vier bis acht Wochen ist STW-5 sehr gut geeignet, um schnelle klinische Effekte zu erzielen. Für längerfristige Therapien über acht Wochen hinaus eignet sich dagegen STW-5-II.« Durch die Fokussierung auf nur sechs Heilpflanzen in Iberogast Advance resultieren vorrangig schleimhautprotektive, antientzündliche und desensibilisierende Effekte. Bei vier der sechs Extrakte wurde die Dosierung gegenüber der originalen Neuner-Kombination um jeweils 50 bis 100 Prozent erhöht.

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