Rettung bei Unterzucker |
Isabel Weinert |
12.05.2020 13:00 Uhr |
Vier der Täfelchen, die Diabetiker immer bei sich haben sollten, entsprechen zwei Kohlenhydrat-Einheiten (KE) / Foto: dpa
Von einer Hypoglykämie sprechen Ärzte, wenn der Blutzucker unter 70 mg/dl (3,9 mmol/l) sinkt. Ab dieser Schwelle schlägt der Körper Alarm, denn vor allem dem Gehirn droht bei einem Glucosemangel im Blut akute Gefahr. Die Alarmsignale des Organismus kommen durch die vermehrte Ausschüttung von Stresshormonen zustande, also von Adrenalin, Wachstumshormonen und Cortisol, und zeigen sich deutlich, wenn der Blutzucker unter 61 mg/dl (3,4 mmol/l) sinkt: Heißhunger (auf Süßes), Schwitzen, Herzklopfen, innere Unruhe, Zittern, Gereiztheit, Fahrigkeit und Angst sind häufige Symptome. Sinkt der Blutzucker noch weiter ab, sehen Betroffene oft nicht mehr richtig, sie können sich nicht mehr konzentrieren, erscheinen verwirrt, und die Stimmung kann sowohl in Euphorie als auch in Dysphorie umschlagen. Fällt der Blutzucker stärker ab, droht Betroffenen ein Unterzucker- oder Hyposchock, sie verlieren das Bewusstsein.
PTA sind in der Apotheke mitunter mit leichteren, aber auch schwereren Unterzuckerungen von Patienten konfrontiert. Das können sie tun: Diabetiker im Unterzucker und bei Bewusstsein müssen sofort etwas essen, und zwar Kohlenhydrate, die schnell in die Blutbahn gelangen. Dazu gehört allen voran Traubenzucker, als Gel aus der Tube (zwei Gele entsprechen zwei Kohlenhydrateinheiten) oder aber auch als Täfelchen. Bei Letzteren hilft es, wenn PTA den Betroffenen ein Glas Wasser dazu reichen, denn dann löst sich die Glucose schneller im Darm und gelangt rascher in die Blutbahn.
Es genügt allerdings nicht ein Täfelchen, sondern es sollten vier Stück sein, also wiederum 20 Gramm Glucose beziehungsweise zwei Kohlenhydrateinheiten. Diese Menge steckt auch in 200 Milliliter eines Colagetränks. Von Traubenzuckerbonbons, wie Apotheken sie auch für Kinder vorhalten, sollten Diabetiker deutlich mehr essen. Des Weiteren eignen sich Softdrinks, die Zucker enthalten, Malzbier und Gummibärchen. Zucker aus Schokolade, Kuchen, süßen Teilchen oder Pudding geht aufgrund des Fettes in den genannten Lebensmitteln langsamer in die Blutbahn über. Deshalb helfen diese Zuckerquellen bei Unterzucker nicht.
Nach 15 Minuten sollte der Diabetiker seinen Blutzucker bestimmen – oder, falls nicht möglich, die PTA. Liegt der Blutzucker dann immer noch unter 60 mg/dl (3,3 mmol/l), muss der Betroffene erneut schnell verfügbare Kohlenhydrate essen, in einer Menge von wieder circa 20 Gramm Glucose. Geht es dem Diabetiker wieder besser, sollte er noch eine bis zwei Scheiben Brot essen. Das gilt vor allem für Typ-2-Diabetiker, die mit Sulfonylharnstoffen behandelt werden, denn diese Medikamente können langanhaltende Unterzuckerungen hervorrufen, das heißt, kaum raus aus dem einen Tief rutscht der Diabetiker schon wieder ins nächste. Das lässt sich mit zusätzlichen Kohlenhydraten verhindern.